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14. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

7. - 9. Oktober 2015, Berlin

Evaluation von Option Grids zur Unterstützung der Partizipativen Entscheidungsfindung in der Brustkrebsbehandlung – ein Studienprotokoll

Meeting Abstract

  • Pola Hahlweg - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut und Poliklinik für Medizinische Psychologie, Hamburg, Deutschland
  • Isabelle Witzel - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Klinik für Gynäkologie, Hamburg, Deutschland
  • Volkmar Müller - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Klinik für Gynäkologie, Hamburg, Deutschland
  • Glyn Elwyn - The Dartmouth Institute for Health Policy & Clinical Practice, Hanover, USA
  • Marie-Anne Durand - The Dartmouth Institute for Health Policy & Clinical Practice, Hanover, USA
  • Martin Härter - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut und Poliklinik für Medizinische Psychologie, Hamburg, Deutschland
  • Isabelle Scholl - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut und Poliklinik für Medizinische Psychologie, Hamburg, Deutschland

14. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 07.-09.10.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. DocP090

doi: 10.3205/15dkvf310, urn:nbn:de:0183-15dkvf3101

Published: September 22, 2015

© 2015 Hahlweg et al.
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Text

Hintergrund: Das Thema Patientenbeteiligung in der medizinischen Versorgung und im Rahmen dessen auch der Ansatz der gemeinsame Entscheidungsfindung zwischen Arzt und Patient, sog. partizipative Entscheidungsfindung (PEF; engl. shared decision making, SDM), haben in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen. Es konnte gezeigt werden, dass Entscheidungshilfen das Einbeziehen von Patienten in die Entscheidung fördern. Option Grids sind kurze Entscheidungshilfen, die Patienten und ihre Ärzte dabei unterstützen, gemeinsam Behandlungsmöglichkeiten zu vergleichen. In der Onkologie ist PEF besonders relevant, da dort in vielen Fällen komplexe Behandlungsmöglichkeiten mit unterschiedlichen Vor- und Nachteilen bestehen (sog. hohe Präferenzsensitivität). Außerdem haben diese Behandlungen oft einen essentiellen Einfluss auf die Lebensqualität des Patienten. Viele Krebspatienten wünschen sich, gut informiert zu sein und gemeinsam mit ihrem Arzt die Behandlungsentscheidung zu treffen. Allerdings entspricht die aktuelle Routineversorgung diesen Wünschen nicht ausreichend. Option Grids sind durch ihre Kürze effektive Entscheidungshilfen und somit in der Routineversorgung umsetzbar. Bisher gibt es Option Grids allerdings nicht auf Deutsch.

Fragestellung: Die Ziele dieser Studie sind a) zwei Option Grids zur Brustkrebsoperation und zum Brustwiederaufbau zu übersetzen und für die deutsche Versorgungsrealität zu adaptieren; b) die Akzeptanz der Option Grids bei Ärzten und Patienten sowie deren Umsetzbarkeit in der deutschen Routineversorgung zu evaluieren und c) den Bedarf an weiteren Option Grids zu anderen Behandlungsentscheidungen zu erheben.

Methode: Die prospektive Studie bedient sich qualitativer Forschungsmethodik. Die Studie wird in Kooperation mit dem Brustzentrum einer großen deutschen Universitätsklinik durchgeführt und unterteilt sich in zwei Phasen. In Phase 1 werden die Option Grids angelehnt an das von Beaton et al. empfohlene Vorgehen übersetzt [1]. In Kooperation mit Ärzten werden sie daraufhin mit deutschen klinischen Standards verglichen und durch kognitive Interviews mit Patienten auf ihre Verständlichkeit überprüft. Zur anschließenden Adaptation der Option Grids und der Erstellung der finalen deutschen Versionen werden Rückmeldungen von Ärzten und Patienten herangezogen. In der zweiten Phase werden die deutschen Versionen wie von der „International Patient Decision Aids Standards Collaboration“ [2] empfohlen einer Pilottestung unterzogen. Diese gliedert sich in eine sog. Alphatestung zur Akzeptanzüberprüfung in Fokusgruppen mit Ärzten und Patienten (N=4 mit jeweils 8–10 Teilnehmern) und eine sog. Betatestung im „real world setting“ durch teilnehmende Beobachtung in Arzt-Patienten-Gesprächen, in denen die Option Grids über einen Zeitraum von 4–6 Wochen verwendet werden. Während der Beobachtungen wird auch der Bedarf an diesen Option Grids in der Routineversorgung sowie an weiteren Option Grids erhoben. Die in der Alpha- und Betatestung erhobenen Daten werden jeweils digitalisiert und anonymisiert und mittels qualitativer Inhaltsanalyse ausgewertet. Während der Beobachtungen wird zusätzlich die OPTION-Skala, eine validierte Beobachtungsskala zur Erhebung von PEF, angewendet, welche quantitativ ausgewertet wird.

Erwartete Ergebnisse: Es wird erwartet, dass durch den fundierten Übersetzungsprozess zwei umsetzbare und zum deutschen Versorgungskontext passende Option Grids entstehen, die im Arzt-Patienten-Gespräch die gemeinsame Entscheidungsfindung unterstützen können.

Diskussion und praktische Implikationen: Durch diese Studie werden erstmals deutsche Versionen von zwei Option Grids zur Brustkrebsbehandlung entstehen und erstmals in Deutschland angewandt werden. Zusätzlich wird deren Akzeptanz, Umsetzbarkeit und Bedarf erhoben. Wenn sich diese Option Grids in Deutschland als hilfreich erweisen haben, können sie in die Brustkrebsversorgung implementiert werden und somit die Implementierung von partizipativer Entscheidungsfindung fördern.


Literatur

1.
Beaton DE, Bombardier C, Guillemin F, Ferraz MB. Guidelines for the process of cross-cultural adaptation of self-report measures. Spine. 2000;25(24):3186-91.
2.
Coulter A, Stilwell D, Kryworuchko J, Mullen P, Ng C, van der Weijden T. A systematic development process for patient decision aids. BMC Med Inform Decis Mak. 2013;13 Suppl 2:S2.