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14. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

7. - 9. Oktober 2015, Berlin

Einfluss der Einschreibung in einem Disease-Management-Programm auf die Compliance von Brustkrebs-Patientinnen

Meeting Abstract

  • Kathrin Ziegelbauer - IMS Health, Frankfurt am Main, Deutschland
  • Johanna Engelhard - IMS Health, Frankfurt am Main, Deutschland
  • Lilia Waehlert - Hochschule Fresenius, Gesundheitsökonomie, Idstein, Deutschland
  • Ekaterini Pelekanos - Hochschule Fresenius, Gesundheitsökonomie, Idstein, Deutschland
  • Peyman Hadji - Krankenhaus Nordwest, Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Frankfurt am Main, Deutschland
  • Karel Kostev - IMS Health, Frankfurt am Main, Deutschland

14. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 07.-09.10.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. DocFV43

doi: 10.3205/15dkvf040, urn:nbn:de:0183-15dkvf0404

Published: September 22, 2015

© 2015 Ziegelbauer et al.
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Text

Hintergrund: Im Jahr 2002 wurden in Deutschland Disease-Management-Programme (DMP) eingeführt, die die Qualität der medizinischen Versorgung chronisch kranker Patienten gezielt verbessern sollten. Bisher gibt es zu wenige Studien, die den Erfolg von DMP beweisen konnten.

Fragestellung: Haben Brustkrebs-Patientinnen, die im DMP Brustkrebs eingeschrieben sind, eine signifikant bessere Compliance als Patientinnen in der Regelversorgung (RV)?

Methode: Daten von 46.581 Brustkrebspatientinnen (20.293 DMP und 26.288 RV) mit dem Beginn einer Hormonbehandlung (Tamoxifen, Aromatase-Hemmer) im Zeitraum zwischen Januar 2008 und Dezember 2013 aus 234 gynäkologischen Praxen in Deutschland (Disease Analyzer Datenbank; 11/2008 bis 12/2014) wurden retrospektiv analysiert. Der Hauptzielparameter war die Abbruchrate der Hormonbehandlung (Tamoxifen, Aromatase-Hemmer) innerhalb von drei Jahren nach dem Therapiebeginn. Der Therapieabbruch wurde definiert als ein Zeitraum von mindestens 90 Tagen ohne Hormontherapie. Für die Ermittlung des Effektes von DMP auf das Risiko des Therapieabbruchs wurde ein multivariates Cox-Regressionsmodell erstellt. Region (West- versus Ostdeutschland), Patientenalter sowie Begleitdiagnosen (Depression, Osteoporose, Thrombosen und Diabetes) wurden als Kovariablen aufgenommen. Ein p-Wert von <0,05 wurde als statistisch signifikant angesehen.

Ergebnisse: Zwischen DMP und RV-Patientinnen bestand kein signifikanter Unterschied in Bezug auf Alter (63 ± 12 versus 64 ± 12 Jahre) noch in Bezug auf die Initialtherapie (52% Tamoxifen in beiden Gruppen). Innerhalb von drei Jahren nach Therapiebeginn haben 51,1% der DMP-Patientinnen und 56,9% der RV-Patientinnen ihre Hormontherapie abgebrochen (p<0,001).

Ergebnisse des Cox-Regressionsmodels zeigen, dass die Brustkrebs-Patientinnen, die im DMP eingeschrieben waren, ein geringeres Risiko des Therapieabbruchs aufweisen, als Patientinnen in der RV (HR: 0,91, p=0,009). Das Abbruchrisiko war in Westdeutschland etwas höher als in Ostdeutschland (HR: 1,13, p=0,014). Für die weiteren Variablen ergaben sich keine signifikanten Effekte.

Diskussion/Schlussfolgerung: Die vorliegenden Ergebnisse bestätigen die Erkenntnisse bisheriger Studien, dass mehr als die Hälfte der Brustkrebspatientinnen ihre Hormontherapie frühzeitig unterbrechen. Der Einfluss von DMP wurde hingegen bisher noch unzureichend untersucht. Diese Studie beleuchtet zum ersten Mal den Unterschied zwischen Patientinnen in DMP versus RV und zeigt, dass Patientinnen in DMP ein geringeres Risiko haben die Therapie abzubrechen.

Mehrere Limitationen sind zu beachten. Die Datenbank enthielt keine gültigen Informationen zur TNM-Klassifikation. Weiterhin lag keine detaillierte Dokumentation der Nebenwirkungen der Behandlung vor, deren Ausmaß einen Einfluss auf Compliance haben. Daten zum sozioökonomischen Status und zu Lebensstil-bedingten Risikofaktoren waren nicht verfügbar. Patientinnen konnten nur in einer Praxis retrospektiv beobachtet werden. Wenn sie ein Rezept eines anderen Arztes erhalten hätten, was in Deutschland nicht üblich ist, so würden diese Rezepte nicht dokumentiert.

Insgesamt weist die vorliegende Studie darauf hin, dass die Beteiligung an Disease-Management-Programmen einen positiven Einfluss auf die Compliance von Brustkrebspatientinnen und damit möglicherweise auf den Therapieerfolg der Hormontherapie haben könnten. Dieser Zusammenhang und die Gründe hierfür müssen durch weiterführende Studien untersucht werden.

Praktische Implikationen: Kann der positive Einfluss von DMP auf die Compliance von Brustkrebspatientinnen durch weitere Studien wissenschaftlich untermauert werden, so könnte diese Evidenz Ärzten helfen die Patientinnen zu motivieren am DMP teilzunehmen. Dies wiederum könnte einen positiven Einfluss auf den Therapieerfolg haben. Des Weiteren könnten Krankenkassen durch diesen Zusammenhang die DMP für Ärzte attraktiver machen, die bisher noch nicht an den Programmen teilnehmen.