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12. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

23. - 25. Oktober 2013, Berlin

Die Anwendung telemedizinischer Versorgungskonzepte bei älteren Patienten – ein systematisches Literaturreview

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Neeltje van den Berg - Institut für Community Medicine, Greifswald, Germany
  • Maika Schumann - Institut für Community Medicine, Greifswald, Germany
  • Kathleen Kraft - Institut für Community Medicine, Greifswald, Germany
  • Wolfgang Hoffmann - Institut für Community Medicine, Greifswald, Germany

12. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 23.-25.10.2013. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2013. DocPO1-1-04-185

doi: 10.3205/13dkvf162, urn:nbn:de:0183-13dkvf1621

Published: October 25, 2013

© 2013 van den Berg et al.
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Hintergrund: Telemedizinische Versorgungs- und Monitoringkonzepte finden zunehmend Eingang in die medizinische Versorgung, insbesondere bei chronischen Erkrankungen. Dies betrifft in vielen Fällen ältere Patienten. In einem systematischen Literaturreview wurde untersucht 1) für welche Erkrankungen telemedizinische Konzepte bereits erprobt wurden, 2) welche Art von telemedizinischen Interventionen (z. B. Messungen von Vitalparametern, Videokonferenzen, telefonischen Kontakten) untersucht wurden, 3) für welche telemedizinische Konzepte die Machbarkeit bei älteren Patienten gezeigt wurde, 4) welche Probleme oder Limitationen identifiziert werden konnten und 5) welche Art von telemedizinischen Interventionen bei älteren Patienten positive Ergebnisse zeigten.

Methodik: Es wurden kontrollierte Studien eingeschlossen, durchgeführt zwischen 2007 und 2012, mit telemedizinischen Interventionen in der Häuslichkeit bei Patienten ab 60 Jahren. Weitere Einschlusskriterien waren: eine direkte Verbindung zwischen den Patienten in der Häuslichkeit und medizinischen Leistungserbringern (z. b. Ärzte, Pflegekräfte), das Vorliegen einer definierten medizinischen Diagnose oder Indikation sowie eine telemedizinische Intervention mit einem medizinischen Charakter (diagnostisch, therapeutisch, Monitoring, Sekundärprävention, Rehabilitation). Primärpräventive Interventionen wurden ausgeschlossen. Die Literatursuche wurde in den Datenbanken Pubmed, PsycInfo und Cochrane durchgeführt.

Ergebnisse: Nach Durchführung des Suchalgorithmus wurden 1.585 Studien gefunden, 68 davon erfüllten die Einschlusskriterien und wurden in die Auswertung aufgenommen.

Die telemedizinischen Interventionen betrafen in den meisten Fällen kardiovaskuläre Erkrankungen (N=37) und Diabetes (N=18). Bei 59 Studien (87%) konnte die telemedizinische Intervention als Monitoring kategorisiert werden, bei 19 Studien bestand die Intervention aus Monitoring und Therapie, bei 8 Studien nur aus Therapie.

Bei 24 Studien wurden Vitalparameter gemessen in Kombination mit regelmäßigen persönlichen Kontakten zwischen Leistungserbringern und Patienten. Bei 14 Studien bestand die Intervention nur aus persönlichen Kontakten (per Telefon oder Videokonferenz).

Bei 39 Studien wurde ein medizinischer Endpunkt analysiert. 19 Studien hatten gesundheitsökonomische Endpunkte wie Hospitalisierungsraten, Wiedereinweisung nach Krankenhausentlassung oder die Anzahl der Krankenhaustage während einer definierten Zeitperiode als Endpunkt. Bei 13 Studien wurde die Lebensqualität evaluiert. Bei neun Studien die Mortalität, ebenso bei neun Studien die Kosten oder die Kosteneffektivität.

Die Mehrheit der beteiligten Patienten lebte eigenständig in der eigenen Häuslichkeit und war in der Lage, die telemedizinischen Systeme selbständig zu nutzen.

Insbesondere Studien mit verhaltensbezogenen Endpunkten, z. B. Adhärenz zur Medikation/Diät oder Selbstwirksamkeit zeigten positive Ergebnisse. Im Vergleich etwas weniger gut schnitten Studien mit medizinischen Endpunkten (z. B. Mortalität, Blutdruckwerte), Lebensqualität und gesundheitsökonomische Endpunkten (z. B. Krankheitskosten, Hospitalisierung) ab.

Diskussion/Schlussfolgerung: Ein Einschlusskriterium für das Literaturreview war ein kontrolliertes Studiendesign. 56 der 68 eingeschlossenen Studien hatten ein randomisiertes Design, 5 Studien ein Design mit einer gematchten Kontrollgruppe. Bei den übrigen Studien wurden Patienten z.B. nach Wohnort der Interventions- oder Kontrollgruppe zugewiesen.

41 der Studien zeigten positive Ergebnisse für die Interventionsgruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe, bei 14 Studien gab es keine signifikante Unterschiede zwischen Interventions- und Kontrollgruppe, bei den restlichen Studien war die Ergebnisse gemischt. Auch wenn eventuell ein Publikationsbias vorliegt, zeigen diese Ergebnisse Potentiale für telemedizinische Versorgungskonzepte.

Ein Großteil der Studien nutzte für die Intervention aufwendige technische Lösungen (z. B. Videokonferenzen), die möglich eine Barriere für eine zukünftige Übernahme solcher Konzepte in die Regelversorgung sein könnten.

In 26 der 68 eingeschlossen Studien wurden Patienten mit für diese Altersgruppen charakteristischen Einschränkungen (z. B. kognitiven und visuellen Einschränkungen, Hörproblemen, Kommunikationsproblemen) ausgeschlossen, was die Übertragbarkeit der Ergebnisse auf die Gesamtbevölkerung einschränkt.

Weiterer Untersuchungsbedarf besteht bei der Untersuchung der Möglichkeiten, telemedizinische Systeme und Konzepte für individuelle Bedarfe und Ressourcen älterer Patienten zu modifizieren.