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12. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

23. - 25. Oktober 2013, Berlin

Aufgabenneuverteilung und Versorgungsmanagement im Krankenhaus

Meeting Abstract

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  • presenting/speaker Renate Stemmer - KH Mainz, Mainz, Germany
  • presenting/speaker Martin Schmid - HS Koblenz, Koblenz, Germany

12. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 23.-25.10.2013. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2013. DocPO4-3-03-271

doi: 10.3205/13dkvf282, urn:nbn:de:0183-13dkvf2821

Published: October 25, 2013

© 2013 Stemmer et al.
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Hintergrund: Weitreichende gesellschaftliche Veränderungen erfordern innovative Lösungsansätze. Zu den propagierten Ansätzen im Krankenhaus gehören die Neuverteilung von Aufgaben zwischen den Berufsgruppen verbunden mit der Zielsetzung, das Potential professioneller Pflege besser zu nutzen sowie ein gezieltes Versorgungsmanagement einzuführen. Vielerorts werden organisatorische Veränderungen durchgeführt, die in diesem Kontext anzusiedeln sind. Allerdings werden ihre Auswirkungen in der Regel nicht systematisch und wissenschaftlich evaluiert, so dass vielfach offen bleibt, ob die jeweiligen Anstrengungen tatsächlich zielführend sind.

Methodik: Forschungsfrage: Welche Auswirkungen hat eine Umverteilung von Aufgaben zwischen den Berufsgruppen im Krankenhaus auf Versorgungsqualität, Mitarbeiterzufriedenheit sowie auf das Berufs- und Rollenverständnis der Pflegefachpersonen?

Die Intervention fand in drei Interventionsabteilungen mit ca. 200 Betten in drei Krankenhäusern statt. Die Evaluation erfolgte mit einem Vorher-Nachher-Design. Als Kriterien für Versorgungsqualität wurden die Patientenzufriedenheit (Kölner Patientenfragebogen; Pfaff et al. 2001) und die Dekubitusinzidenz (AQUA-Datensatz) erhoben. Die Erhebung der Mitarbeiterzufriedenheit erfolgte mit dem Copenhagen Psychosocial Questionnaire (COPSOQ) (Nübling et al., 2005) und dem Fragebogen zur Erfassung des Selbstkonzepts beruflicher Kompetenz (Bergmann, 2007). Berufs- und Rollenverständnis wurden in qualitativen Interviews erhoben und im Sinne der qualitativen Inhaltsanalyse nach Burnard (1991) ausgewertet. Die Zeitspanne zwischen t0 und t1 betrug 12 Monate.

Die Intervention bestand aus der Übertragung von Aufgaben aus dem Bereich Schmerzmanagement, Übelkeitsmanagement, Blutzuckermanagement, i.v.- Medikamentengabe nach Positivliste sowie dem Einsatz von PflegeassistentInnen und Servicepersonal. In organisatorischer Hinsicht wurde zusätzlich in zwei Häusern die Bezugspflege eingeführt.

Ergebnisse: Patientenbefragung (n= 1100),Rücklaufquote bei t0 und t1 jeweils 28%. Das Globalmaß der Patientenzufriedenheit blieb unverändert hoch (to:1,9 bei und bei t1: 1,7). Einzig in der Skala zum Ausmaß der Patientenfreundlichkeit des Tagesablaufes kam es zu einer signifikanten Veränderung und zwar im Sinne einer Verbesserung. Überprüfung auf Signifikanz mit dem T-Test und mit nichtparametrischen Testverfahren (Mann-Whitney-U-Test). Die Daten zur Mitarbeiterzufriedenheit (n= 199; Rücklauf ca. 50 %) blieben weitgehend unverändert. In zwei Krankenhäusern zeigen sich allerdings signifikante negative Veränderungen in einzelnen Skalen, u.a. in den Skalen Arbeitszufriedenheit und Rollenkonflikt. Auswertung mit nicht-parametrischen Testverfahren (Mann-Whitney-U-Test) auf signifikante Unterschiede. Der Qualitätsindikator zur Dekubitusinzidenz blieb zwischen 0,02 und 0,00.

Die Kategorien der qualitativen Auswertung wurden in die Themencluster: Selbstverständnis, Miteinander, Erwartungen an die Pflege und Arbeitsbedingungen unterteilt. Die Veränderungen im Selbstverständnis betrafen insbesondere den Zuwachs von Verantwortung; in den Cluster „Erwartungen an die Pflege“ in der Erwartung, dass die Pflege selbstständiger entscheidet und handelt. Im Miteinander zeigt sich eine vorsichtige Annäherung von Pflege und Medizin. Der wahrgenommene hohe Zeitdruck bleibt in dem Cluster „Arbeitsbedingungen“ bestimmend. Zusätzlich finden sich unklare Zuschreibungen von Verantwortung.

Diskussion/Schlussfolgerung: Die Implementierung von Bezugspflegekonzepten erhöht die Zuschreibung von Verantwortung an die Pflegefachpersonen sowohl für die Qualität der pflegerischen Versorgung als auch für den Versorgungsprozess und für den Einsatz und die Leistungen der Pflegeassistenz. Die Pflegefachpersonen haben diesen neuen Rollenzuschnitt angenommen und bewerten ihn für sich überwiegend positiv. Auch die Konkretisierung des Teilprojektes „Aufgabenneuverteilung“ zeigt insgesamt positive Effekte. Sowohl die Pflegefachpersonen als auch die interviewten ÄrztInnen beurteilen den neuen Aufgabenzuschnitt als zielführend im Sinne der Verbesserung der Patientenversorgung. Pflegefachpersonen agieren innerhalb der erweiterten Entscheidungs- und Handlungsspielräume selbstständig und übernehmen die ihnen zugewiesene Verantwortung. Die vorliegenden Daten zeigen aber auch, dass die Anforderungen an die Pflegefachpersonen steigen. Wenn sich gleichzeitig die Arbeitsbedingungen für die Pflege verschlechtern, können die Risiken für Unzufriedenheit mit der Arbeit, Überlastung und Rollenkonflikte anwachsen.

Für die Implementierung sowohl eines reorganisieren Versorgungsmanagements als auch einer Aufgabenneuverteilung gilt, dass derartige Schritte zwingend klarer Regelungen bedürfen.