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12. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

23. - 25. Oktober 2013, Berlin

Gesund im Beruf: Eine besondere Herausforderung für kleine und mittlere Unternehmen?

Meeting Abstract

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  • presenting/speaker Mirella Cacace - Leuphana Universität Lüneburg, Lüneburg, Germany
  • presenting/speaker Markus Wiencke - Leuphana Universität Lüneburg, Lüneburg, Germany

12. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 23.-25.10.2013. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2013. DocPO5-3-04-85

doi: 10.3205/13dkvf316, urn:nbn:de:0183-13dkvf3166

Published: October 25, 2013

© 2013 Cacace et al.
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Hintergrund: Der demographische Wandel in Deutschland führt zu einem sinkenden Arbeitskräfteangebot. Gleichzeitig entstehen der deutschen Volkswirtschaft durch krankheitsbedingte Ausfälle von Arbeitnehmern jährliche Kosten in Milliardenhöhe. Prävention, betriebliche Gesundheitsförderung und Eingliederungsmanagement bieten Ansatzpunkte, Krankheitskosten zu senken und Fachkräftemangel vorzubeugen. Besonders kleine und mittlere Unternehmen (KMU) mit relativ geringer Personaldecke und hohem Bedarf an Fachkräften profitieren daher von nachhaltigen Maßnahmen zum Erhalt der Gesundheit ihrer Mitarbeiter. Obgleich gesetzlich geregelt und finanziell gefördert, bieten KMU jedoch selten Maßnahmen zur aktiven Förderung der Gesundheit ihrer Mitarbeiter an.

Aus wissenschaftlicher Sicht besteht weitgehende Unkenntnis über die Ursachen für dieses Spannungsfeld, dessen Folgen und mögliche Abhilfe. Vor diesem Hintergrund untersucht das Projekt die Situation und das Umfeld von KMU in der Region Nordostniedersachsen. Dieses Wissen wird praxisrelevant in die Konzeption einer #Sozialen Unternehmensberatung# umgesetzt, die als Serviceeinheit KMU bei der Förderung der Gesundheit ihrer Mitarbeiter unterstützen soll.

Methodik: Der Forschungsansatz basiert auf einem Mix aus qualitativen und quantitativen Methoden. Zunächst untersuchen wir förderliche und hinderliche Bedingungen zur Umsetzung gesundheitsfördernder Maßnahmen in KMU. Insbesondere interessiert uns die Frage, wie präventives Verhalten zur Routine werden kann. Hierzu führen wir qualitative Einzel- und Gruppen-Interviews mit Arbeitgebern und Arbeitnehmern sowie mit regionalen und lokalen Akteuren aus Sozialversicherung, Handwerkskammer und Innungen. Wir ergänzen die repräsentative Ebene der Interviews durch teilnehmende Beobachtungen. Eine quantitative Studie befragt Arbeitgeber und Arbeitnehmer anhand einer Stichprobe von 100 Unternehmen in Nordostniedersachsen. Themen sind die Abschätzung der wirtschaftlichen Auswirkung von Erkrankung in den untersuchten KMU, der Stand der Durchführung von gesundheitsbezogener Maßnahmen, Interesse an und mögliche Motive für die Umsetzung gesundheitsfördernder Maßnahmen sowie bestehender Unterstützungsbedarf. Die Zusammenführung quantitativer und qualitativer Methoden schließlich konzentriert sich auf die Rolle der Unternehmensführung und Führungskräfte, deren Einstellung und Motivation. Ziel ist zu erkennen, welches führungsrelevante Voraussetzungen sind und wie die Motivation von Führungskräften gefördert werden kann, Maßnahmen zum Erhalt der Gesundheit der Mitarbeiter zu etablieren.

Ergebnisse: Die Situation der KMU ist von einer Versorgungslücke gekennzeichnet. Die wissenschaftliche Begleitung des Projekts zeigt dies anhand von qualitativen Interviews und der quantitativen Befragung von 100 Unternehmen in Nordostniedersachsen. Betrachtet man zunächst konkrete Arbeitssituationen, scheinen die Entscheidungen von Mitarbeitern hinsichtlich präventiven Verhaltens stark durch die Haltung ihrer direkten Vorgesetzten und Kollegen beeinflusst. Externe Akteure wie z.B. Betriebsärzten können über den persönlichen Beziehungsaufbau zur Reflexion der Arbeitsroutinen und anschließenden Verhaltensänderungen beitragen. Ferner besteht deutliches Interesse an der Gesunderhaltung der Mitarbeiter in den untersuchten KMU, insbesondere bei älteren Arbeitnehmern. Höhere Lohnkosten, Umsatz- und Produktionseinbußen sowie Störung von Arbeitsabläufen sowie höhere Belastungen der anderen Mitarbeiter sind die gravierendsten Folgen von Erkrankung. Unternehmensleiter in KMU sehen deutliche Vorteile von Prävention und betrieblicher Gesundheitsförderung. Auf der anderen Seite ist die Unterstützung durch lokale Akteure nur unzureichend und nicht flächendeckend gewährleistet. Unternehmer würden besonders von finanzieller Unterstützung und von qualifizierten Ansprechpartnern profitieren, insbesondere bei der Umsetzung von Prävention und betrieblicher Gesundheitsförderung in die Praxis.

Diskussion/Schlussfolgerung: Die Implementierung von betrieblicher Gesundheitsförderung und Prävention in KMU hängt maßgeblich von der Führungskultur und der Motivation der von Unternehmensleitung und Führungskräften ab. Gleichwohl reicht Motivation nicht aus, ein umfassendes und integriertes Angebot bestehend aus Prävention, betrieblicher Gesundheitsförderung und Eingliederungsmanagement anzubieten. Entscheidend ist, wie konsequent Führungskräfte und Mitarbeiter gesundheitsfördernde Maßnahmen umsetzen. Ebenfalls hilfreich sind finanzielle Mittel wie auch konkrete Unterstützungsangebote. KMU brauchen mehr Unterstützung, als ihnen bisher zuteilwird. Diesem Defizit kann durch die Etablierung einer Sozialen Unternehmensberatung begegnet werden. Diese sollte beratend tätig werden und ein breites Unterstützungsangebot (z.B. Trainings für Führungskräfte, Unterstützung bei der Eingliederung nach Erkrankung) entweder selbst bereithalten oder vermitteln.