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14. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

7. - 9. Oktober 2015, Berlin

Versorgungsrealität von Patienten nach Entlassung aus der spezialisierten stationären Palliativversorgung

Meeting Abstract

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  • Stephanie Stiel - Universitätsklinikum Erlangen, Palliativmedizinische Abteilung in der Anästhesiologischen Klinik, Erlangen, Deutschland

14. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 07.-09.10.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. DocV82

doi: 10.3205/15dkvf023, urn:nbn:de:0183-15dkvf0231

Published: September 22, 2015

© 2015 Stiel.
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Hintergrund: Zunehmende und unterschiedliche Angebote von palliativmedizinischen Versorgungsstrukturen führen zu einem erschwerten Informationsfluss zwischen den Anbietern. Über die weiteren Versorgungsverläufe von Patienten nach Entlassung aus der spezialisierten stationären Palliativversorgung ist bisher nur wenig bekannt. Mit Hilfe dieser Studie sollen deshalb die Versorgungssituation und das Überleben von Patienten nach Entlassung aus einer stationären Palliativversorgung untersucht werden.

Fragestellung:

Wie lange überleben Patienten nach Entlassung?

In welchen Versorgungsstrukturen werden sie betreut?

Wie oft kommt es zu Wiederaufnahmen in Krankenhäuser oder zu anderen Versorgungswechseln?

Methode: Nach der Entlassung von Patienten von einer Palliativstation oder anderen Station mit Unterstützung eines Palliativmedizinischen Dienstes wurden die primären Weiterversorger der Patienten mittels vierwöchentlicher Telefonate bis zum Tode der jeweiligen Patienten um Informationen bezüglich Allgemeinzustand, Symptome und Probleme, Versorgerwechsel (VW), Überlebenszeit und Sterbeort gebeten. Zu diesem Informationsaustausch haben alle Patienten ihr schriftliches Einverständnis nach ausführlicher Erläuterung erteilt.

Ergebnisse: Die Verläufe von 245 Studienpatienten (52% weiblich, 48% männlich; Alter im Mittel: 65, Range: 21–94 Jahre) konnten bis zum Tode nachverfolgt werden. Die Mehrheit der Patienten wurde nach Hause (61%) entlassen (Hospiz: 20%, Pflegeheime 11%).

Mehr als die Hälfte der Patienten (56%) blieb bis zu ihrem Versterben im initialen Entlass-Setting. Die verbleibenden 44% der Patienten erlebten im Mittel 3,1 Versorgungswechsel (Range: 1–33). Die Anzahl der Versorgungswechsel ist bei Einbindung eines Teams der Spezialisierten Ambulanten Palliativversorgung (SAPV) niedriger, als bei Patienten ohne SAPV (1,87 vs. 0,88 VW, p<0,012).

Das mittlere Gesamtüberleben nach Entlassung betrug 52 Tage (Median: 24 Tage, Range: 1–488 Tage). Die meisten Patienten verstarben zu Hause (36%), in einem Hospiz (23%) oder auf einer Palliativstation (22%).

Diskussion; Dies ist in Deutschland die erste Studie zu Versorgungsverläufen nach Entlassung aus einer stationären Palliativversorgung. Insgesamt ist der Anteil an stabilen Versorgungen am Lebensende hoch. Dies ist ein Hinweis auf eine vorausschauende Versorgungsplanung und adäquate Auswahl von Versorgungsstrukturen für die Zeit nach Entlassung aus einer stationären Palliativversorgung. SAPV konnte Versorgungswechsel und Krankenhausaufnahmen zwar nicht gänzlich verhindern, aber deutlich vermindern. Gründe für Wechsel der versorgenden Einrichtungen müssen genauer untersucht werden.

Praktische Implikationen: Da das Gesamtüberleben der beobachteten Patientengruppe im Median nur sehr kurz war, scheinen Patienten erst spät Zugang zu palliativmedizinischen Behandlungsangeboten zu kommen. Hier sollten weitere Bemühungen stattfinden, um Patienten bei Bedarf auch in früheren Phasen ihrer Erkrankung an angemessene palliativmedizinische Versorgungsstrukturen anzubinden.

Die Erkenntnisse über den tatsächlichen Versorgungsverlauf und den Sterbeorten sollten zukünftig an den Patientenwünschen über den präferierten Sterbeort reflektiert werden.