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14. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

7. - 9. Oktober 2015, Berlin

Validierung des Proxy Alzheimer Disease Fragebogens (PAD) bei Angehörigen von Morbus Alzheimer-Patienten

Meeting Abstract

  • Fabian Kreimendahl - Institut für Empirische Gesundheitsökonomie, Burscheid, Deutschland
  • Denise Becka - Ruhr Universität Bochum, Abteilung für Allgemeinmedizin, Bochum, Deutschland
  • Bert Huenges - Ruhr Universität Bochum, Abteilung für Allgemeinmedizin, Bochum, Deutschland
  • Reinhard Rychlik - Ruhr Universität Bochum, Abteilung für Allgemeinmedizin, Bochum, Deutschland
  • Herbert Rusche - Ruhr Universität Bochum, Abteilung für Allgemeinmedizin, Bochum, Deutschland

14. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 07.-09.10.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. DocP015

doi: 10.3205/15dkvf186, urn:nbn:de:0183-15dkvf1864

Published: September 22, 2015

© 2015 Kreimendahl et al.
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Text

Hintergrund: Mehr als 1,3 Mio. Menschen in Deutschland sind von Demenzerkrankungen betroffen. Prognosen zufolge werden sich die Fallzahlen der Demenzerkrankung in der Gesellschaft in den Jahren bis 2050 nahezu verdoppeln. Bei dementiellen Erkrankungen handelt es sich um (neuro-)degenerative Erkrankungen, die insbesondere in fortgeschrittenen Stadien einen hohen bis permanenten Betreuungsbedarf aufweisen. In den ersten Erkrankungsstadien wird ein großer Anteil von Demenzpatienten im häuslichen Umfeld durch pflegende Angehörige oder Bekannte versorgt. Ausgehend von der These, dass die Pflege von Demenzpatienten durch Angehörige hohe physische und psychische Belastungen nach sich ziehen kann, wurde ein Fragebogen für Angehörige von Demenzerkrankten entwickelt. Mithilfe des Fragebogens wird der von Angehörigen subjektiv empfundene Nutzen der Therapie von Morbus Alzheimer erfasst, indem Angehörige verschiedene Nutzenaspekte (z.B. Pflegeaufwand, Stress, soziale Kontakte) nach persönlicher Relevanz beurteilen. Nach einem erfolgreichen Pre-Test wurde das Instrument im Rahmen des beschriebenen Vorhabens validiert.

Fragestellung: Stellt der Fragebogen „Proxy Alzheimer Disease“ (PAD) ein geeignetes Erhebungsinstrument zur Messung des subjektiven Nutzens der Therapie für pflegender Angehöriger von Demenzerkrankten dar?

Methode: Das Studiendesign umfasste die Validierung des Fragebogens sowie eine Reliabilitätsanalyse der Items mithilfe der Test-Retest-Methode. Die Erhebung erfolgte elektronisch mithilfe von Tablet-PCs. Insgesamt konnten 132 vollständige Dokumentationen pflegender Angehöriger von Demenzerkrankten in die Analyse einbezogen werden. Um Reliabilität und Validität des Fragebogens und der einzelnen Items zu prüfen, wurden Cronbach’s a berechnet sowie Korrelationsanalysen durchgeführt. Mithilfe einer Faktorenanalyse mit orthogonaler Rotation wurden zusätzlich mögliche Gruppierungen der Items geprüft.

Ergebnisse: Die p-Werte der t-Tests für verbundene Stichproben wiesen fast durchweg keine signifikanten Unterschiede der Mittelwerte zwischen den Messzeitpunkten auf. Die Mittelwerte der einzelnen Items korrelierten zwischen den Messzeitpunkten stark bis mittelstark, so dass eine hohe zeitliche Reliabilität der Items angenommen werden kann. Die starke positive und signifikante Korrelation von r=0,841 (p<0,01) spricht dafür, dass der Gesamtscore zu beiden Zeitpunkten dasselbe Konstrukt gemessen hat und es sich somit um ein valides Instrument handelt. Cronbach's a aller 25 Fragebogen-Items liegt mit einem Wert von 0,94 zu beiden Messzeitpunkten sehr hoch, was für eine hohe interne Konsistenz der Gesamtskala spricht. Die Faktorenanalyse ergab eine Zuweisung der Items zu vier Komponenten mit einem Eigenwert >1: „Psychische und physische Belastung“, „Verbesserung des Krankheitsbildes“, „Sozialleben“ und „Sicherstellung des Pflegesettings“.

Diskussionen: Ein vergleichbares Erhebungstool existiert im deutschen Sprachraum bislang nicht. Die existierenden generischen und krankheitsspezifischen Erhebungstools konzentrieren sich überwiegend auf die Erhebung der Lebensqualität von Demenzerkrankten selbst. Die Befragung von Angehörigen als Proxy erfolgt dabei überwiegend stellvertretend für Demenzerkrankte, wenn diese im Krankheitsverlauf nicht mehr in der Lage sind, sich zu artikulieren.

Schlussfolgerungen: Da die Zahl der dementiell erkrankten Patienten in Deutschland weiter steigt und Angehörige vielfach die erste pflegende Instanz sind, sollten deren Bedürfnisse bei der Wahl der Therapie zunehmende Bedeutung erlangen. Dies ist insbesondere deshalb relevant, um etwaige Überforderungen pflegender Angehöriger frühzeitiger zu erkennen und alternative Therapie- und Versorgungslösungen zu finden. Hierdurch ist es möglich, eine Verbesserung der Qualität in der Versorgung von Demenzerkrankten herzustellen sowie Unter- und Fehlversorgung von Demenzerkrankten zu erkennen und zu vermeiden.

Praktische Implikationen: Mithilfe des validierten Instrumentes ist es möglich, den Nutzen von Therapien bei Demenz für Angehörige zu erfassen und diese auch auf der Grundlage der Nutzenaspekte Angehöriger beurteilen zu können. Das Instrument wird zukünftig zu Beginn, bei Veränderungen der Therapieform sowie bei Zustandsveränderungen des Patienten eingesetzt werden können.