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12. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

23. - 25. Oktober 2013, Berlin

IT-gestütztes Monitoring-System zur Vermeidung von unerwünschten Arzneimittelwirkungen – Erste Ergebnisse des Projektes MADRIC

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Johannes Gräske - Alice Salomon Hochschule Berlin, Berlin, Germany
  • presenting/speaker Andreas Worch - Alice Salomon Hochschule Berlin, Berlin, Germany
  • Annika Schmidt - Alice Salomon Hochschule Berlin, Berlin, Germany
  • Karin Wolf-Ostermann - Alice Salomon Hochschule Berlin, Berlin, Germany

12. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 23.-25.10.2013. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2013. DocPO4-1-07-92

doi: 10.3205/13dkvf265, urn:nbn:de:0183-13dkvf2657

Published: October 25, 2013

© 2013 Gräske et al.
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Text

Hintergrund: Mit der Zunahme älterer Personen steigt auch die Zahl multimorbider, pflegebedürftiger Menschen. Diese werden überwiegend in der eigenen Häuslichkeit versorgt, doch steigt der Anteil derer, die in stationäre Pflegeeinrichtungen umziehen. Ein Grund dafür stellen u.a. die hohe Anzahl verschriebener Medikamente dar. Damit rückt das Thema unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) auf Grund von Polypharmazie verstärkt in den Fokus der Versorgung in stationären Pflegeeinrichtungen. Wissenschaftlich werden Multimedikation und UAW bei älteren Menschen in Deutschland erst seit kurzem systematisch erarbeitet. In Pflegeheimen nehmen Bewohner/innen bis zu neun aktive Medikamentenwirkstoffe ein, im Mittel entstehen dadurch 4,6 UAW pro 100 Bewohnermonate. IT-gestützte Monitoring-Systeme gelten im Allgemeinen als Möglichkeiten zur Vermeidung von UAW. Allerdings fehlt bislang gänzlich systematisches Wissen zu direkten Auswirkungen von IT-gestützten Systemen zur Vermeidung von UAW in stationären Pflegeeinrichtungen, insbesondere in Bezug auf gesundheitsbezogene Outcomeparameter wie Lebensqualität, Stürze etc.. In dem Projekt MADRIC soll daher zunächst ein Überblick zu verfügbarem Wissen bzgl. Effekten von IT-gestützten Monitoring-Systemen erarbeitet werden. Darauf aufbauend soll untersucht werden, welche direkten und indirekten Effekte durch die Implementation eines IT-gestützten Monitoring-Systemen zur Vermeidung von UAW in stationären Pflegeeinrichtungen erzielt werden können.

Methodik: Im Rahmen des Projektes MADRIC wurde eine systematische Literatursuche Ende 2012 in den Datenbanken Carelit, Gerolit, Cinahl, PsychInfo und Pubmed durchgeführt. Die Suchbegriffe lauteten: "adverse drug reaction" AND "computer*" AND "care". Basierend auf den gewonnen Erkenntnissen wird in einer prospektiven kontrollierten Interventionsstudie in einer stationären Pflegeeinrichtungen mit angestellten Ärztinnen ein IT-gestützten Monitoring-Systemen zur Vermeidung von UAW implementiert. Dabei werden im Rahmen des Monitorings zusätzlich zu Interaktionen zwischen Wirkstoffen auch Wirkungen hinsichtlich bestehender Diagnosen überprüft. Als Kontrolleinrichtung dient eine vergleichbare Pflegeeinrichtung ohne IT-gestützte Arzneimittelverordnung. Die Wirkung auf Versorgungsoutcomes der Bewohner/innen erfolgte mittels standardisierter Erfassung von u.a. Lebensqualität, Alltagsfähigkeiten (RAI 2.0), Stürzen und Krankenhauseinweisungen. Die Datenerfassung erfolgt als face-to-face Interview mit betreuenden Pflegekräften der Einrichtungen. Die Auswertung der erhobenen Daten erfolgt unter Verwendung deskriptiver, explorativer und induktiver statistischer Verfahren. Alle Signifikanzprüfungen erfolgen zum Niveau p < 0,05.

Ergebnisse: Die Literatursuche ergab eine Gesamttrefferzahl von 161 Beiträgen. Nach Durchsicht der Titel und Abstracts, wurden zwölf Publikationen in die weitere Analyse eingeschlossen. IT-gestützte Monitoring-Systeme können erfolgreich in die tägliche Praxis in Krankenhäusern implementiert werden, allerdings müssen sie dafür vom ärztlichen und pflegerischen Personal akzeptiert werden. Mehrere Studien zeigen positive Effekte hinsichtlich der Reduktion von Krankenhauseinweisungen (n=8), Kosten von Medikamentengaben (n=6) oder Mortalitätsraten (n=4) jeweils im Vergleich mit einer Kontrollgruppe ohne Monitoring-System. Allerdings beziehen sich alle identifizierten Studien auf klinische Settings. Somit ist weiterhin unklar, ob solche Systeme zu einer Verbesserung der Versorgung von Bewohner/innen in stationären Pflegeeinrichtungen beitragen. Derzeit findet die erste Datenerhebung in der Interventions- sowie der Kontrollgruppe statt. Erste Ergebnisse hieraus werden auf der Konferenz präsentiert.

Diskussion/Schlussfolgerung: In der Literatur sind förderliche Effekte von IT- gestützten Monitoring-Systemen in der Versorgung von pflegebedürftigen Menschen im klinischen Alltag beschrieben. Das Projekt MADRIC knüpft daran an und leistet einen wichtigen Beitrag zur Erforschung der Versorgungssituation von pflegebedürftigen Menschen in stationären Pflegeeinrichtungen und trägt nachhaltig zur Verbesserung ihrer gesundheitlichen Versorgung bei. Die Ergebnisse bieten zudem die Grundlage für eine weitergehende Diskussion um eine bundesweite Verbesserung von Qualitätssicherungs¬konzepten in Bezug auf UAW in stationären Pflegeeinrichtungen.