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14. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

7. - 9. Oktober 2015, Berlin

Bewertung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität bei zeitgleicher Primär- und Sekundärtherapie im Kontext der onkologischen Ernährungsmedizin

Meeting Abstract

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  • Henrike Dunsche - Universität Bayreuth, Leipzig, Deutschland
  • Jürgen Zerth - Wilhelm Löhe Hochschule (WLH), International Dialog College and Research Institute (ICD), Fürth (Bay.), Deutschland

14. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 07.-09.10.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. DocFV70

doi: 10.3205/15dkvf071, urn:nbn:de:0183-15dkvf0712

Published: September 22, 2015

© 2015 Dunsche et al.
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Hintergrund: Mangelernährung tritt bei ca. 38 % der onkologischen Patienten auf, gefährdet die Toleranz für Antitumortherapien und verstärkt deren Nebenwirkungen. Auf diese Weise führt Mangelernährung nicht nur zu einer Verschlechterung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität (gLQ) und der Compliance der Patienten, sondern beeinflusst zudem die Heilungs- und Überlebensprognosen negativ. Die Ernährungstherapie als Sekundärtherapie ist somit eine gängige Ergänzung zur gleichzeitigen Antitumortherapie (Primärtherapie).

Fragestellung: Vor dem Hintergrund der Vielzahl an Möglichkeiten zur künstlichen Ernährung und der zunehmenden Bedeutung des Value for Money-Ansatzes, d. h. der Ermittlung eines Schattenpreises, werden die folgenden Fragestellungen untersucht:

a. Welches ist das optimale Verfahren zur Messung von Veränderungen der gLQ bei gleichzeitiger Primär- und Sekundärtherapie?
b. Welches Verfahren ist die Second Best Alternative zur Bewertung der gLQ wenn das Optimum zur gleichzeitigen Betrachtung der Primär- und Sekundärtherapie nicht durchführbar ist?

Methode: Zur Beantwortung dieser Fragen wurde eine systematische Literaturrecherche zu validierten Fragebögen und Messinstrumenten der gLQ im Kontext der Onkologie und Ernährungstherapie durchgeführt.

Ergebnisse: Zur Messung von Veränderungen der gLQ im Rahmen einer primären Antitumortherapie mit zeitgleicher sekundärer Ernährungstherapie, sind krankheitsspezifische Lebensqualitätsfragebögen erforderlich. Generische Instrumente weisen nicht die notwendige Sensitivität auf, um Veränderungen der gLQ in diesem spezifischen Umfeld zu messen. Vor dem Hintergrund des Value for Money-Ansatzes und entsprechender gesundheitsökonomischer Evaluationen ist zudem die Generierung einer einzigen Maßzahl und somit ein Indexinstrument erforderlich.

Es existiert kein optimaler Fragebogen im Sinne eines krankheitsspezifischen Indexinstrumentes zur Bewertung der gLQ im Kontext der Onkologie und der Ernährungstherapie, der für die deutsche Bevölkerung und Versorgungslandschaft validiert ist. Verfügbar sind hingegen Messinstrumente, die entweder den onkologischen oder den ernährungsmedizinischen Hintergrund berücksichtigen.

Diskussion: Neben der Entwicklung optimaler Messinstrumente sind zwei Vorgehensweisen denkbar: (1) Die Bewertung der gLQ erfolgt mit Hilfe zweier Fragebögen um sowohl die primäre Antitumortherapie als auch die sekundäre Ernährungstherapie zu berücksichtigen. Die Zusammenführung der Ergebnisse zu einer einzigen Maßzahl stellt in diesem Fall jedoch eine neue Herausforderung dar. (2) Zur Erfassung der gLQ wird lediglich ein Fragebogen verwendet. Es erfolgt somit entweder eine Fokussierung auf die Primärtherapie oder auf die Sekundärtherapie. Ausschlaggebend zur Entscheidungsfindung ist der Einfluss der jeweiligen Therapie auf die gLQ: Im Allgemeinen verfolgt die Primärtherapie ein kuratives Ziel, wohingegen die Sekundärtherapie der Verbesserung des Therapieerfolges und der Reduktion von Nebenwirkungen dient. Im speziellen Fall der onkologischen Ernährungstherapie sind die Ziele der Sekundärtherapie erweitert um die Verbesserung oder Stabilisierung des Ernährungszustandes und der gLQ. Die Verwendung eines Fragebogens zur Erfassung der gLQ, der lediglich den ernährungsmedizinischen Hintergrund berücksichtigt, ist somit ausreichend. In Analogie an eine Kostenminimierungsanalyse wird dann vom Zustand gleichen Outcomes in der Primärtherapie ausgegangen.

Die vorhandenen Fragebögen zur Bewertung der gLQ während einer Ernährungstherapie sind jedoch als Profilinstrumente konzipiert. Aufgrund der unterschiedlichen Gewichtungen der einzelnen Dimensionen ist eine Vergleichbarkeit der Ergebnisse hier nicht möglich. Für die Verwendung dieser Fragebögen im Rahmen einer gesundheitsökonomischen Evaluation ist folglich die Generierung einer Maßgröße, entsprechend eines Indexinstrumentes, erforderlich. Diese Aggregation ist diffizil, da zum einen Informationen über die Gewichtung der Dimensionen notwendig sind. Zum anderen ist die Sensitivität des Instruments gefährdet, sofern eine zu starke Komprimierung der Daten erfolgt. Dennoch ist dieses Vorgehen möglich, wie die Entwicklung des SF-6D basierend auf dem SF-36 zeigt.

Praktische Implikationen: Sofern krankheitsspezifische oder generische Profilinstrumente zur Messung der gLQ bereits entwickelt und validiert sind, ist eine Umwandlung in Indexinstrumente notwendig. Im Rahmen der Entwicklung neuer Fragebögen zur Bewertung der gLQ sind sowohl die Bedürfnisse der Medizin als auch die der Gesundheitsökonomie zu berücksichtigen. Möglich wäre dies, indem die Gewichtung der Dimensionen ein fester Bestandteil des Entwicklungsprozesses von Profilinstrumenten darstellt um einen späteren Einsatz in Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen zu vereinfachen.