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14. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

7. - 9. Oktober 2015, Berlin

Telemedizin – Innovative Versorgungsstrategie in einem Universitätsklinikum

Meeting Abstract

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  • Christian Juhra - Universitätsklinikum Münster, Stabsstelle Telemedizin, Deutschland, Deutschland
  • Judith Born - Universitätsklinikum Münster, Stabsstelle Telemedizin, Deutschland, Deutschland
  • Jasmina Mamuzic - Universitätsklinikum Münster, Stabsstelle Telemedizin, Münster, Deutschland

14. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 07.-09.10.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. DocV100

doi: 10.3205/15dkvf125, urn:nbn:de:0183-15dkvf1254

Published: September 22, 2015

© 2015 Juhra et al.
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Hintergrund: Die zunehmende Digitalisierung des privaten und beruflichen Alltags wird auch im Gesundheitswesen zu erheblichen Veränderungen führen. Mit dem aktuellen Entwurf des sogennanten eHealth-Gesetzes sowie dem kürzlich verabschiedeten Versorgungsstärkungsgesetz will nun das Bundesgesundheitsministerium den Ausbau einer sicheren Telemedizin weiter voranbringen. Hier sind vor allem die Herausforderungen sicherer Datenaustausch, Zweitmeinung, Medikationsplan, Notfalldatensatz und Interoperabilität zu nennen.

Fragestellung: Um die Erwartungen an die Telemedizin zu erfahren, wurde an einem Universitätsklinikum eine Befragung der eigenen Kliniken und Departments, der zuweisenden Krankenhäuser sowie der niedergelassenen Zuweiser durchgeführt.

Methode: Es wurde an alle 55 internen Kliniken und Departments des Universitätsklinikums sowie an 66 externe Kliniken und 72 niedergelassene Praxen ein Fragebogen per Post geschickt, mit dem die Anforderungen sowie Wünsche der Befragten an eine geplante telemedizinische Vernetzung untersucht wurde. Die Befragung war anonym.

Ergebnisse: Insgesamt antworteten 33 der internen Kliniken und Departments, 32 externe Kliniken und 25 niedergelassene Praxen. Die Einführung eines online-Zuweiserportals wurde von allen mit mindestens 75% uneingechränkt befürwortet. Wichtig war allen Befragten die Einhaltung des Datenschutzes sowie die einfache Bedienung und Einbindung in die bestehende IT-Infrastruktur. Als wichtigste Funktion sahen die niedergelassenen Praxen die Möglichkeit einer online-Terminbuchung an (80%), noch vor dem elektronischen Arztbrief (52%). Für die internen Kliniken ist die Möglichkeit der Übermittlung von Vorbefunden das wichtigste Feature (75%). Für die zuweisenden Kliniken war der Zugriff auf Bilddaten die wichtigste Funktion (65%). Die Umfrage wird aktuell noch weiter ausgewertet.

Diskussion: Den Kliniken der Maximalversorgung kommt in der Telemedizin eine besondere Rolle zu. Aufgrund der zunehmenden Spezialisierung der Krankenhäuser kommt es zur einer weiteren Konzentrierung von Expertise an wenigen Kliniken. Dadurch steigt die Zahl der konsiliarischen Anfragen anderer Krankenhäuser an die Kliniken der Maximalversorgung und damit verbunden steigt der Bedarf an eine sichere Datenübermittlung zwischen den Krankenhäusern. Alleine im Monat Juli 2015 wurden beispielsweise Daten von über 400 Patienten online an das Universitätsklinikum übertragen.

Die Anforderungen an ein telemedizinsches Portal sind je nach Rolle des Befragten unterschiedlich. Allen gleich ist die Erwartung, dass Telemedizin bestimmte Prozesse vereinfachen kann. So stellte beispielsweise die Terminbuchung in Spezialsprechstunden des Maximalversorgers für viele niedergelassene Ärzte (und sehr wahrscheinlich auch für Patienten) ein großes Problem dar, da diese aktuell noch telefonisch erfolgt. Auf der anderen Seite fehlen bei Aufnahme der Patienten bisweilen Vorbefunde, so dass die Übermittlung von Vorbefunden die Arbeit in den Kliniken erleichtern könnte.

Betrachtet man die Entwicklung der bestehenden tele-radiologischen Netzwerke wie beispielsweise den Westdeutschen Teleradiologie-Verbund oder TKMed, so schliessen sich immer mehr Kliniken solchen Netzwerken an.

Praktische Implikationen: Um weiterhin wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen die Kliniken der Maximalversorgung sich auch im Bereich Telemedizin positionieren. Insbesondere wird von den Zuweisern die Möglichkeit des (Bild-)Datenaustausches und die Option der online-Terminbuchung erwartet. Aufgrund der gesetzlichen Anforderungen ist zudem zu erwarten, dass insbesondere spezialisierte Kliniken weitere Services für Patienten wie beispielsweise die Möglichkeit einer Zweitmeinung anbieten werden.

Dies bedingt eine entsprechende IT-Infrastruktur im eigenen Hause, die in der Lage sein muss, auch Daten zu verarbeiten, die aus externen Quellen kommen. Dies stellt hohe Anforderungen an den Datenschutz und ist nur umzusetzen, wenn Standards wie beispielsweise das DICOM-Format existieren und benutzt werden. Das eHealth-Gesetz geht hier schon in die korrekte Richtung, allerdings gibt es auch hier noch offene Fragen insbesondere im Bereich der Interoperabilität.

Neben den Fragen der Datensicherheit und Interoperabilität muss auch die Frage der Finanzierung telemedizinischer Leistungen geklärt werden. Auch hier werden mit dem eHealth-Gesetz erste Schritte unternommen, jedoch müssen noch eine Reihe weiterer folgen.

Da insbesondere im Bereich Zuweiserbindung und Patientenservice telemedizinische Dienstleistungen zunehmend von Kliniken der Maximalversorgung erwartet werden, sind diese gut beraten, bereits jetzt die Weichen in die richtige Richtung zu stellen.