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Physiotherapeutische Versorgungssituation in Deutschland von 2004 bis 2014. Analyse des Verordnungsverhaltens bei Versicherten der Gesetzlichen Krankenversicherung
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Published: | September 28, 2016 |
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Hintergrund: Der aufgrund der demographischen Entwicklung zunehmende Bedarf an medizinischer Versorgung betrifft gleichermaßen Ärzteschaft und nicht-ärztliche Berufe wie Physio-, Logo- oder Ergotherapie, Pflege oder medizinisch-technische Personal. Der Zugang zu physio-, logo- oder ergotherapeutischen GKV-Leistungen kann nur mit vorheriger Verordnung eines Arztes erfolgen. Voraussetzung ist, dass die jeweiligen Leistungen im Heilmittelkatalog aufgeführt sind.
Laut Heilmittelbericht 2015 des wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) betrug der Heilmittelumsatz für die 70,3 Millionen Versicherten der GKV im Jahr 2014 insgesamt 5,77 Milliarden Euro. Der Anteil von physiotherapeutischen Leistungen am Gesamtumsatz aller Heilmittelausgaben betrug 72,1 % und summierte sich auf insgesamt 4,17 Milliarden €, womit die Inanspruchnahme dieser Leistungen den größten Anteil aller Heilmittel darstellen.
Fragestellung: Das Ziel der vorliegenden Studie ist die Erfassung und Darstellung der Versorgungssituation in Bezug auf Leistungen aus dem Heilmittelkatalog der Physikalischen Therapie von 2004 bis 2014 in Deutschland.
Methode: Um Informationen zur Versorgung von Leistungen aus dem Heilmittelkatalog der Physikalischen Therapie in Deutschland abzubilden, wurde das frei zugängliche Heilmittel-Informations-System des Spitzenverbandes der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-HIS) herangezogen. Zur Datengewinnung wurden sowohl die Berichte der einzelnen Kassenärztlichen Vereinigungen als auch der Bundesbericht genutzt und Informationen zu Leistungen der Physikalischen Therapie für den Zeitraum 2004 bis 2014 extrahiert.
Ergebnisse: Von 2004 bis 2014 wurden jährlich im Durchschnitt 216.017.439 Behandlungseinheiten für physiotherapeutische Leistungen in Deutschland ausgestellt (Range: 155.677.860 – 254.695.514). Über den Analysezeitraum existiert ein konstanter Anstieg von Behandlungseinheiten physiotherapeutischer Leistungen; 2004 wurden insgesamt 155.677.860 und 2014 254.695.514 Behandlungseinheiten ausgestellt. Dies entspricht einem Anstieg von 61%.
In Sachsen wurde über alle betrachteten Jahre hinweg die höchste Anzahl an Verordnungen (2004: 555,9; 2009: 541,4; 2014: 614,7), in Nordrhein-Westfalen (2004: 285,2; 2009: 251,8; 2014: 330,2) und Hessen (2004: 296,7; 2009: 301,3; 2014: 367,5) konstant die geringste Anzahl pro 1.000 GKV-Versicherte ausgestellt.
Der erzielte Bruttoumsatz (in €) pro 1.000 GKV-Versicherte variiert zwischen den einzelnen Bundesländern, wobei in Sachsen (2004: 59,8; 2009: 54,6, 2014: 76,7) und Baden-Württemberg (2004: 60,0; 2009: 57,6; 2014: 68,0) im Vergleich zu den übrigen Bundesländern über die betrachteten Jahre hinweg der höchste Umsatz über alle physiotherapeutischen Leistungen erzielt wurde.
Diskussion: Die Ergebnisse der Studie zeigen eine heterogene Versorgungssituation von Leistungen aus dem Heilmittelkatalog der Physikalischen Therapie in Deutschland. Ursachen können auf Basis der analysierten Daten nicht identifiziert werden und zeigen den hohen Bedarf an weiteren Untersuchungen auf. Die Entwicklung von Kriterien von Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität zur Evaluation von physiotherapeutischen Leistungen ist notwendig, um die Versorgungsqualität abzubilden. Auch für die physiotherapeutische Ausbildung ist die Entwicklung von Evaluationskriterien notwendig, um Effekte einer Novellierung der Berufsgesetzte sowie einer zunehmenden Akademisierung der Profession Physiotherapie evaluieren und abbilden zu können. Um die zukünftige, physiotherapeutische Versorgung auf einem qualitativ hohen Behandlungsniveau sicherstellen zu können, ist eine professionsübergreifende und am Patientennutzen ausgelegte Forschung erforderlich.
Praktische Implikationen: Die in dieser Studie über alle gesetzlichen Krankenkassen hinweg nachgewiesene, heterogene Versorgungssituation physiotherapeutischer Leistungen in Deutschland ermöglicht die Ableitung einer Vielzahl von Forschungsfragen und zeigt den Forschungsbedarf in dieser Gruppe der Gesundheitsfachberufe auf. Indikationsspezifische Analysen von physiotherapeutischen Leistungen (z. B. für Krankheiten mit einer hohen Krankheitslast oder der Vergleich von konservativen physiotherapeutischen Maßnahmen gegenüber operativen Maßnahmen bei ausgewählten Erkrankungen) sind zukünftig notwendig, um die Versorgungssituation detailliert analysieren zu können und Weiterentwicklungsmöglichkeiten der Versorgung abzuleiten.