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14. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

7. - 9. Oktober 2015, Berlin

Evaluation einer nicht-medikamentösen Aktivierungsmaßnahme für Menschen mit Demenz in der Tagespflege: Das DeTaMAKS-Projekt

Meeting Abstract

  • Elisa-Marie Behrndt - Psychiatrische Universitätsklinik / Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Zentrum für Medizinische Versorgungsforschung, Erlangen, Deutschland
  • Melanie Straubmeier - Psychiatrische Universitätsklinik / Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Zentrum für Medizinische Versorgungsforschung, Erlangen, Deutschland
  • Katharina Luttenberger - Psychiatrische Universitätsklinik / Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Zentrum für Medizinische Versorgungsforschung, Erlangen, Deutschland
  • Elmar Gräßel - Psychiatrische Universitätsklinik / Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Zentrum für Medizinische Versorgungsforschung, Erlangen, Deutschland

14. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 07.-09.10.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. DocP060

doi: 10.3205/15dkvf302, urn:nbn:de:0183-15dkvf3027

Published: September 22, 2015

© 2015 Behrndt et al.
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Text

Hintergrund: Das DeTaMAKS-Projekt ist die Weiterentwicklung der multimodalen, nicht-medikamentöse „MAKS“-Therapie für Menschen mit einer dementiellen Erkrankung. Diese wurde bereits in Pflegeheimen erprobt. Für das aktuelle Projekt wurde sie für die Verwendung in Tagespflege-Einrichtungen angepasst („MAKS-T“) und mit einer telefonischen Angehörigenintervention kombiniert.

Fragestellung: Untersucht werden soll die Fragestellung, ob die Intervention einen günstigen Einfluss auf die alltagspraktischen Fähigkeiten der Tagespflege-Gäste hat. Zudem sollen weitere Analysen prüfen, ob die Intervention Einfluss auf die folgenden Parameter nimmt:

  • Kognitive Fähigkeiten und auffällige Verhaltensweisen der Tagespflege-Gäste
  • Pflegerische Belastung der Angehörigen
  • Zusammenhang zwischen „Dosis“ der Intervention (Häufigkeit des Besuchs der Tagespflege) und Wirkung
  • Verbleib in der Häuslichkeit
  • Vereinbarkeit von Pflege und Beruf

Methode: Zur Überprüfung der Fragestellungen wird eine cluster-randomisierte, kontrollierte, multizentrische, prospektive Verlaufsstudie mit sechsmonatiger Interventionsphase und zweijährigem Erhebungszeitraum durchgeführt. Eingeschlossen werden Tagespflege-Gäste mit „mild cognitive impairment“, leichter oder mittelschwerer nicht-vaskulärer Demenz und ihre pflegenden Angehörigen, von denen ca. drei Viertel jünger als 65 Jahre sein sollen. Die 34 Tagespflege-Einrichtungen wurden in den jeweiligen Studienregionen randomisiert.

„MAKS-T“ umfasst täglich spezifische motorische, alltagspraktische und kognitive Übungsmodule in der Gruppe. In der sechsmonatigen Interventionsphase, in der „MAKS-T“ standardisiert in den Tagespflegen durchgeführt wird, erfolgt auch eine dreimalige telefonische Angehörigenkurzintervention. Diese zielt darauf ab, den pflegenden Angehörigen eine lösungsorientierte Beratung zu den Themen Psychoedukation, Stressbewältigung und Ressourcenförderung anzubieten.

Die primäre Zielgröße, die alltagspraktischen Fähigkeiten der Tagespflege-Gäste, wird mit dem „Erlangen Test of Activities of daily living in individuals with Mild degenerative dementia“ (ETAM) im Prä-Post-Vergleich erhoben. Zudem werden zu Interventionsbeginn und nach 6, 12 und 24 Monaten computergestützte Telefoninterviews (CATI) mit den pflegenden Angehörigen geführt, um Auskunft über die Entwicklung der Situation bezogen auf die Angehörigen, die Tagespflege-Gäste und die Versorgung zugewinnen. Vorrangige Analysemethoden sind die multiple lineare Regressionsanalyse für die alltagspraktischen und kognitiven Fähigkeiten sowie die Cox-Regressionsanalyse mit der Dauer des Verbleibs in der Häuslichkeit als wichtige Zielgröße für den 2-Jahres-Zeitraum.

Vorläufige Ergebnisse: Von 1299 gescreenten Tagespflege-Gästen konnten 463 Personen mit jeweils einem pflegenden Angehörigen in das DeTaMAKS Projekt eingeschlossen werden und mit dem 6-Monats-Zeitraum starten. Somit wurde die vorab kalkulierte Fallzahl um 34 % übertroffen. Der ETAM-Test zu t0, als primäres Outcome, konnte bei 456 Personen (98,5 %) durchgeführt werden. Von 447 pflegenden Angehörigen (97%) konnten Informationen über die Betreuungs- und Versorgungssituation erhoben werden. 429 Angehörige (93%) wurden telefonisch, computergestützt befragt, weitere 18 Personen (4%) antworteten per zugesendeten Fragebogen.

Diskussion: Die Ergebnisse der Prä-Erhebung zeigen, dass insbesondere die Verwendung von computergestützten Telefoninterviews zu einem enorm hohen Datenrücklauf führt. Die gleichzeitige Datenerhebung und -eingabe am Computer bringt außerdem einen zeitökonomischen Vorteil mit sich. Zudem zeigt sich, dass sich Tagespflege-Einrichtungen für wissenschaftliche Evaluation versorgungsrelevanter Maßnahmen in besonderem Maße eignen; insbesondere dann, wenn es darum geht, Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen in einer Gruppe zu fördern bzw. sie und ihre pflegenden Angehörigen in ihrem häuslichen Lebensumfeld unterstützen zu wollen.

Praktische Implikationen: Die Studienergebnisse werden Rückschlüsse auf die Versorgung von zu Hause lebenden Menschen mit Demenz erlauben und darüber Auskunft geben, in welchem Umfang durch die standardisierte, 6-monatige „MAKS-T“-Intervention die alltagspraktischen Fähigkeiten erhalten werden können. Aus den Studiendaten kann zudem abgeleitet werden, wie durch die kombinierte Maßnahme aus „MAKS-T“ und telefonischer Angehörigen-Kurzintervention die Belastung der Angehörigen vermindert werden kann und inwiefern es gelingt, in einem 2-Jahres Zeitraum den Übertritt ins Pflegeheim zu verzögern. Um die Herausforderungen der Versorgung von Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen in Zukunft besser bewältigen zu können, gilt es, das Angebot „Tagespflege“ auch inhaltlich weiter zu entwickeln, hin zu einer „therapeutischen Tagespflege“, die die Kompetenzen ihrer Gäste optimal stärkt.