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Mindestmengen und Krankenhaussterblichkeit – Analyse der deutschlandweiten Krankenhausabrechnungsdaten von 2006 bis 2012
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Published: | September 22, 2015 |
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Hintergrund: Mit dem Ziel der Verbesserung der Versorgung wurden für die Durchführung bestimmter planbarer Eingriffe und Behandlungen in deutschen Krankenhäusern Mindestmengen festgelegt. Studien zur Umsetzung der Mindestmengenregelungen kamen zu dem Schluss, dass diese nahezu keinen Effekt auf die Versorgungsstrukturen in Deutschland hatten, da die Anzahl behandelter Fälle in Krankenhäusern mit einer Fallzahl unterhalb der Mindestmengenvorgabe nicht zurückgegangen ist (Dtsch Arztebl Int 2014; 111(33-34): 549-55 und 556-63).
Fragestellung: Diese Arbeit untersucht retrospektiv, ob die Einhaltung der Mindestmengenvorgabe einen Einfluss auf das Ergebnis der jeweiligen Krankenhausbehandlung hatte. Verglichen wurde jeweils die Sterblichkeit von Behandlungsfällen in Krankenhäusern mit Fallzahlen über der Mindestmenge mit der Sterblichkeit von Behandlungsfällen in Krankenhäusern, deren Fallzahl unter der Mindestmenge lag. Untersucht wurden die Leistungsbereiche Lebertransplantation, Nierentransplantation, komplexe Eingriffe am Ösophagus sowie am Pankreas, Knie-Totalendoprothesen und Stammzellentransplantation.
Methode: Datengrundlage sind die Mikrodaten der Fallpauschalenbezogenen Krankenhausstatistik (DRG-Statistik) der Jahre 2006 bis 2012. Darin wurden alle Behandlungsfälle identifiziert, die der Mindestmengenregelung unterliegen und die jährliche Fallzahl des jeweiligen Leistungsbereiches pro Krankenhaus berechnet. Solche Krankenhäuser, die ausschließlich Organentnahmen durchführten (bei Lebertransplantation und Pankreaseingriffen), sowie Krankenhäuser, die ausschließlich Kinder und Jugendliche behandelten (bei Ösophaguseingriffen und Stammzellentransplantationen), wurden aus der Analyse ausgeschlossen
Für jeden Leistungsbereich wurde jahresweise auf der Ebene der Kliniken bestimmt, ob die jeweilige Mindestmengenvorgabe erreicht wurde. Anhand dieser Information wurden die Behandlungsfälle zwei Untersuchungsgruppen zugeordnet:
- Fälle in Kliniken mit Fallzahl gleich oder größer der Mindestmenge (>=MM)
- Fälle in Kliniken mit Fallzahl unter der Mindestmenge (<MM)
Anhand logistischer Regressionsverfahren wurden adjustierte Sterblichkeiten berechnet. Hierbei wurden Alter, Geschlecht, Begleiterkrankungen und – je nach Leistungsbereich – spezifische Diagnosen oder die Ausdehnung des Eingriffes berücksichtigt.
Ergebnisse: Insgesamt wurden rund 7.100 Lebertransplantationen, 19.500 Nierentransplantationen, 25.000 Eingriffe am Ösophagus, 67.700 Eingriffe am Pankreas, 43.900 Stammzellentransplantationen und 968.500 Knie-Totalendprothesenimplantationen untersucht.
Die adjustierte Sterblichkeit in Krankenhäusern mit Fallzahl >=MM war signifikant geringer als in Krankenhäusern mit Fallzahl <MM bei Eingriffen am Ösophagus (9,3% [95% KI 8,9-9,8] vs. 11,9% [11,2-12,7]), Eingriffen am Pankreas (8,7% [8,4-8,9] vs. 12,1% [11,4-12,7]) und Knie-Totalendoprothesen (0,13% [0,12-0,14] vs. 0,19% [0,14-0,24]).
Bei Lebertransplantationen (15,6% [14,7-16,6] vs. 16,7% [13,3-20,6]) und Nierentransplantationen (1,7% [1,5-1,9] vs. 2,9% [1,7-4,5]) war die geringere Sterblichkeit in Krankenhäusern mit Fallzahl >=MM nicht statistisch signifikant. Bei Stammzellentransplantationen war die Sterblichkeit in Krankenhäusern mit Fallzahl >=MM signifikant höher als in Krankenhäusern mit Fallzahl <MM (6,0% [5,8-6,2] vs. 4,3% [3,5-5,4]).
Diskussion: Bei komplexen Eingriffen an Ösophagus und Pankreas sowie auch bei Knie-Totalendoprothesenimplantationen war die Sterblichkeit in Kliniken, die die Mindestmengenvorgabe erreichten, signifikant geringer. Bei Leber- und Nierentransplantationen wurde eine in der Tendenz geringere Sterblichkeit in Kliniken mit Fallzahl >=MM beobachtet. Hierbei muss beachtet werden, dass die Anzahl der Fälle in Kliniken mit Fallzahl <MM gering war und wichtige spezifische Informationen, wie z.B. das Alter des Organspenders, in den verwendeten Daten nicht verfügbar sind. Bei Stammzellentransplantationen war die Sterblichkeit in Krankenhäusern mit Fallzahl >=MM höher als in Krankenhäusern, mit Fallzahl <MM. Hier können unterschiedliche Grunderkrankungen eine Rolle spielen, deren Verteilung sich zwischen Häusern mit Fallzahl >=MM und <MM unterscheidet und die in der Risikoadjustierung nicht ausreichend berücksichtigt wurden.
Praktische Implikationen: Die Ergebnisse zeigen für fünf der sechs untersuchten Leistungsbereiche, dass sich bei Nichterreichung der Mindestmenge eine im Mittel erhöhte Sterblichkeit findet. Daraus lässt sich schließen, dass eine stringente Umsetzung der Mindestmengenregelung die Patientensicherheit bei diesen Eingriffen verbessern könnte. Neben der Optimierung der Kontrollmechanismen sollte auch eine zutreffendere Operationalisierung der einbezogenen Leistungen und der der Regelung unterliegenden Kliniken in Betracht gezogen werden.