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12. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

23. - 25. Oktober 2013, Berlin

Risikofaktoren inzidenter Dekubitalulcera in der stationären Routineversorgung

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Thomas Petzold - Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung, Dresden, Germany
  • Maria Eberlein-Gonska - Zentralbereich Qualitäts- und Medizinisches Risikomanagement, Dresden, Germany
  • Jochen Schmitt - Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung, Dresden, Germany

12. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 23.-25.10.2013. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2013. DocKV14-171

doi: 10.3205/13dkvf150, urn:nbn:de:0183-13dkvf1503

Published: October 25, 2013

© 2013 Petzold et al.
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Text

Hintergrund: Die Brisanz der Dekubitusprophylaxe ist auch nach zwölf jährigem Bestehen des nationalen Expertenstandards Dekubitusprophylaxe in der Pflege bekannt und weiterhin ein aktuelles Thema für eine qualitativ hochwertige Patientenversorgung in deutschen Krankenhäusern. Dennoch fehlen aktuelle versorgungsepidemiologische Untersuchungen zu Häufigkeit, Schwere und Risikofaktoren von Decubitalulcera im stationären Versorgungsalltag.

Methodik: Die Nutzung von Routinedaten des Qualitätsmanagements ermöglicht die längsschnittliche Abbildung der tatsächlichen Versorgungsrealität zu Inzidenz und Risikofaktoren von Decubitalulcera in allen stationären Fachbereichen des Universitätsklinikums Dresden (UKD) sowie die Untersuchung der Performance des eingesetzten Risikoassessments mittels der Braden Skala. Datenbasis bilden alle vollstationären Fälle des UKD zwischen 01.01.2007 und 31.12.2011 (n=251.928). Anhand von logistischen Regressionsmodellen erfolgte die Ermittlung von Determinanten inzidenter Decubitalulce-ra während der stationären Behandlung. Mit Hilfe der Area under the curve (AUC) der Receiver Ope-rating Characteristic (ROC) wurde die Performance des Risikoassessments anhand der Braden Skala untersucht.

Ergebnisse: Insgesamt 1.914 Patienten entwickelten während des stationären Aufenthaltes einen inzidenten Dekubitus (Inzidenz: 0,78%). Bei Entlassung wurde in 784 der 1.914 inzidenten Fälle ein Dekubitus 1. Grades (41%), bei 915 Fällen (48%) ein Dekubitus 2. Grades, bei 157 Patienten (8%) ein Dekubitus 3. Grades und bei 58 Patienten (3%) ein Dekubitus 4. Grades diagnostiziert. Signifikant mit einem erhöhten Risiko für inzidenten Dekubitus während der stationären Therapie assoziiert waren das Patientenalter (Odds Ratio (OR) 1,03; 95%-Konfidenzintervall (95%-KI) 1,02-1,03 pro Jahr), der Braden Score (OR 1,19; 95%-KI 1,18-1,21 pro Abnahme um einen Punkt), die Verweildauer (OR 1,03; 95%-KI 1,031-1,033 pro Tag) sowie die Verlegung aus einer stationären Pflegeeinrichtung (OR 6,05; 95%-KI 5,13-7,11) oder von einem anderen Krankenhaus (OR 4,58; 95%-KI 3,90-5,39) verglichen mit der Aufnahme von zu Hause. Geschlecht und Erkrankungsschwere (PCCL) waren nicht mit dem De-kubitusrisiko assoziiert. Die Performance der Braden Skala variiert zwischen Normalstationen (AUC: 85%) und Intensivstationen (AUC: 69%).

Diskussion/Schlussfolgerung: Die Untersuchung zeigt, dass anhand von administrativen Kriterien (Alter, Verweildauer oder Herkunft des Patienten) zwischen Risikogruppen für inzidente Dekubitalulcera unterschieden werden kann. Auf Versorgungssituationen angepasste Risikoassessments sind notwendig, um differenzierte und korrekte Ableitungen zur Behandlung von Patienten mit Dekubitalulcera treffen zu können. Die Braden Skala zeigt auf Intensivstationen zunächst keine adäquate Performance. Da es sich um die Ergebnisse einer Universitätsklinik handelt, muss deshalb die Übertragbarkeit der Ergebnisse auf Kliniken der Regelversorgung überprüft werden. Die Ergebnisse zeigen die Notwendigkeit einer systematischen Evaluation der Dekubitusdokumentation auf, um die evidenzbasierte Weiterentwick-lung des Standards zur Dekubitusprophylaxe zu ermöglichen bzw. eine aufwandsorientierte Dekubi-tusdokumentation im Krankenhaus auf der Grundlage wissenschaftlich begründeter Ergebnisse etab-lieren zu können.