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15. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

5. - 7. Oktober 2016, Berlin

Stationär vor ambulant! Interprofessionelle Kooperation der Gesundheitsberufe auf dem Prüfstand

Meeting Abstract

  • Aisha Meriel Boettcher - Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg, Hamburg, Deutschland
  • Linda Cording - Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg, Hamburg, Deutschland
  • Kristin Maria Käuper - Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg, Hamburg, Deutschland
  • Susanne Busch - Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg, Hamburg, Deutschland

15. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 05.-07.10.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. DocP064

doi: 10.3205/16dkvf228, urn:nbn:de:0183-16dkvf2281

Published: September 28, 2016

© 2016 Boettcher et al.
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Text

Hintergrund: Die Kooperation unter Gesundheitsberufen wird vielerorts zur Sicherstellung einer zukunftsfähigen qualitativen, quantitativen und patientenzentrierten Gesundheitsversorgung empfohlen (RBS 2011). Jedoch fehlen aktuelle Wissensbestände zu wo, wer, mit wem und in welchen Situationen kooperiert um die gesundheitliche Versorgung sicherzustellen. Die vorliegende Studie widmet sich dieser Fragestellung.

Fragestellung: Wo kooperieren Angehörige der Gesundheitsberufe in welchen Versorgungsbereichen und -situationen und wie wird die Zusammenarbeit gegenseitig bewertet?

Methode: Im September 2015 wurden N=52 Studierende mit Berufserfahrung in einem Gesundheitsberuf (Pflege, Ergotherapie, Physiotherapie, Hebammen) erstmalig schriftlich mittels Longitudinaldesign zu interdisziplinärer Kooperation in ihrem beruflichen Alltag quantitativ befragt. Einzelne Fragekomplexe entstammen dem 2get1care Forschungsprojekt (Schürmann et al. 2014).

Ergebnisse: Die Studierenden n = 40 kommen aus dem stationären (52,5 %) und dem ambulanten (47,5 %) Tätigkeitsbereich. Generell wird die Notwendigkeit zur Kooperation gesehen, da 83 % dem Bedarf eines regelmäßigen interprofessionellen Austauschs zustimmen. Es scheint jedoch Unwissenheit in Bezug auf die Tätigkeitsbereiche der anderen Berufsgruppen vorzuherrschen, da 42% das Wissen ihrer Kolleg/-innen im Herkunftsberuf zu den anderen Gesundheitsberufen als gering einschätzen. Die Zusammenarbeit unter allen oben genannten Berufsgruppen, sowie erweitert um Logopädie und Ärzteschaft, wird tendenziell als gut MW = 2,3, SD = 0,9 (sehr gut – mangelhaft) bewertet. Dabei wird die Zusammenarbeit mit der Altenpflege mit MW = 1,9, SD = 0,9 als am besten, und die mit der Ärzteschaft MW = 2,8, SD = 0,9, als am schlechtesten beurteilt. Die Situationen in denen am häufigsten kooperativ gearbeitet wird, sind berufsgruppenübergreifende Behandlungen (64%) und Planungen von Therapien (62 %). Dabei finden sich diese Kooperationsformen im stationären Bereich mit 76 % repräsentiert; im ambulanten Setting plant jedoch nur jede/r Zweite Therapien (56 %) bzw. behandelt interprofessionell (53 %). Kooperationen im Kontext von Übergabegesprächen sowie interprofessionelle Visiten finden zu 54% statt. Auch hier liegt der stationäre Bereich mit 67% und 81 % gegenüber dem ambulanten Bereich mit 42 % zu 32 % vorne.

Diskussion: Die Befragten sind Studierenden eines interdisziplinären gemeinsamen Studienkonzepts und somit ist es wenig verwunderlich, dass die Notwendigkeit zur Kooperation gesehen wird. Es zeigt sich jedoch, dass gerade die Tätigen im ambulanten Bereich seltener berufsgruppenübergreifend agieren und großer Nachholbedarf bei interprofessionellen Behandlungen und Übergabegesprächen besteht. So unterstützen die organisatorischen Rahmenbedingungen im ambulanten Bereich berufsisoliertes Vorgehen (Kuehn 2009), zudem verhindern fehlende Abrechnungsmöglichkeiten von interprofessionellem Austausch und konzeptioneller Arbeit die Entwicklung interprofessioneller Netzwerke und Gesundheitsversorgungskonzepte (Gemeinsamer Bundesausschuss 2011). Ebenfalls wird fehlendes Wissen um den Gegenstandsbereich der anderen Berufsgruppen als Hindernis von interprofessioneller Kooperation gesehen (Kuehn 2009). Da Studierende eines interdisziplinären Studiengangs befragt wurden, konnte demnach von einem großen Interesse an den anderen Gesundheitsberufen vor Studienbeginn ausgegangen werden. In der Folge wurde der Wissensstand zu den angrenzenden Tätigkeitsfeldern im Hinblick auf ihre Kolleg/-innen im Herkunftsberuf erhoben. Dass hier die Hälfte über nur geringe Wissensbestände verfügt, gibt Hinweise darauf, dass diese Voraussetzung für interprofessionelle Kooperation in der Versorgungsrealität nicht gegeben ist. Die Studie belegt den Diskussionsbedarf zur derzeitigen Versorgungsrealität in Hinblick auf interprofessionelle Kooperationen. Weiteren Forschungen obliegt es nun, sich diesen Fragen zu widmen.

Praktische Implikationen: Die reichlichen Empfehlungen (SVR 2007, 2009, WR 2011, RBS 2011, HBS 2013) aufgreifend wird im ersten Ansatz die aktuelle Versorgungsrealität mit Fokus auf interprofessionelle Kooperation beschrieben.

Limitation: In der Befragung bewerteten die Studierenden aus den Gesundheitsberufen die Zusammenarbeit mit der Ärzteschaft lediglich einseitig, die Ärzteschaft ist nicht in dieser Gruppe repräsentiert, ihre Einstellungen werden daher nicht abgebildet. Des Weiteren limitiert das Studiendesign Aussagen zu den Gründen und zu der Qualität der Kooperation.