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14. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

7. - 9. Oktober 2015, Berlin

Methodische Anforderungen an Lebensqualitätsdaten in der frühen Nutzenbewertung von Arzneimitteln: eine qualitative Analyse

Meeting Abstract

  • Christine Blome - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut für Versorgungsforschung in der Dermatologie und bei Pflegeberufen, Hamburg, Deutschland
  • David Lohrberg - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut für Versorgungsforschung in der Dermatologie und bei Pflegeberufen, Hamburg, Deutschland
  • Hidayet Metin - Janssen-Cilag GmbH, Neuss, Deutschland
  • Matthias Augustin - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut für Versorgungsforschung in der Dermatologie und bei Pflegeberufen, Hamburg, Deutschland

14. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 07.-09.10.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. DocP103

doi: 10.3205/15dkvf193, urn:nbn:de:0183-15dkvf1932

Published: September 22, 2015

© 2015 Blome et al.
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Text

Hintergrund: Seit Januar 2011 wird in Deutschland eine frühe Nutzenbewertung neuer Arzneimittel vorgenommen, die die vormals freie Preisgestaltung durch die Hersteller erheblich einschränkt. Dabei wird ein vom Hersteller eingereichtes Dossier zum Zusatznutzen gegenüber der „zweckmäßigen Vergleichstherapie“ vom IQWiG (bzw. bei seltenen Leiden vom G-BA) evaluiert. Die Entscheidung über den Zusatznutzen des Arzneimittels trifft der G-BA; sie ist Grundlage für Preisverhandlungen zwischen Hersteller und GKV-Spitzenverband. Lebensqualität (LQ) ist neben Morbidität, Mortalität und Nebenwirkungen eines der zentralen Kriterien der Bewertung, war aber bislang nur in fünf Fällen Grundlage für die Feststellung eines Zusatznutzens.

Fragestellung: Welche methodischen Erfordernisse werden in der frühen Nutzenbewertung an LQ-Daten gestellt?

Methode: Dokumente zu allen bis Ende 2013 abgeschlossenen frühen Nutzenbewertungen (Nutzendossier, Nutzenbewertung, Protokoll der mündlichen Anhörung, Tragende Gründe des G-BA) wurden in einer qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring analysiert. Hierfür wurden die Dokumente nach dem Begriff LQ durchsucht und relevante Textabschnitte extrahiert. Diese wurden von zwei Wissenschaftlern jeweils unabhängig voneinander auf ihren Kerninhalt reduziert; die Ergebnisse wurden anschließend gegenübergestellt und konsentiert. Schließlich wurden wiederkehrende Themen mit Bezug zur LQ-Methodik mit Hilfe von Schlagwörtern (Codes) systematisiert. Die Ergebnisse wurden anhand aller in 2014 abgeschlossenen Verfahren überprüft und ergänzt.

Ergebnisse: Aus den abgeschlossenen Verfahren konnten zahlreiche methodische Erfordernisse der Datenerhebung, -analyse, -darstellung und -interpretation herausgearbeitet werden, die deutlich über das hinausgehen, was in regulatorischen Dokumenten sowie im IQWiG-Methodenpapier spezifiziert ist. Die Institutionen bevorzugten diagnosespezifische Instrumente, die mit dem LQ-Verständnis des IQWiG übereinstimmen mussten. Die Validierung der Instrumente musste spezifischen Anforderungen genügen; auch für die Validierung und Anwendung von minimalen klinisch relevanten Differenzen sowie die Verankerung der LQ im Studiendesign ließen sich differenzierte Erfordernisse ableiten. Die Anforderungen der Institutionen waren über die Verfahren hinweg überwiegend konsistent; eine Ausnahme stellt der EQ-5D dar, der in jüngeren Entscheidungen nicht mehr als geeignetes LQ-Instrument angesehen wurde.

Diskussionen: Aus den bisherigen Verfahren der frühen Nutzenbewertung lassen sich differenzierte Anforderungen an LQ-Daten ableiten. Eine Nichtbeachtung dieser Anforderungen ist – neben der Nichterhebung der LQ – der Hauptgrund dafür, dass bislang erst in sehr wenigen Fällen ein Zusatznutzen hinsichtlich des Endpunkts LQ festgestellt wurde. Auch hat der G-BA bereits mehrere Entscheidungen mangels ausreichender Evidenz zur LQ zeitlich befristet.

Praktische Implikationen: Klinische Studien, die die Datenbasis für Nutzendossiers liefern, sollten die LQ entsprechend den methodischen Standards von IQWiG und G-BA erheben. Dies dürfte die Wahrscheinlichkeit eines Zusatznutzens sowie einer unbefristeten Entscheidung erhöhen.