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12. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

23. - 25. Oktober 2013, Berlin

Entwicklung und Machbarkeitstestung von Indikatoren zur Qualitätsbewertung der ADHS-Behandlung in Sozialpädiatrischen Zentren

Meeting Abstract

  • Marta Skrundz - Universität Witten, Institut für Gesundheitssystemforschung, Witten, Germany
  • Peter Borusiak - HELIOS Klinikum, Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Wuppertal, Germany
  • Karin Hameister - Lebenszentrum Königsborn, Sozialpädiatrisches Zentrum, Unna, Germany
  • presenting/speaker Max Geraedts - Universität Witten, Institut für Gesundheitssystemforschung, Witten, Germany

12. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 23.-25.10.2013. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2013. DocPO1-1-06-320

doi: 10.3205/13dkvf164, urn:nbn:de:0183-13dkvf1645

Published: October 25, 2013

© 2013 Skrundz et al.
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Text

Hintergrund: Am Krankheitsbild Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörung (ADHS) sind etwa 5% aller Kinder und Jugendlichen in Deutschland erkrankt. Entsprechend hoch ist der Bedarf an qualitativ fundierter Diagnostik und Behandlung, die in Deutschland in Sozialpädiatrischen Zentren (SPZ) stattfindet, sofern eine Behandlung durch geeignete niedergelassene Ärzte nicht möglich ist. Zur Überprüfung der Umsetzung leitlinienbasierter Struktur- und Prozessvorgaben sowie Ergebnisevaluation einzelner SPZ existiert bislang noch keine einheitliche Methodik. Hierfür werden exakt definierte Messgrößen im Sinne von Qualitätsindikatoren (QI) benötigt. Ziel der Studie war es, auf der Basis nationaler und internationaler Leitlinien zu ADHS solche Indikatoren zur Qualitätsbewertung von SPZ, begrenzt auf das Krankheitsbild ADHS, zu entwickeln und unter Einsatz des standardisierten QUALIFY-Instruments (Reiter et al. 2008) hinsichtlich Güte und Machbarkeit an ausgewählten SPZ zu erproben.

Methodik: Die Indikatorenentwicklung beruhte auf einer umfassenden Literatur-, Datenbank- und Leitlinienrecherche. Das resultierende QI-Rohset wurde mittels zweier Expertenbewertungsrunden nach modifizierter RAND/UCLA-Delphi-Methode (Brook, 1994) auf der Basis von Einschätzungen der Validität und Machbarkeit auf ein konsentiertes QI-Set reduziert. Die anschließende Piloterhebung erfolgte zwischen Januar und Mai 2013 an 9 SPZ. Für die QI-Berechnung notwendige retrospektive Daten wurden aus jeweils 20 zufällig ausgewählten Akten pro SPZ erhoben. Bis auf einen Standort, bestand zudem die Möglichkeit, auf das elektronische Patientendokumentationssystem zuzugreifen. Die berechneten QI-Werte wurden einer Güte- und Machbarkeitsprüfung unterzogen, hierzu wurden u. a. der Range für jeden QI und Konfidenzintervalle für die Ausprägungen in den einzelnen Einrichtungen berechnet. Die statistische Unterscheidungsfähigkeit wurde entsprechend dem im QUALIFY-Instrument konkretisierten Vorgehen beurteilt.

Ergebnisse: Die QI-Recherche erbrachte ein QI-Rohset von 95 Indikatoren, das im Konsentierungsprozess auf ein QI-Set von 39 QI reduziert wurde. Die 39 QI repräsentieren inhaltlich die Prozess-, Struktur-, sowie Ergebnisqualität in der Diagnostik und Behandlung von ADHS-Patienten in SPZ. In der Machbarkeitsprüfung erfüllten alle erhobenen Fälle das Kriterium (1) erstmalige Vorstellung des Patienten zur diagnostischen Abklärung eines ADHS. Je 10 der 20 Fälle erfüllten zudem das Kriterium (2) gesicherte ADHS-Diagnose nach Abschluss der störungsspezifischen Diagnostik im SPZ. Für die Berechnung der entwickelten QI notwendigen Daten konnten aus den Fallakten und dem Patientendokumentationssystem extrahiert werden. Bei variierenden Fallmengen zeigte sich hinsichtlich Diagnostik und Behandlung von ADHS eine große Versorgungsvariabilität zwischen den SPZ, was auch dem regional sehr unterschiedlichen Versorgungsauftrag und den Rahmenbedingungen geschuldet ist. Nicht alle erhobenen QI erfüllten das Gütekriterium einer ausreichenden statistischen Unterscheidungsfähigkeit.

Diskussion/Schlussfolgerung: Die Ergebnisse zeigen, dass eine leitlinienbasierte Qualitätsbewertung im Versorgungsbereich psychischer Störungen im Kindes- und Jugendalter in SPZ möglich und aufgrund augenscheinlich großer Versorgungsvariabilität sinnvoll ist. Dabei ist zu beachten, dass die Versorgungsunterschiede, neben Qualitätsunterschieden, auch regional unterschiedliche Versorgungsaufträge und Rahmenbedingungen der SPZ widerspiegeln könnten. Es resultiert nach der abschließenden Gütebewertung ein nochmals reduziertes QI-Set, welches im Kontext der praktischen Anwendbarkeit, des Versorgungsumfeldes und der bestehenden Notwendigkeit zur Schaffung einer validen Qualitätsbewertung der ADHS-Versorgung diskutiert werden muss. Aufgrund relativ geringer und schwankender Fallstichproben pro SPZ und Indikator können auf Basis der vorliegenden Daten keine abschließenden Qualitätsurteile formuliert werden. Mögliche weitere Schritte und nötige Voraussetzungen für die Implementierung leitlinienbasierter QI in die gängige Praxis von SPZ werden angeführt.