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12. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

23. - 25. Oktober 2013, Berlin

Entwicklung, Validierung und Anwendung eines Routinedaten-gestützten Prädiktionsmodells für Krankenhauseinweisungen

Meeting Abstract

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  • presenting/speaker Christiane Haupt - WIdO, Berlin, Germany
  • presenting/speaker Christian Günster - WIdO, Berlin, Germany

12. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 23.-25.10.2013. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2013. DocPO3-3-11-75

doi: 10.3205/13dkvf250, urn:nbn:de:0183-13dkvf2502

Published: October 25, 2013

© 2013 Haupt et al.
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Hintergrund: Das Gesundheitssystem steht vor der Frage, wie die Ressourcenallokation effizient und gerecht gestaltet werden kann. Aufwändige Programme zur Krankenhaus-Fallvermeidung sind da angezeigt, wo eine Krankenhausaufnahme ohne Intervention wahrscheinlich ist.

Etwa 20% der Versicherten sind für 80% der Leistungsausgaben der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) verantwortlich. Hohe Leistungsinanspruchnahme wird oft durch Multimorbidität verursacht, bei der chronische Erkrankungen interagieren und dadurch zusätzlich in Kombination betrachtet werden müssen [1]. Risikomodelle können viele Variablen parallel berücksichtigen.

Ein Drittel der Leistungsausgaben verursachen Krankenhausaufenthalte [2]. Krankenhausaufenthalte sind jedoch zumindest teilweise vermeidbar [3]. In Großbritannien und den USA ist deshalb die Anwendung von Prädiktionsmodellen im Gesundheitswesen insbesondere zur Vorhersage von Krankenhauswiederaufnahmen verbreitet [4]. Für Deutschland wurde im WIdO ein Risikoprädiktionsmodell auf Grundlage von Krankenkassendaten entwickelt. Eine prädiktionsgestützte Fallauswahl für Maßnahmen des Versorgungsmanagements erfolgt dabei durch die individuelle Vorhersage der Likelihood of Hospitalization (LOH).

Methodik: Das Risikoprädiktionsmodell ALOH-A 2.1, Allgemeine LOH- und Ausgabenprädiktion, ist auf einer Stichprobe von 11,5 Millionen anonymisierten, über 3 Jahre durchgehend versicherten AOK-Versicherten erstellt worden und wertet Abrechnungsdaten aus der ambulanten und stationären Versorgung, Arzneimittel und Stammdateninformationen aus. Das Prädiktionsmodell weist jedem Versicherten dessen persönliche Wahrscheinlichkeit zu, in den nächsten zwölf Monaten stationär aufgenommen zu werden (Erst- und Wiederaufnahme).

Dabei wurden Klassifikationssysteme für ambulante und stationäre Diagnosen (ICDs), für Arzneimittel (ATCs) und andere Informationen entwickelt.

In einer logistischen Regression werden Gewichte für die LOH bestimmt. Die Modellgüte wird überprüft.

Ergebnisse: Die durchschnittliche Krankenhausaufnahmewahrscheinlichkeit LOH liegt bei 14,8% (Range 0,1-100%). Eine LOH ab 50 Prozent wie beim PPV berücksichtigt haben 3%. In Quintilen: LOH von 0-20 Prozent: 78,4%,20-40 Prozent: 16,2%, 40-60 Prozent: 3,9%, 60-80 Prozent: 1,2%, über 80 Prozent: 0,3%.

Eine LOH über 90 Prozent erreichen 0,1%, über 95 Prozent 0,05% und über 99 Prozent 0,01%. Die Varianzaufklärung, Sensitivität und PPV erreichen für das allgemeine Modell gute Werte im Vergleich mit dem englischen PARR-30-Modell und der deutschen CSSG von Verisk Health. R-Quadrat=0,18, die Sensitivität=0,11, der AUC= 0,75 und der PPV=0,58.

Bezogen auf Morbiditätsgruppen wie Herzinsuffizienz oder COPD ergeben sich höhere Sensitivitäten und R-Quadrate. Odds Ratios für die Einflussfaktoren werden allgemein und speziell für Morbiditätsgruppen vorgestellt.

Einsatzszenarien und erste Ergebnisse werden aufgezeigt.

Diskussion/Schlussfolgerung: Mit ALOH-A 2.1 wurde auf Basis einer multiplen logistischen Regression ein valides, auf Leistungsdaten einer Krankenkasse beruhendes Prädiktionsmodell für zukünftige Krankenhauseinweisungen entwickelt.

Ein Vergleich mit anderen vorliegenden Modellen zeigte höhere oder gute Gütekriterien. Die präventive Anwendung und die Überführung in Interventionen erfolgt in Einzelanwendungen.

Grundsätzlich weist die Prädiktion der LOH einige methodische Limitationen auf, da sich nicht alle Krankenhausaufenthalte in Routinedaten andeuten und wegen fehlender Informationen wie Familienstand und soft skills. Dennoch führt die Eingabe von 488 Variablen zu einer komplexen Einbeziehung unterschiedlichster Kombinationsmöglichkeiten dieser Klassifizierungen.

Auf Grundlage von Routinedaten werden Informationen zu der Aussage aggregiert, für wen die Krankenhausaufnahme wahrscheinlich ist. Im Ausblick für die Anwendung wird die Vermeidung von Krankenhausaufnahmen anvisiert. In Zusammenarbeit mit niedergelassenen Ärzten unterstützt das dargestellte Modell die Optimierung der Patientenversorgung.


Literatur

1.
Schäfer, et al. Multimorbididty patterns in the elderly: a new approach of disease clustering identifies complex interrelations between chronic conditions. ploS One. 2010;5(12).
2.
Günster, Klose, Schmacke. Versorgungsreport 2011. Schwerpunkt: Chronische Erkrankungen. Stuttgart: Schattauer Verlag. S. 320.
3.
Sundmacher, Busse. Der Einfluss der Ärtztedichte auf ambulant-sensitive Krankenhausfälle. In: Klauber, Geraedts, Friedrich, Wasem, Hrsg. Krankenhausreport 2012. Schwerpunkt: Regionalität. Stuttgart; Schattauer Verlag.
4.
Billings, et al. Development of a predictive modelt o identify inpatients at risk of re-admission within 30 days of discharge (PARR-30). BMJ Open. 2012.