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14. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

7. - 9. Oktober 2015, Berlin

Evaluation des Modellprojekts Regionales Versorgungskonzept Geriatrie (RVG) – Strukturbildung und Patientennutzen

Meeting Abstract

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  • Charlotte Sahin - Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften, Bielefeld, Deutschland
  • Olaf Iseringhausen - Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften, Bielefeld, Deutschland
  • Kira Hower - DRK Soziale Dienste OWL gGmbH, Bielefeld, Deutschland

14. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 07.-09.10.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. DocFV87

doi: 10.3205/15dkvf147, urn:nbn:de:0183-15dkvf1471

Published: September 22, 2015

© 2015 Sahin et al.
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Hintergrund: Die Gestaltung der Gesundheitsversorgung, so die Annahme, ist eine regionale Angelegenheit. Gerade in ländlichen Regionen und vor dem Hintergrund des demografischen Wandels sind dabei die besonderen Bedarfslagen Älterer zu berücksichtigen. Medizinische und soziale Problemlagen vermischen sich, weshalb eine spezialisierte und segmentierte medizinische Versorgung oft zu kurz greift. Neue sektorenübergreifende Versorgungsstrukturen und -prozesse wie das „Regionale Versorgungskonzept Geriatrie“ (RVG) haben ein Akutkrankenhaus mit Klinik für Geriatrie und ein Ärztenetz gemeinsam entwickelt und erprobt. Kernstück bildet die fallbezogene, sektorenübergreifende Koordination und Steuerung älterer Menschen durch ein interdisziplinäres Case Managements (CM).

Fragestellung: Die formative Evaluation des Modellvorhabens geht der Frage nach, ob mit einem geriatrischen multidisziplinären und sektorenübergreifenden Versorgungsnetzwerk die Versorgung älterer, multimorbider Menschen in der eigenen Häuslichkeit verbessert und ihre Selbstständigkeit erhalten werden kann. Weiterhin wird analysiert ob und wie Netzwerkstrukturen etabliert und Ressourcen effizient genutzt wurden.

Methode: Es wurden gesundheitsbezogene Outcomes der Teilnehmenden sowie die Etablierung von Strukturen und Prozessen in einem explorativen Studiendesign mittels Methodenmix untersucht. Die Ergebnisdarstellung umfasst Patientenoutcomes (geriatrische Assessments zu zwei Messzeitpunkten von Case Managerinnen erhoben und dokumentiert, telef. Zufriedenheitsbefragung) anhand bivariater Analysen (N = 750, Sample n = 380) und Struktureffekte (Netzwerk- und Akzeptanzbildung, Implementationsprozesse) mittels qualitativer Methoden. Qualitative Daten wurden mit leitfadengestützten Experteninterviews erhoben und mit zusammenfassender, strukturierender Inhaltsanalyse nach Mayring ausgewertet.

Ergebnisse: Die geriatrischen Assessments zeigen, dass bei den Teilnehmenden hoher Unterstützungsbedarf für funktionale Einschränkungen besteht. Es sind keine Verschlechterungen der Selbstständigkeit (Barthel-Index) und der Alltagsfähigkeiten (IADL) innerhalb des 12-monatigen Beobachtungszeitraumes eingetreten. Die subjektive Einschätzung der körperlichen Gesundheit bleibt über den zeitlichen Verlauf stabil, das psychische Wohlbefinden ist signifikant verbessert worden (SF-12 Health Survey). Entsprechend der Zielsetzung wurde eine Verschlechterung des Gesundheitszustands vermieden und bestehende Fähigkeiten und Lebensqualität erhalten oder sogar verbessert. Es besteht eine hohe Akzeptanz und Zufriedenheit mit dem CM. Struktureffekte umfassen eine sektoren- und disziplinübergreifende Netzwerkbildung sowie Entwicklung eines geriatrischen Versorgungspfades.

Diskussion: Die Umsetzung des Versorgungsmodells Regionales Versorgungsmanagement Geriatrie hat in der Region die Versorgungsqualität nachhaltig verbessert, indem Versorgungsstrukturen vernetzt wurden und zu positiven Outcomes hinsichtlich Gesundheit und Selbstständigkeit geriatrischer Patienten beigetragen haben. Inwieweit das Versorgungsmodell zur Vermeidung der Inanspruchnahme nicht notwendiger Leistungen führen kann, müsste langfristig (mind. über fünf Jahre) mit dem Vergleich einer risikoadjustierten „Kontrollpopulation“ evaluiert werden. Hierzu bedarf es insbesondere der Bereitschaft mehrerer Kassen, entsprechende Daten zur Verfügung zu stellen.

Praktische Implikationen: Für die erfolgreiche Umsetzung eines solchen Versorgungsmodells sind aus Sicht der Autoren folgenden Aspekte:

  • Konsequente Fokussierung messbarer Nutzenpaarmeter,
  • Systematische Vernetzung des medizinischen Sektors mit Unterstützungs- und Beratungsinstitutionen,
  • Etablierung eines Vertrauensverhältnisses zwischen Akutkrankenhaus und Ärztenetz.