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15. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

5. - 7. Oktober 2016, Berlin

Können Patientenerfahrungen (PE) klinische Qualitätsmessungen ersetzen? Korrelation von PE mit eQS-Ergebnissen

Meeting Abstract

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  • Rike Kraska - Universität Witten/Herdecke, Institut für Gesundheitssystemforschung, Witten, Deutschland

15. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 05.-07.10.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. DocV138

doi: 10.3205/16dkvf068, urn:nbn:de:0183-16dkvf0680

Published: September 28, 2016

© 2016 Kraska.
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Hintergrund: In der Krankenhausversorgung wird die Patientenerfahrung zunehmend als eigenständige und zentrale Dimension der Versorgungsqualität wahrgenommen. Besonders bei der Krankenhauswahl stellen die Erfahrungen und Empfehlungen von Angehörigen, Freunden und Bekannten eine wichtige Informationsquelle dar. Internationale Studien weisen zudem darauf hin, dass eine kontinuierliche Messung und Veröffentlichung von Patientenbefragungen die Versorgungsqualität langfristig verbessern kann. Während der Einfluss von demographischen Faktoren und Patientenattributen auf die Patientenerfahrung vielfach erforscht wurde, finden sich allerdings nur wenige Studien über die Wechselwirkung zwischen klinischen Qualitätsmessungen und der Patientenerfahrung.

Fragestellung: Unser Ziel war zu untersuchen, welche Zusammenhänge zwischen klinischen Qualitätsmerkmalen und der Patientenerfahrung in der stationären Versorgung in Deutschland bestehen.

Methode: Den Analysen lagen die in den Qualitätsberichten (QB) öffentlich berichteten Qualitätsindikatoren (QI) der externen Qualitätssicherung und Befragungen von Patienten mit einem stationären Aufenthalt aus dem Jahr 2013 zugrunde. Die Patientenerfahrung wurde mit dem „Patient Experience Questionnaire“ (PEQ), ein standardisierter Kurzfragebogen, erhoben. Es wurden die vier PEQ-Dimensionen der Patientenerfahrung (ärztliche Versorgung, pflegerische Betreuung, Organisation& Service und Weiterempfehlung) berechnet und auf Krankenhausebene aggregiert, wobei das Alter und Geschlecht sowie die behandelnde Fachabteilung als mögliche Risikofaktoren zur Adjustierung verwendet wurden. Nur Krankenhäuser mit mind. 75 PEQ-Bögen wurden in die Analysen eingeschlossen und mit den aus den QB extrahierten QI verknüpft. Insgesamt konnten 999 Krankenhäuser mit 300 200 PEQ-Bögen in die Analysen eingeschlossen werden. Neben Korrelationsanalysen der Patientenerfahrungen und QI, erfolgten zusätzlich die Bildung von drei Qualitäts-Scores (Prozess-, Indikations- und Ergebnisqualität) sowie anschließende bivariate und multivariate Analysen. Für die multivariaten Modelle wurden die Region, die Trägerschaft, die Personalausstattung und die Krankenhausgröße als zusätzliche Adjustierungsvariablen verwendet.

Ergebnisse: Alle Analysen zeigten einen signifikanten Zusammenhang zwischen den vier Dimensionen der Patientenerfahrung und den klinischen Qualitätsmerkmalen (p<0,05). Dabei übte besonders die Prozess- und Ergebnisqualität einen starken Einfluss auf die Patientenerfahrung aus, wobei eine bessere Qualität mit einer positiveren Patientenerfahrung in allen Dimensionen assoziiert war. Allerdings bestanden ebenfalls starke Einflüsse der betrachteten Adjustierungsvariablen wie Region, Krankenhausgröße, Trägerschaft und Personalausstattung auf die Patientenerfahrung.

Diskussion: Es besteht ein Zusammenhang zwischen den Patientenerfahrungen und klinischen Qualitätsmerkmalen. Eine bessere gemessene Krankenhausqualität ist mit einer positiveren Patientenerfahrung assoziiert. Um Vergleiche der Patientenerfahrung zwischen Krankenhäusern zu ermöglichen, ist eine ausreichende Risikoadjustierung notwendig.

Praktische Implikationen: Die positive Assoziation der Prozess- und Ergebnisqualität mit der Patientenerfahrung unterstreicht, dass die subjektive Patientenperspektive als wichtiges Qualitätskriterium in der Krankenhausversorgung wahrzunehmen und als Indikator für Versorgungsqualität aufzufassen ist. Aufgrund des möglichen Einflusses von Patientenattributen auf die Patientenerfahrung stellen sich jedoch Untersuchungen und Vergleiche von kleinen oder spezialisierten Krankenhäusern, die verhältnismäßig weniger oder eine bestimmte Gruppe von Patienten behandeln, generell als schwierig dar. Um eine umfassende und differenzierte Grundlage für Vergleiche zu gewährleisten und eine Qualitätsverbesserung auf Systemebene zu erreichen, sollten risikoadjustierte Ergebnisse von Patientenerfahrungsumfragen ergänzend zu klinischen Merkmalen in die obligatorischen Qualitätsberichte aufgenommen werden. Dadurch könnten zudem bisher nicht abgedeckte Aspekte der Versorgungsqualität abgebildet und Patienten bei der Krankenhauswahl besser unterstützt werden.