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Ist die Betreuung durch Medizinische Fachangestellte in der Hausarztpraxis angekommen? MFA-, Ärzte- und Patientensicht in der Hausarztzentrierten Versorgung (HzV) in Baden-Württemberg
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Published: | September 22, 2015 |
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Hintergrund: Arzthelferinnen (AH) bzw. Medizinische Fachangestellte (MFA) unterstützen seit mehr als 50 Jahren Ärzte bei der Betreuung von Patienten. Lange Zeit bestand das Aufgabengebiet der AH überwiegend aus administrativen bzw. einfachen Tätigkeiten (z.B. EKG). Mit der Neugestaltung der Ausbildungsordnung für MFA 2006, ergab sich eine deutliche Aufgabenausweitung.
Die Delegation ärztlicher Tätigkeiten an nichtärztliches Praxispersonal und die Qualifikation von MFA wird seit einiger Zeit in Deutschland gefördert, woraufhin einige Qualifikationsmodelle gerade für MFA in der Hausarztpraxis entstanden sind. Im Rahmen der HzV wird speziell die Qualifikation der Versorgungsassistenten in der Hausarztpraxis (VERAH) gefördert.
Aktuelle Untersuchungen, inwieweit die Betreuung durch MFA im hausärztlichen Alltag angekommen ist, existieren nicht.
Fragestellungen:
- 1.
- Wie schätzen MFA in der HzV ihre Betreuungsleistung für die Patienten ein?
- 2.
- Wie binden Hausärzte in der HzV MFA in die Betreuung ein?
- 3.
- Wie nehmen HzV-Patienten die Betreuung durch die MFA wahr?
Methode: Innerhalb des Projekts „Evaluation der Hausarztzentrierten Versorgung (HzV) nach § 73 b SGB V in Baden-Württemberg (2013-2016)“ fand zwischen Nov. 2014 bis Jan. 2015 schriftliche Befragungen von MFA (mit oder ohne VERAH-Qualifikation), Ärzten und Patienten, die an der HzV in Baden-Württemberg teilnahmen, statt. MFA sollten dabei u.a. ihren Einfluss auf die Patientenbetreuung einschätzen (Likert-Skala 1-sehr gering bis 5-sehr hoch), Hausärzte gaben u.a. an, welche Tätigkeiten sie an MFA delegieren. Patienten beurteilten u.a. die Betreuung durch die MFA und wie zufrieden sie damit sind (Likert-Skala 1-schlecht bis 5-ausgezeichnet).
Es erfolgte eine deskriptive Auswertung unter Angabe von Häufigkeiten, prozentualen Anteilen, ggf. Mittelwerten und Standardabweichungen mithilfe des Statistikprogramm IBM SPSS Statistics Version 20.
Ergebnisse: Insgesamt nahmen 74 MFA (52,7%, n=39 mit VERAH-Qualifikation), 74 Hausärzte und 1.266 Patienten an der Befragung teil.
Fast alle MFA (98,6%, n=72) schätzten ihren Anteil an der Bindung der Patienten an die Praxen hoch/sehr hoch ein. Ihren Anteil am Wohlbefinden schätzten 86,5% (n=64), an der medizinischen Versorgung 78,4% (n=58) und am Heilungsprozess 50,0% (n=37) der MFA als hoch/sehr hoch ein.
Fast alle teilnehmenden Hausärzte delegierten medizinische Tätigkeiten (z.B. Blutentnahmen, Injektionen) (89,2%, n=66) und die Erhebung diagnostischer Parameter (z.B. Blutdruck- oder Blutzuckermessungen) (83,8%, n=62) an MFA. Weitere delegierte Tätigkeiten waren: Impfmanagement (65,3%, n=47), Austausch mit Einrichtungen im Gesundheitswesen (64,9, n=48), Unterstützung der Patienten bei der Koordination bzw. Organisation der Behandlung (64,8%, n=48) und Medikamentenmanagement (51,4%).
85,6% (n=1.017) der Patienten hatten das Gefühl, dass die MFA Zeit für sie hatte; hohes Vertrauen in mindestens eine MFA bestätigten 84,2% (n=995) und mindestens eine MFA in als kompetente Ansprechpartnerin fanden 72,3% (n=853) der Patienten; 65,9% (n=774) konnten sich vorstellen, dass die MFA noch weitere Aufgaben bei ihnen übernehmen.
Mit der Betreuung insgesamt durch MFA waren die Patienten sehr zufrieden (MW 4,52), auch mit der Möglichkeit, Probleme mit der MFA zu besprechen (MW 4,19).
Diskussion: Der zunächst vielleicht erstaunliche Einfluss, den die MFA auf die Patientenbetreuung wahrnehmen, wird durch folgendes Bild gestützt: Die befragten Hausärzte bezogen MFA zu einem hohen Anteil in die Betreuung der Patienten ein, dabei werden einfache medizinische Routinetätigkeiten delegiert, aber auch umfängliche Tätigkeiten der Beratung, die eine gute Kenntnis des Patienten voraussetzen. Beide Formen der Tätigkeiten unterstützen die Bindung zum Patienten. Die Patienten nahmen die MFA als eigenständige Ansprechpersonen in den Praxen wahr. Trotz teilweise eher niedrigschwelliger Tätigkeitsübertragungen durch die Ärzte an die MFA, beschrieben die Patienten ein hohes Vertrauen und sind bereit, auch Probleme mit den MFA zu besprechen.
Diese Studie ist die erste Untersuchung der Bedeutung der MFA in der hausärztlichen Praxis, die Sichtweisen von MFA, Hausärzten und Patienten integriert. Einschränkend muss gesagt werden, dass eine schriftliche Befragung immer das Risiko mit sich bringt, dass eher motivierte Praxismitarbeiter/innen und deren Patienten antworten.
Praktische Implikationen: Eine der Zukunftspositionen der DEGAM lautet „Die Hausarztpraxis der Zukunft ist eine Teampraxis". Arbeitsteilige Prozesse scheinen bereits in der Praxis angekommen zu sein, zumal in strukturierten Versorgungsprogrammen wie der HzV. So kann die gemeinsame Versorgung von HzV-Patienten durch ärztliches und nichtärztliches Personal erste Hinweise auf die Bedeutung der Versorgung im Team geben.