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14. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

7. - 9. Oktober 2015, Berlin

Wissenschaftliche Evaluation von Handlungsempfehlungen zur Patientensicherheit in der ambulanten Versorgung

Meeting Abstract

  • Clara Monaca - Universitätsklinik Bonn, Institut für Patientensicherheit, Bonn, Deutschland
  • Marina Buchmann - Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe, Patientensicherheit, Dortmund, Deutschland
  • Andreas Kintrup - Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe, Patientensicherheit, Dortmund, Deutschland
  • Tanja Manser - Universitätsklinik Bonn, Institut für Patientensicherheit, Bonn, Deutschland

14. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 07.-09.10.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. DocP004

doi: 10.3205/15dkvf235, urn:nbn:de:0183-15dkvf2357

Published: September 22, 2015

© 2015 Monaca et al.
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Text

Hintergrund: Der Fokus von Maßnahmen für eine sichere Patientenversorgung liegt vielfach in der stationären Krankenhausversorgung. Die Unterschiede von Krankenhäusern zu Praxen niedergelassener Ärzte liegen dabei klar auf der Hand: mehr Personal, mehr Patienten, stärkere Kontrollmöglichkeiten und dadurch schnellere Handlungsmöglichkeiten bei Nutzung des vollen medizinischen Spektrums. Im Gegensatz zu Krankenhäusern können Arztpraxen jedoch flexibler Änderungen in ihren Praxisalltag integrieren. Ermöglicht wird dies durch eine überschaubare Personalstruktur und oftmals fest terminierte Patientenkontakte, welche zum Teil schon lange bestehen und wodurch Patienten persönlich bekannt sind. Dennoch gibt es eine wichtige Parallele zur Krankenhausversorgung: die Gefahr für Behandlungsfehler.

Eine Strategie zur Erhöhung der Patientensicherheit ist die Verbreitung von Handlungsempfehlungen. Grundlage dieser Studie waren zwei Handlungsempfehlungen zur Patientensicherheit, die für ambulant operierende Ärzte formuliert worden sind. Beide wurden erstmalig im Juli 2013 veröffentlicht und an seinerzeit 2.401 ambulant operierende Ärzte der untersuchten Region verschickt. Ziel war es, dass sich Ärzte mit der Relevanz dieser Empfehlungen für ihren Praxisalltag beschäftigen, Anregungen übernehmen und diese in ihr Qualitätsmanagementsystem integrieren.

Die Evaluation wurde zwischen September 2014 und März 2015 durch ein externes, wissenschaftliches Kompetenzzentrum in diesem Themenfeld durchgeführt.

Fragestellungen: In der Studie wurden u. a. folgende Fragen untersucht:

  • Wie ist der Umsetzungsgrad der Handlungsempfehlungen in der Praxis?
  • Wie bewerten die Einrichtungen den Nutzen der Handlungsempfehlungen?

Neben einer systematischen Erfassung des Umsetzungs- und Nutzungsgrades in den Praxen wurde die Evaluation auch als Möglichkeit gesehen, den Bekanntheitsgrad der Handlungsempfehlungen weiter zu stärken.

Methode: Die Evaluation erfolgte mittels eines schriftlichen Fragebogens, welche sich in 19 Items mit vorgegebenen Antwortmöglichkeiten und zehn offenen Fragen gliederten. Der Fragebogen deckte alle inhaltlichen Aspekte der Handlungsempfehlungen ab und die Fragen ließen sich den folgenden sechs Themenbereichen zuordnen: Kenntnisnahme, Vorgehensweisen, Umsetzungsgrad, Verwendbarkeit, Qualitätsmanagement und persönliche, demografische Daten. Um den Grad der Etablierung der in den Handlungsempfehlungen beschriebenen Maßnahmen ableiten zu können, wurde das Transtheoretische Modell der Organisationsveränderung genutzt. (Levesque et al. 2001; Prochaska et al. 2001). Anhand der vorgesehenen 5 Stufen ließ sich zum einen die Veränderungsbereitschaft untersuchen und inwieweit die Praxen bereits Veränderungen umgesetzt hatten. Der Fragebogen wurde im November 2014 an 2.454 ambulant operierende Ärzte verschickt und der Befragungszeitraum betrug sieben Wochen. Die Grundlage der Datenanalyse bildet eine deskriptive Auswertung der Items sowie eine thematische Zusammenfassung der offenen Fragen.

Ergebnisse: Die Teilnahmerate der Befragung lag bei 17% (N=405). Die Teilnehmer ließen sich größtenteils folgenden Fachrichtungen zuordnen: Chirurgie, Gynäkologie, Ophthalmologie, Dermatologie sowie Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde. Der Grad der systematischen Umsetzung der Handlungsempfehlungen liegt größtenteils bei über 50%, wobei einzelne Aspekte deutlich größere Herausforderungen in der Umsetzung aufwiesen. Besonders bereichert wurde die Studie durch direkte und offene Anmerkungen der ambulant operierenden Ärzte, die sich nutzen lassen, um weitere Handlungsempfehlungen zu entwickeln, wie bsp. zu Hygiene in ambulant operierenden Praxen.

Diskussionen: Strukturelle Veränderungen in der Gesundheitsversorgung führen dazu, dass sich die Situation niedergelassener Ärzte verändert: Die Anzahl der Einzelpraxen sinkt, MVZ, überörtliche Gemeinschaftspraxen werden gegründet sowie Kooperationen zwischen dem ambulanten und stationären Sektor gebildet. Dadurch nimmt die langjährige, persönliche Arzt-Patienten-Beziehung immer weiter ab. Des Weiteren steigt die Komplexität der Behandlungsmöglichkeiten (Wachter et. al. 2010). Die hier beschriebene Evaluation befasste sich mit einem innovativen Projekt zur Entwicklung und Verbreitung von Handlungsempfehlungen zur Patientensicherheit in der ambulanten Versorgung. Es wurde analysiert, welche Vorteile die Einrichtungen in der Umsetzung sehen und mit welchen Herausforderungen sie umgehen mussten.

Praktische Implikationen: Die Weiterverbreitung von Handlungsempfehlungen an weitere Regionen sowie an Hausärzte soll dieses Themenfeld auch im ambulanten Bereich bekannter machen. Gleichzeitig muss das Risikobewusstsein in der ambulanten Versorgung weiter gefördert werden.

Literaturangaben bei Autorin.