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15. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

5. - 7. Oktober 2016, Berlin

Effekte landesweiter Gesundheitsförderung in Grundschulen auf Krankheitstage und Arztbesuche der Kinder sowie Abwesenheit der Eltern vom Arbeitsplatz

Meeting Abstract

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  • Dorothea Kesztyüs - Institut für Allgemeinmedizin, Ulm, Deutschland
  • Romy Lauer - Sektion Sport- und Rehabilitationsmedizin, Innere Medizin II, Ulm, Deutschland
  • Jürgen Michael Steinacker - Sektion Sport- und Rehabilitationsmedizin, Innere Medizin II, Ulm, Deutschland

15. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 05.-07.10.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. DocP025

doi: 10.3205/16dkvf126, urn:nbn:de:0183-16dkvf1264

Published: September 28, 2016

© 2016 Kesztyüs et al.
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Hintergrund: Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) führte 1995 die globale Schulgesundheitsinitiative ein um Gesundheitsförderung auf der lokalen, nationalen, regionalen und globalen Ebene zu mobilisieren und zu stärken. Gesundheitsökonomisch relevante Aspekte schulbasierter Gesundheitsförderung werden nur selten evaluiert.

Fragestellung: Welche Interventionseffekte hat ein schulbasiertes Gesundheitsförderprogramm auf die Anzahl der Krankheitstage und Arztbesuche der Kinder sowie Fehltage am Arbeitsplatz von Eltern, die sich zu Hause um ein krankes Kind kümmern mussten?

Methode: Eine cluster-randomisierte, einjährige Interventionsstudie mit Baseline und Follow-Up Erhebung bei Grundschulkindern in Baden-Württemberg. Geschulte Lehrer implementieren die Interventionsinhalte im Regelunterricht. Anthropometrische Messungen wurden standardisiert von geschultem Personal durchgeführt. Eltern machten in Fragebögen Angaben zu Soziodemografie, dem eigenen Gesundheitsverhalten und dem ihrer Kinder sowie den Zielparametern Krankheitstage und Arztbesuche der Kinder sowie Fehltage am Arbeitsplatz von Müttern und Vätern, die ein krankes Kind betreuen. Longitudinale Differenzen zwischen Baseline und Follow-Up in den Zielvariablen wurden berechnet. Lineare Regressionsanalysen wurden durchgeführt, um Zusammenhänge zu identifizieren und Signifikanzen zu bestimmen.

Ergebnisse: Daten von 1943 Kindern waren zur Basiserhebung verfügbar, longitudinale Informationen zu den Zielvariablen lagen von 1379 Kinder (71%) vor. Im Längsschnitt war ein allgemeiner Rückgang in allen vier Zielvariablen zu verzeichnen, wobei die Interventionsgruppe in allen Variablen bis auf die Anzahl der Arztbesuche einen stärkeren Rücklauf als die Kontrollgruppe aufweist. Signifikante Unterschiede zwischen Interventions- und Kontrollgruppe wurden für die longitudinale Reduktion der Krankheitstage der Kinder und der Fehltage der Mütter am Arbeitsplatz gefunden. Der Unterschied in den Krankheitstagen konnte für Kinder in der ersten Klasse mit einer Reduktion von 5,2 Tagen in der Interventionsgruppe gegenüber 3,6 Tagen in der Kontrollgruppe bestätigt werden. Des Weiteren wurde dieser Effekt in einem linearen Regressionsmodell adjustiert auf Baseline-Werte, Geschlecht und Migrationshintergrund. Der Interventionseffekt auf die Fehltage der Mutter am Arbeitsplatz verlor seine Signifikanz nach Adjustierung auf Baseline-Werte. Keine signifikanten Unterschiede wurden für die Anzahl der Arztbesuche des Kindes und die Fehltage des Vaters am Arbeitsplatz gefunden.

Diskussion: Die Wirksamkeit multikomponenter Gesundheitsförderung in einem niederschwelligen Ansatz lässt sich nur schwer in einem begrenzten Zeitraum nachweisen. Zwar zeigt sich tendenziell für die Interventionsgruppe in allen Variablen bis auf die Anzahl der Arztbesuche ein stärkerer rückläufiger Trend als für die Kontrollgruppe, statistisch signifikant bleibt allerdings nur die Reduktion der Krankheitstage der Erstklässler.

Praktische Implikationen: Schulbasierte Gesundheitsförderung vermittelt von Lehrern im Regelunterricht kann die Anzahl von Krankheitstagen der Kinder in der ersten Klasse verringern. Das bedeutet, Kinder müssen in ihrem ersten Schuljahr seltener wegen Krankheit zuhause bleiben. Demzufolge haben auch Eltern weniger Probleme ihre Betreuung zu organisieren oder müssen weniger häufig selbst zuhause bleiben, wenn sie berufstätig sind. Darüber hinaus kann Gesundheitsförderung auch einen positiven Beitrag zum Schulerfolg der Kinder leisten.