gms | German Medical Science

14. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

7. - 9. Oktober 2015, Berlin

Zugang zur stationären Kinder- und Jugendrehabilitation – Barrieren und Potentiale aus Sicht der ambulant tätigen Kinder- und Jugendärzte

Meeting Abstract

Search Medline for

  • Nadine Schumann - Institut für Medizinische Soziologie, Halle (Saale), Deutschland
  • Katharina Kasprzyk - Institut für Medizinische Soziologie, Halle (Saale), Deutschland
  • Matthias Richter - Institut für Medizinische Soziologie, Halle (Saale), Deutschland

14. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 07.-09.10.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. DocP079

doi: 10.3205/15dkvf176, urn:nbn:de:0183-15dkvf1768

Published: September 22, 2015

© 2015 Schumann et al.
This is an Open Access article distributed under the terms of the Creative Commons Attribution 4.0 License. See license information at http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Outline

Text

Hintergrund: Chronische Erkrankungen sowie Psychische und Verhaltensstörungen stellen ein steigendes Gesundheitsproblem bei Heranwachsenden dar [1]. Trotz hohem Rehabilitationsbedarf von Kindern und Jugendlichen, nimmt die Antragsstellung und Inanspruchnahme von stationären Rehabilitationsmaßnahmen über den Rentenversicherungsträger ab [2]. Erkenntnisse aus dem Bereich der Erwachsenenrehabilitation deuten auf verschiedene Problemdimensionen in der Rehazuweisung und Antragsstellung über die ambulant tätigen Ärzte hin [3], [4]. Ziel der vorliegenden qualitativen Untersuchung ist es, wahrgenommene Barrieren und Optimierungspotenziale im Reha-Zugang aus Perspektive der beteiligten Kinder- und Jugendärzte zu explorieren.

Fragestellung:

1.
Welche Barrieren existieren bei der Bedarfserkennung stationärer Rehabilitationsmaßnahmen auf Seiten der Kinder- und Jugendärzte (u.a. Wissensdefizite bzgl. trägerbezogener Zugangskriterien, ICF-Kriterien)?
2.
Mit welchen Herausforderungen sehen sich Ärzte beim Rehaantragsverfahren konfrontiert (u.a. Kommunikations-/Kooperationsbarrieren, aufwendige Antragsformulare, Ablehnungen)?
3.
Welche Möglichkeiten zur Optimierung des Antragsverfahrens bestehen aus Sicht der Kinder- und Jugendärzte, sowohl auf Seiten der Leistungsträger als auch auf Seiten der Ärzte selbst?

Methoden: Der Studie liegt ein exploratives qualitatives Studiendesign zugrunde, d.h. die empirische Datenerhebung erfolgt mittels 25 leitfadengestützter Einzelinterviews (face-to-face) sowie drei Fokusgruppendiskussionen mit niedergelassenen Kinder- und Jugendärzten aus Mitteldeutschland. Die Fragen des Leitfadens beschäftigten sich vor allem mit den gegenwärtigen Einstellungen, Problemen, Erfahrungen, und Informationsdefiziten der niedergelassenen Kinderärzte zur Antragsstellung und Zuweisung stationärer Kinderrehabilitationsmaßnahmen. Alle Gespräche wurden digital aufgezeichnet, transkribiert und werden aktuell mit MAXQDA11 inhaltsanalytisch ausgewertet.

Erste Ergebnisse: Häufig genannte Barrieren der Ärzte im Reha-Zugang begründen sich in der ausstehenden Rückmeldung des Trägers zur Antragsentscheidung, unklaren Trägerzuständigkeiten (GKV/DRV) und entsprechenden Zugangskriterien sowie intransparenten Entscheidungsgrundlagen. Ferner deuten sich motivationale Barrieren aufgrund des hohen zeitlichen Aufwandes der Antragsstellung an, insbesondere im Falle eines notwendigen Widerspruchsverfahrens sowie aufgrund negativer Erfahrungen mit hohen Ablehnungsraten in der Vergangenheit.

Diskussion: Ein Absinken rehabilitativer Leistungen ist vor dem Hintergrund steigender Prävalenzen chronischer und multimorbider Erkrankungsbilder bei Heranwachsenden als äußerst kritisch zu bewerten. Erste Ergebnisse deuten an, dass Kinder- und Jugendärzte mit verschiedenen Problemdimensionen im Antrags- und Zuweisungsverfahren konfrontiert sind. Bestehende Barrieren sind abzubauen sowie speziell pädiatrische Kompetenzen im niedergelassenen Bereich in der Rehazuweisung zu fördern.

Praktische Implikationen: Die Erkenntnisse der Studie werden im Rahmen einer zweiten Projektphase in adressatenorientierte Informations- und Weiterbildungskonzepte umgesetzt, bestehende Informationsmaterialien des Rentenversicherungsträgers zur stationären Kinder- und Jugendrehabilitation werden ergänzt sowie die Aufmerksamkeit des Themas bei den zuweisenden Kinder- und Jugendärzten erhöht.


Literatur

1.
Neuhauser H, Poethko-Müller C. Chronische Erkrankungen und impfpräventable Infektionserkrankungen bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland. Bundesgesundheitsbl. 2014;57(7):779-788.
2.
Deutsche Rentenversicherung Bund, Hrsg. Reha-Bericht. Update 2014. Die medizinische und berufliche Rehabilitation der Rentenversicherung im Licht der Statistik. Berlin; 2014.
3.
Pohontsch N, Träder JM, Scherer M, Deck, R. Empfehlungen zur Überwindung von Schnittstellenproblemen in der medizinischen Rehabilitation der gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung. Rehabilitation. 2013;52(05):322-328.
4.
Schubert M, Fiala K, Grundke S, Parthier K, Behrens J, Klement A, Mau W. Der Zugang zu medizinischer Rehabilitation aus Perspektive niedergelassener Ärzte – Probleme und Optimierungsmöglichkeiten. Phys Rehab Kur Med. 2012;22(05):264-270.