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16. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

4. - 6. Oktober 2017, Berlin

Design einer multimodalen Lebensstil-Interventions-Studie als adjuvantes Therapiekonzept bei lokal fortgeschrittenem Prostata-Karzinom

Meeting Abstract

  • Wiebke Frerichs - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Germany
  • Birgit Zyriax - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Germany
  • Imke Thederan - Martini-Klinik am UKE GmbH, Hamburg, Germany
  • Hans Heinzer - Martini-Klinik am UKE GmbH, Hamburg, Germany
  • Alexander Krueger - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Germany
  • Stefan Patra - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Germany
  • Andreas Block - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Germany
  • Matthias Rostock - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Germany
  • Karl-Heinz Schulz - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Germany

16. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2017. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2017. DocV116

doi: 10.3205/17dkvf071, urn:nbn:de:0183-17dkvf0712

Published: September 26, 2017

© 2017 Frerichs et al.
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Hintergrund: Das Prostatacarzinom (PCa) ist mit 25,4% die häufigste Krebserkrankung beim Mann und ist - trotz guter Therapieoptionen und Heilungschancen bei frühzeitiger Diagnose und Behandlung - ein schwerwiegender Einschnitt in das Leben der Betroffenen sowie deren Angehörigen. Sowohl die medizinische Behandlung als auch die psychosozialen Begleiterscheinungen führen zu einer erhöhten Belastung sowie verminderten Lebensqualität, auch lange nach der eigentlichen Krebsbehandlung.

Lokal fortgeschrittene, nicht metastierte PCa (T3) mit einem Gleason Score 4+3 werden häufig erfolgreich durch die Prostatektomie und einer ggf. zusätzlichen Strahlentherapie therapiert. Jedoch liegt das Risiko für ein biochemisches Rezidiv durch den Wiederanstieg des PSA Wertes je nach Gewichtung der Risikofaktoren zwischen 19% und 53% nach 5 Jahren.

Bisherige Studien weisen darauf hin, dass Lebenstilfaktoren, wie körperliche Aktivität und eine gesunde Ernährung einen Zusammenhang mit der Entstehung und dem Verlauf eines PCa haben. Bei PCa im Frühstation konnten bereits positive Einflüsse auf Lebensqualität sowie die Reduktion des PSA Wertes nach einer Lebenstil-Intervention aufgezeigt werden. Bisher liegen jedoch keine Studien vor, die den Benefit eines umfassenden, multizentrischen Lebenstil-Interventionsprogramms mit einem Bewegungs-, Ernährungs- und Stressmanagement-Anteil als adjuvante Therapie bei fortgeschrittenem PCa nach einer Prostatektomie untersuchen. Ebenso geht aus den aktuellen Daten nicht hervor, inwieweit die Lebensqualität und der PSA-Wert nach einer Prostatektomie bei fortgeschrittenem PCa in Abhängigkeit von einem gesunden Lebensstil positiv beeinflusst werden kann.

Fragestellung: Mit der Interventionsstudie bei Patienten mit einem fortgeschrittenem PCa nach radikaler Resektion und einer Hochrisikokonstellation für ein Tumorrediziv soll untersucht werden, ob durch eine adjuvante Therapie mittels einer komplexen multimodalen Lebenstil-Intervention zur umfassende Lebensstiländerung eine Verbesserung der Lebensqualität sowie des subjektiven Gesundheitszustandes erreicht werden kann. Als sekundäre Outcomes werden spezifische Parameter für die Interventionen Ernährung, Bewegung und Stressmanagement, sowie PSA-Wert und Lebenszeit erhoben.

Methode: Eine Feasibility Studie wird an der Martiniklinik am UKE durchgeführt. Patienten, bei denen ein fortgeschrittener, nicht metastiertes PCa (T3) mit einem Gleason Score 4+3 vorliegt und die im Jahr 2016 oder 2017 an der Martiniklinik eine radikale Prostatektomie erhalten haben, werden schriftlich zur Teilnahme an der Lebenstil-Interventionsstudie eingeladen.

Alle Teilnehmer der Studie werden vor dem Start der Interventionen (t0) und nach den Interventionen (t1) umfassend untersucht (u.a. ärztliche und Laboruntersuchung, sportmedizinische Untersuchung) und gebeten, Fragebögen zum Ernährungs- und Sportverhalten (EPIC), Lebensqualität (PHQ9), Gesundheitszustand (SF12), Sexueller Zufriedenheit sowie Selbstwirksamkeit bei Sport ausfüllen. Die Fragebögen werden ebenfalls nach 6, 12 und 24 Monaten erneut verschickt und ausgefüllt.

Das Lebenstil-Interventionsprogramm besteht aus 12 Kurstagen von jeweils 6-7 Stunden. In jeweils 5 Gruppen á 12 Patienten erhalten die Teilnehmer Informationen sowie praktische Übungen zum Thema Stressmanagement und Entspannung, Ernährung, Erektile Dysfunktion sowie Sport- und Bewegungseinheiten. Alle Patienten erhalten zu den einzelnen Interventionen wöchentliche Aufgaben für zu Hause, die sie in einem Tagebuchprotokoll festhalten sollen.

Diskussion und Ergebnisse: Da aktuell keine verlässlichen Daten von randomisierten, prospektiven Studien vorliegen, die den Effekt eines umfassenden, multizentrischen Lebenstil-Interventionsprogramms bei PCa untersuchen, soll diese Feasibility-Studie Hinweise auf den Benefit dieses Programms geben, und auch Aufschlüsse auf Formen, Intensität, Länge sowie Konzipierung der Lebensstil-Interventionen geben. Zusätzlich ist diese Studie durch ihre multidisziplinäre Aufstellung und Zusammenarbeit von Onkologen, Ökotrophologen, Sportwissenschaftlern, Psychologen und Physiotherapeuten einzigartig und daher ein Prüfstein für die Umsetzung sowie Implementierung in weiteren Studien sowie ggf. in die Routineversorgung von PCa Patienten. Im Okotber 2017 werden Ergebnisse nach einer Prä-Post Analyse innerhalb der Interventionsgruppe vorliegen, welche mittels eines „Matched Paris“ Verfahren in einem 1:5 Schlüssel mit vergleichenden Untersuchungen von Patienten, die ebenfalls an der Martini-Klinik operiert wurden, aber nicht an der Interventionsstudie teilnehmen, durchgeführt.

Praktische Implikationen: Mittelfristig soll diese Feasibility-Studie essentielle Informationen für die Durchführung einer langfristig angelegten Mixed-Methods-Studie für PCa Patienten liefern. Bei positiven Ergebnissen soll ein multimodales Therapiekonzept bei PCa in die Regelversorgung für verschiedene Settings implementiert werden.