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14. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

7. - 9. Oktober 2015, Berlin

Tumorboards – wo bleibt der Patient?

Meeting Abstract

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  • Lena Ansmann - Institut für Medizinsoziologie, Versorgungsforschung und Rehabilitationswissenschaft (IMVR), Uni Köln, Köln, Deutschland

14. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 07.-09.10.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. DocV31

doi: 10.3205/15dkvf013, urn:nbn:de:0183-15dkvf0131

Published: September 22, 2015

© 2015 Ansmann.
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Hintergrund: Die Versorgung in der Onkologie ist komplex und erfordert die Zusammenarbeit vieler Spezialisten in multidisziplinären Teams. Eine zentrales Instrument multidisziplinärer Versorgung sind die in der Onkologie verbreitet eingesetzten Tumorkonferenzen. In multidisziplinären Tumorkonferenzen (MTK) werden die Diagnose und weitere Behandlung von Krebspatienten im Behandlungsteam diskutiert und daraufhin eine Behandlungsstrategie entwickelt. Die zum Behandlungsteam gehörenden Professionen werden dabei sehr unterschiedlich definiert; Patienten nehmen in der Regel nicht an der MTK teil.

In der onkologischen Versorgung wird wie auch in anderen Versorgungsbereichen eine stärker patientenorientierte Versorgung gefordert. Internationale Forschung zeigt jedoch, dass Patientenpräferenzen und -wünsche selten in die Behandlungsempfehlungen aus der MTK (i.d.R. ohne Patiententeilnahme) einfließen, sondern Entscheidungen fast ausschließlich aufgrund klinischer Informationen gefällt werden. Eine Möglichkeit zur Stärkung der Patientenorientierung in der Onkologie könnte die Einbeziehung von Patienten in die MTK sein. Demgegenüber stehen mögliche Risiken für die Patientinnen und Probleme der Machbarkeit im Klinikalltag. Die Studienlage zu Organisation, Machbarkeit sowie Risiken und Nutzen der Patiententeilnahme an der MTK ist jedoch spärlich und liefert keine gesicherten Erkenntnisse.

Fragestellung: Welche Patienten werden in MTK eingeladen, welche Patienten nehmen teil und was berichten die teilnehmenden Patienten über die Teilnahme an der MTK?

Methode: In der WORG OUT-Studie (Work Organization and Patient Outcomes) wurden Daten aus der jährlichen Patientinnenbefragung in den NRW-Brustzentren ausgewertet: Daten von 4.146 operierten Brustkrebspatientinnen aus dem Jahr 2013 und Daten von 4.194 operierten Brustkrebspatientinnen aus dem Jahr 2014. Die Patientinnen wurden mit dem Kölner Patientenfragebogen für Brustkrebs befragt. Die Daten wurden mittels Mehrebenenanalyse und mittels Regressionsanalyse analysiert.

Ergebnisse: Etwa 8% der Patientinnen wurden in die MTK eingeladen und etwa die Hälfte davon nahm tatsächlich teil. Die Einladung variierte nach soziodemografischen und erkrankungsbezogenen Merkmalen der Patientinnen. Die Patientinnenteilnahme war außerdem stark vom behandelnden Krankenhaus abhängig. Die Dauer der Patiententeilnahme wird im Mittel auf 20 Min. geschätzt und die Konferenz bestand im Mittel aus 5 weiteren Personen. 95% der an der MTK teilnehmenden Patientinnen hatten in der MTK die Möglichkeit, Ihre Meinung zur weiteren Behandlung zu äußern und 90% wurden in die Entscheidungsfindung einbezogen. 92% der Patientinnen haben es nicht bereut, an der Tumorkonferenz teilgenommen zu haben.

Diskussion: Die gewonnen Ergebnisse sind ein weiterer Schritt in der Erforschung der Patiententeilnahme an Tumorkonferenzen und liefern Informationen zur Selektion der Patientinnen, zur Struktur der Tumorkonferenzen mit Patiententeilnahme, zur Rolle der Patientin und zur Zufriedenheit mit der Teilnahme aus Patientensicht. Die Einladung und Teilnahme der Patientinnen an der MTK variiert nach Patientenmerkmalen und dem behandelnden Krankenhaus. Außerdem zeigt sich ein sehr heterogenes Bild bzgl. der Dauer und Teilnehmerzahl an der Tumorkonferenz. Die Einschätzung der Patientinnen bzgl. ihrer Partizipation und das seltene Bereuen der Teilnahme deuten auf eine hohe Zufriedenheit der Patientinnen hin.

Praktische Implikationen: Weitere Forschung zur Evaluation der Patientinnenteilnahme und der Machbarkeit aus Versorgersicht erscheinen notwendig, bevor eine Empfehlung für die Praxis ausgesprochen werden kann. Ein Forschungsprojekt hierzu ist in Planung.