gms | German Medical Science

14. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

7. - 9. Oktober 2015, Berlin

Volume-Outcome Beziehung beim akuten Myokardinfarkt – Analyse der deutschland-weiten Krankenhausabrechnung von 2005 bis 2013

Meeting Abstract

  • Claire Bolczek - Technische Universität Berlin, Fachgebiet Strukturentwicklung und Qualitätsmanagement im Gesundheitswesen, Berlin, Deutschland
  • Ulrike Nimptsch - Technische Universität Berlin, Fachgebiet Strukturentwicklung und Qualitätsmanagement im Gesundheitswesen, Berlin, Deutschland
  • Martin Möckel - Charite Universitätsmedizin, Arbeitsbereich Notfallmedizin/Rettungsstellen, Berlin, Deutschland
  • Thomas Mansky - Technische Universität Berlin, Fachgebiet Strukturentwicklung und Qualitätsmanagement im Gesundheitswesen, Berlin, Deutschland

14. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 07.-09.10.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. DocFV45

doi: 10.3205/15dkvf042, urn:nbn:de:0183-15dkvf0422

Published: September 22, 2015

© 2015 Bolczek et al.
This is an Open Access article distributed under the terms of the Creative Commons Attribution 4.0 License. See license information at http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Outline

Text

Hintergrund: Kardiovaskuläre Erkrankungen stellen nach wie vor eine der häufigsten Todesursachen in Deutschland dar. Zudem ist eine steigende Prävalenz aufgrund der demographischen Entwicklung zu erkennen. Eine Betrachtung der Krankenhaussterblichkeit beim akuten Herzinfarkt kann Einblicke in die Versorgungslage bieten. Trotz einer insgesamt rückläufigen Sterblichkeit stellt sich die Frage, inwiefern es Unterscheide zwischen Krankenhäusern gibt.

Fragestellung: Wie stark ist der Volume-Outcome Effekt beim akuten Myokardinfarkt in Deutschland bei gleichzeitiger Berücksichtigung der zeitlichen Entwicklung?

Methode: Ausgewertet wurden die Daten der bundesweiten DRG-Statistik aus den Jahren 2005 bis 2013. Eingeschlossen wurden alle akutstationäre Behandlungsfälle mit einer Herzinfarkthauptdiagnose (I21 oder I22) und einem Alter >19. Aus anderen Akutkrankenhäusern zuverlegte Behandlungsfälle wurden ausgeschlossen, um die Auswertung auf Fälle im jeweils erstbehandelnden Krankenhaus zu beschränken. Die Krankenhäuser wurden anhand ihrer Fallzahl jahrgangweise in fünf annähernd fallzahlgleiche Gruppen eingeteilt („sehr niedrig“ bis „sehr hoch“). Zudem wurden sie den drei Regionsgrundtypen des Statistischen Bundesamtes zugeordnet: Agglomerations-, verstädterte- und ländliche Räume. Zur Berechnung der risiko-adjustierten Krankenhaussterblichkeit wurde eine logistische Regressionsanalyse durchgeführt. Berücksichtigt wurde Alter, Geschlecht, Infarkttypen und Begleiterkrankungen. Dargestellt wird das Standardisierte Mortalitätsverhältnis (Standardized Mortality Ratio, SMR).

Ergebnisse: Insgesamt wurden im Betrachtungszeitraum 1.616.402 Fälle mit dem akutem Myokardinfarkt identifiziert. Zwischen 2005 und 2013 ist die rohe Krankenhaussterblichkeit von 9,16% auf 8,87% im höchsten Fallzahlquintil und von 15,82% auf 11,15% im niedrigsten Quintil gesunken. Es ist eine deutliche Verbesserung in den unteren Fallzahlquintilen zu erkennen. Auch bei der SMR zeigt sich die geringer werdende Differenz. 2005 betrug die SMR in Krankenhäusern aus dem höchsten Fallzahlquintil 0,84 (0,81-0,87) und im Niedrigsten 1,09 (1,06-1,12). 2013 stieg sie im höchsten Quintil auf 0,95 (0,92-0,98) und im Niedrigsten auf 1,13 (1,10-1,16). Der hohe Wer der C-Statistik (0,825) spricht für ein robustes Modell.

Diskussion: Ein Volume-Outcome Effekt konnte beim akuten Myokardinfarkt beobachtet werden. Trotz der insgesamt rückläufigen Sterblichkeit, insbesondere im niedrigsten Fallzahlquintil, ist das Sterberisiko in Krankenhäusern mit hoher Fallzahl niedriger. Die SMR zeigt, dass die Krankenhaussterblichkeit in Klinken mit niedriger Fallzahl über dem Bundesdurschnitt liegt und die von Klinken mit hoher Fallzahl unter dem Bundesdurchschnitt. Die Einteilung der Krankenhäuser in die drei Regionsgrundtypen zeigt, dass auch im städtischen Bereich viele Klinken aus den unteren Fallzahlquintilen vertreten sind. Aufgrund der höheren Sterblichkeit in Klinken mit einer niedrigeren Zahl von Infarktpatienten, ist die Notwendigkeit von Infarktbehandlungen in diesen Klinken vor allem im Agglomerations- und verstädterten Raum zu hinterfragen. Es ist dabei neben Qualitätsgesichtspunkten auch zu bedenken, dass die für eine moderne Infarktbehandlung notwendigen Vorhaltungen in diesen Klinken oft nicht wirtschaftlich sein können.

Praktische Implikationen: Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass durch die Behandlung von Infarktpatienten in Klinken mit einer höheren Fallzahl, weitere Todesfälle vermieden werden könnten. Gleichzeitig würde auch die Wirtschaftlichkeit der Versorgung aufgrund der Reduktion vermeidbarer Vorhaltekosten verbessert. Aus diesem Grund sollte eine verstärkte Versorgungssteuerung für die Notfallversorgung des Herzinfarktes angestrebt werden. Infarktpatienten bzw. Brustschmerzpatienten sollten möglichst sofort in eine Klinik eingeliefert werden, die über eine auszureichende Erfahrung und Ausstattung verfügt. Für zunächst unklare Krankheitsbilder sind Versorgungsregeln hinsichtlich möglicher Verlegungen anzustreben. Eine gut koordinierte Abstimmung zwischen Notdienst und Krankenhäusern ist hierbei Voraussetzung.