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14. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

7. - 9. Oktober 2015, Berlin

Patientenkompetenz in der oralen Krebstherapie – Interventionsstudie in onkologischen Schwerpunktpraxen

Meeting Abstract

  • Christoph Riese - Wissenschaftliches Institut der Niedergelassenen Hämatologen und Onkologen - WINHO, Köln, Deutschland
  • Anja Beylich - Hämatologisch-Onkologische Praxis Altona, Hamburg, Deutschland
  • Manfred Welslau - Hämato-Onkologische Schwerpunktpraxis am Klinikum Aschaffenburg, Aschaffenburg, Deutschland
  • Uirassu Borges - Wissenschaftliches Institut der Niedergelassenen Hämatologen und Onkologen - WINHO, Köln, Deutschland
  • Astrid Klein - Wissenschaftliches Institut der Niedergelassenen Hämatologen und Onkologen - WINHO, Köln, Deutschland
  • Pablo Zamora - Wissenschaftliches Institut der Niedergelassenen Hämatologen und Onkologen - WINHO, Köln, Deutschland
  • Walter Baumann - Wissenschaftliches Institut der Niedergelassenen Hämatologen und Onkologen - WINHO, Köln, Deutschland

14. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 07.-09.10.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. DocFV29

doi: 10.3205/15dkvf057, urn:nbn:de:0183-15dkvf0571

Published: September 22, 2015

© 2015 Riese et al.
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Text

Hintergrund: Die ambulante onkologische Versorgung erfährt seit geraumer Zeit einen tiefgreifenden Wandel. Neue, oral applizierte Medikamente zur Krebsbekämpfung kommen in immer kürzeren Abständen auf den Markt. Die Einnahmevorschriften dieser Medikamente sind häufig komplex. Neben dem Toxizitätspotenzial bestehen Risiken von ungewollten Neben- und Wechselwirkungen mit anderen Substanzen. Komplikationen im Therapieverlauf, reduzierte Wirksamkeit oder vorzeitiger Therapieabbruch sind oft Folgen falscher Handhabung. Die orale Krebstherapie verändert die Rolle des Patienten. Sie stellt hohe Anforderungen an dessen Selbstmanagement und soziales Umfeld.

Fragestellung: Inwieweit kann die Patientenkompetenz von oralen Therapiepatienten in den Praxen durch eine zusätzliche schulende Beratung gestärkt werden. Welche strukturellen und organisatorischen Voraussetzungen sind notwendig, um onkologische Pflegekräfte und Medizinische Fachangestellte in den Beratungsprozess onkologischer Schwerpunktpraxen zu integrieren?

Methoden: Zur Teilnahme an der Studie wurden alle onkologischen Schwerpunktpraxen aus dem WINHO-Netzwerk eingeladen (n=220). Interventions- und Kontrollgruppe wurden auf Praxisebene randomisiert. Pflegekräfte der Interventionspraxen wurden durch eine Schulung vorbereitet und benutzten im Gespräch einen speziell für die orale Krebstherapie entwickelten Gesprächsleitfaden (MOATT – Oral Agent Teaching Tool der MASCC – Multinational Organisation of Supportive Care in Cancer). Patientenkompetenz wurde durch die Endpunkte Lebensqualität, Selbstwirksamkeitsüberzeugung, Therapieadhärenz, eingenommene Gesamtdosis, Unterbrechungs- und Abbruchrate, gesundheitsbezogene Belastungen und Patientenwissen operationalisiert und gemessen.

Ergebnisse: Insgesamt waren 28 onkologische Schwerpunktpraxen (n=195 Patienten) an der Studie beteiligt, 17 in der Interventions- (n=136 Patienten) und 11 in der Kontrollgruppe (n=59 Patienten). Die Patienten in der Interventionsgruppe waren im Durchschnitt 69 Jahre alt, zu 57% (n=78) weiblich und 43% (n=58) männlich. In der Kontrollgruppe betrug das durchschnittliche Alter 74 Jahre und die Patienten waren zu 48% (n=28) weiblich bzw. 52% (n=31) männlich. Erste Ergebnisse zeigen, dass vor allem eigenständige Unterbrechungen der Therapie durch den Patienten, ohne den Arzt oder die Praxis zu informieren, in der Kontrollgruppe deutlich häufiger (21mal) bzw. an 11% der Messzeitpunkten mitgeteilt wurden, als in der Interventionsgruppe (18mal, 4% der Messzeitpunkte).

Diskussion: Die Ergebnisse zeigen, dass die Patientenschulung durch speziell geschulte Pflegekräfte und Medizinische Fachangestellte einen entscheidenden Beitrag bei der Durchführung einer oralen Krebstherapie leisten kann. Die Patienten sind auf Komplikationen besser vorbereitet, unterbrechen daher seltener ihre Therapie und sind therapietreuer.

Praktische Implikationen: Die Rückmeldungen der Pflegekräfte und MFA, die an der Studie beteiligt waren zeigen, dass die Instrumente ausgereift und für den praktischen Einsatz geeignet sind. Sie vermitteln den schulenden Pflegekräften/ MFA vor allem Struktur und damit die benötigte Sicherheit im Patientengespräch. Die Patientenschulung mit dem MOATT soll durch eine entsprechende Fortbildung allen Praxen ermöglicht werden.