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14. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

7. - 9. Oktober 2015, Berlin

Partizipativ forschen – forschend partizipieren: Eine Matrix zur Orientierung

Meeting Abstract

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  • Silke Kirschning - Deutsche Rentenversicherung Bund, Bereich Reha-Wissenschaften, Berlin, Deutschland

14. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 07.-09.10.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. DocV37

doi: 10.3205/15dkvf115, urn:nbn:de:0183-15dkvf1158

Published: September 22, 2015

© 2015 Kirschning.
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Hintergrund: Wenn 2016 das Bundesteilhabegesetz beschlossen werden wird, werden die Regelungen in der UN-Behindertenrechtskonvention auch im Sozialrecht verankert werden. Mit dem Bundesteilhabegesetz ist der Anspruch verbunden, die Teilhabe, Selbstbestimmung und Inklusion behinderter Menschen in allen Bereichen der Gesellschaft zu unterstützen. Die Beteiligung Betroffener an der Forschung ist ein Anliegen, das dem Grundsatz entspricht: „Nichts über uns ohne uns“.

Um sich auch in der Forschung von paternalistischen Strukturen zu verabschieden und Prozesse zu erleichtern, die Teilhabe und Inklusion tatsächlich ermöglichen, wurde eine Matrix für partizipative Forschung erarbeitet. Diese Matrix kann genutzt werden, um auf systematische Weise verschiedene Arten der Einbeziehung spezifizierter Personengruppen in das Forschungsgeschehen zu erörtern. Diese Erörterung kann erweitert werden durch den Bezug zu zentralen Phasen der Forschungsförderung und -durchführung.

Methode: Die Matrix zur partizipativen Forschung wurde 2014 vom Ausschuss Reha-Forschung von der Deutschen Vereinigung für Rehabilitation (DVfR) und der Deutschen Gesellschaft für Rehabilitationswissenschaften (DGRW) entwickelt und in einem Arbeitspapier zusammengefasst.

Das Arbeitspapier wurde in mehreren Runden mit ExpertInnen des Ausschusses im Konsensprinzip entwickelt und modifiziert.

Ergebnisse: Entscheidungen über die Art und Weise der Beteiligung Betroffener sollten in Abhängigkeit von der Forschungsfrage begründet getroffen werden. Die Matrix benennt fünf zentrale Phasen der Forschungsförderung und -durchführung. Dazu gehören: (a) die Formulierung von Forschungsbedarf, (b) die Projektplanung und Antragstellung, (c) die Begutachtung und Förderentscheidung, (d) die verschiedenen Phasen der Projektdurchführung und (e) die Publikation und Umsetzung der Ergebnisse. Für jede dieser Forschungsphasen kann die Art der Beteiligung unterschiedlich hoch sein. Es werden fünf Arten der Beteiligung unterschieden: (a) keine Beteiligung, (b) Beratung, (c) Mitwirkung, (d) Zusammenarbeit und (e) Steuerung.

Die Matrix kann sowohl genutzt werden, um auf systematische Weise verschiedene Arten der Einbeziehung spezifizierter Personengruppen in das Forschungsgeschehen zu erörtern als auch zur Dokumentation der Zusammenarbeit von Betroffenen und Forschenden.

Diskussion: Erfahrungen zeigen, dass partizipative Forschung nicht einfach ist. Zwei Aspekte seien beispielhaft genannt: WissenschaftlerInnen müssen die Sprache der Betroffenen verstehen, sie müssen ihre Anliegen in wissenschaftliche Fragestellungen übersetzen können. Dafür müssen die Bereitschaft und die Fähigkeiten vorhanden sein. Zudem dürfen Selbsthilfegruppen, -vereinigungen und -organisationen nicht unkritisch in Hinblick auf ihre Unabhängigkeit und mögliche Interessenkonflikte betrachtet werden.

Trotz verschiedener Herausforderungen öffnen sich wissenschaftliche Akteure zunehmend für partizipative Forschung, da durch sie die Relevanz von Forschungsergebnissen für die Versorgungspraxis erhöht werden kann. Deshalb ist die Weiterentwicklung dieser Methoden und Ansätze sowohl eine wissenschaftliche als auch eine förderpolitische Aufgabe.


Literatur

1.
Farin-Glattacker E, Kirschning S, Meyer T, Buschmann-Steinhage R. Partizipation an der Forschung – eine Matrix zur Orientierung. Ausschuss „Reha-Forschung“ der Deutschen Vereinigung für Rehabilitation (DVfR) und der Deutschen Gesellschaft für Rehabilitationswissenschaften (DGRW). 2014
2.
Supplement: Teilhabe und Teilhabeforschung. Die Rehabilitation. 2012.