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14. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

7. - 9. Oktober 2015, Berlin

Transitionsversorgung von Mädchen und jungen Frauen mit einer seltenen genitalen Fehlbildung: Ergebnisse einer systematischen Literaturrecherche zu Versorgungsbedarfen der Zielgruppe

Meeting Abstract

  • Anke Wagner - Institut für Arbeitsmedizin, Sozialmedizin und Versorgungsforschung, Tübingen, Deutschland
  • Esther Ueding - Department für Frauengesundheit, Universitätsklinikum Tübingen, Tübingen, Deutschland
  • Marie-Christin Baur - Department für Frauengesundheit, Universitätsklinikum Tübingen, Tübingen, Deutschland
  • Leonie Pösch - Department für Frauengesundheit, Universitätsklinikum Tübingen, Tübingen, Deutschland
  • Hanna Hiltner - Institut für Allgemeinmedizin, Tübingen, Deutschland
  • Norbert Schäffeler - Medizinische Universitätsklinik, Ambulanz der Abt. Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Tübingen, Deutschland
  • Andrea Kronenthaler - Institut für Allgemeinmedizin, Tübingen, Deutschland
  • Katharina Rall - Department für Frauengesundheit, Universitätsklinikum Tübingen, Tübingen, Deutschland
  • Sara Brucker - Department für Frauengesundheit, Universitätsklinikum Tübingen, Tübingen, Deutschland
  • Elisabeth Simoes - Department für Frauengesundheit, Universitätsklinikum Tübingen, Tübingen, Deutschland
  • Monika A. Rieger - Institut für Arbeitsmedizin, Sozialmedizin und Versorgungsforschung, Tübingen, Deutschland

14. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 07.-09.10.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. DocP153

doi: 10.3205/15dkvf264, urn:nbn:de:0183-15dkvf2645

Published: September 22, 2015

© 2015 Wagner et al.
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Text

Hintergrund: Transitionsversorgung bezieht sich auf den Übergang von der Kinder- in die Erwachsenenmedizin. Dieser Übergang stellt bei seltenen Erkrankungen eine besondere Herausforderung dar. Zu diesen zählen auch genitale Fehlbildungen bei Frauen. Das häufigste Erscheinungsbild ist das Mayer-Rokitansky-Küster-Hauser-Syndrom (MRKHS). Es ist durch ein kongenitales Fehlen des Uterus, der Zervix und der oberen 2/3 der Vagina definiert. Das vom BMBF geförderte Forschungsprojekt TransCareO verfolgt in einem mixed-method-Design die Zielsetzung, ein koordinierendes Versorgungs- und Unterstützungsmodell zur Verbesserung der Transitionsversorgung bei jungen Mädchen und Frauen mit MRKHS zu entwickeln.

Fragestellung und Methode: Ein Modul im Rahmen des Forschungsprojekts TransCareO stellt die Erstellung eines Literaturreviews dar zu der zentralen Fragestellung: Welche Versorgungsbedarfe haben Mädchen und junge Frauen mit MRKHS und welche Erkenntnisse lassen sich für die Transitionsversorgung ableiten? Die systematische Literaturrecherche erfolgte in der Datenbank PubMed (1989-2014) zu Krankheitsbild, Strukturen, Zielgruppen und Outcome. Hierzu wurden relevante Suchbegriffe (MeSH-Terms) problemzentriert festgelegt. Die Bewertung der Titel und Abstracts erfolgte durch zwei unabhängige Personen. Die externe und interne Validität der Volltexte wurde anhand eines selbst entwickelten Bewertungsbogens beurteilt.

Ergebnisse: Zur Transition beim MRKHS ergeben sich in der nationalen und internationalen Literatur kaum Treffer, so dass die Recherche auf andere Erkrankungen, die eine Übergangsversorgung erfordern, ausgedehnt wurde. Die Recherche erzielte insgesamt 2.149 Treffer, nach Durchsicht von Titel und Abstract sowie Prüfung der Volltexte wurden 58 Publikationen in das Literaturreview integriert. Es fanden sich dabei lediglich 12 Publikationen zu MRKHS und 46 Publikationen zur Transition. Aus den Veröffentlichungen lassen sich weitreichende Versorgungsbedarfe von Mädchen und jungen Frauen mit MRKHS beschreiben zum Zeitpunkt der Diagnosestellung, während der Behandlung und auch darüber hinaus. Versorgungsbedarfe, die im Rahmen der Transitionsversorgung berücksichtigt werden sollten, ergeben sich entsprechend in folgenden thematischen Bereichen:

  • Übergang von Jugendalter in junges Erwachsenenalter
  • (familiäre) Beziehungen und Beziehungen zu Leistungserbringer
  • mit MRKHS einhergehende psychische Belastung
  • Sexualität / Unfruchtbarkeit
  • operative beziehungsweise dilatative Behandlung
  • Lebensziele
  • Überleitung von Kinder- bzw. Jugend- in Erwachsenenmedizin (Transition)

Empfehlungen aus dem Literaturreview ergeben sich zum einen für die Gestaltung der Transitionsversorgung (z.B. Einsatz von Transitionskoordinatoren) und zum anderen für die Grundversorgung von Mädchen und jungen Frauen mit MRKHS (z.B. Einführung und Evaluierung von nachstationären Therapie- und Unterstützungsprogrammen). Versorgungselemente, für die eine gute externe und interne Evidenz besteht, werden auf Übertragbarkeit auf MRKHS sowie ihre Eignung für das Versorgungsmodell geprüft und ggfs. bei der Modellgestaltung angepasst.

Diskussion und praktische Implikationen: Insgesamt wird bei Betrachtung des Forschungsstands deutlich, dass ein sehr großer Forschungsbedarf zur Transitionsversorgung bei Mädchen und jungen Frauen mit MRKHS besteht. Die Erkenntnisse aus der Literaturrecherche fließen zusammen mit den Ergebnissen weiterer Module der Studie (z.B. empirische Untersuchungen zu Haltungen und Erfahrungen der Betroffenen und ihres Umfelds) in die Modellierung einer patientenorientierten Versorgungskonzeption ein mit dem Ziel der Optimierung der Versorgungsgestaltung bei MRKHS.