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12. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

23. - 25. Oktober 2013, Berlin

Der Zusammenhang zwischen Versorgungsqualität, Selbstmanagement und Mortalität bei Patienten mit Diabetes Mellitus Typ 2: Ergebnisse der populationsbasierten KORA-A-Studie

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Michael Laxy - Helmholtz Zentrum München, Institut für Gesundheitsökonomie, Neuherberg, Germany
  • Andreas Mielck - Helmholtz Zentrum München, Institut für Gesundheitsökonomie, Neuherberg, Germany
  • Matthias Hunger - Helmholtz Zentrum München, Institut für Gesundheitsökonomie, Neuherberg, Germany
  • Michaela Schunk - Helmholtz Zentrum München, Institut für Gesundheitsökonomie, Neuherberg, Germany
  • Christine Meisinger - Helmholtz Zentrum München, Institut für Epidemiologie II, Neuherberg, Germany
  • Ina-Maria Rückert - Helmholtz Zentrum München, Institut für Epidemiologie II, Neuherberg, Germany
  • Wolfgang Rathmann - Deutsches Diabetes-Zentrum, Heinrich-Heine-Universität, Düsseldorf, Germany
  • Rolf Holle - Helmholtz Zentrum München, Institut für Gesundheitsökonomie, Neuherberg, Germany

12. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 23.-25.10.2013. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2013. DocKV13-279

doi: 10.3205/13dkvf145, urn:nbn:de:0183-13dkvf1458

Published: October 25, 2013

© 2013 Laxy et al.
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Text

Hintergrund: Seit der St. Vincent Deklaration wurden große Anstrengungen unternommen, um die Versorgungsqualität für Diabetespatienten zu verbessern und deren Selbstmanagement zu stärken. Trotz der Verankerung von Selbstmanagement-Empfehlungen in einer Vielzahl nationaler Leitlinien ist der Zusammenhang mit gesundheitlichen Zielparametern bisher nicht hinreichend geklärt. In randomisierten Studien zeigte ein Training des Selbstmanagements bisher gemischte Effekte und beobachtende Quer- bzw. Längsschnittstudien liegen zu diesem Thema bisher nur wenige vor. Deskriptive Studien zeigen allerdings, dass das Selbstmanagement oftmals defizitär ist und unter anderem von der Versorgungsqualität determiniert wird. Ziel dieser Studie ist es, den Zusammenhang zwischen Versorgungsqualität, Selbstmanagement und relevanten Endpunkten anhand einer populationsbasierten Stichprobe von Diabetespatienten zu untersuchen.

Methodik: Die Analysen dieser Studie basieren auf Daten von 367 Patienten mit Diabetes Mellitus Typ 2 (Durchschnittsalter: 67.5 Jahre, 68% Männer) der KORA-A Studie (1997/98), welche über ein Interview, einen Selbstausfüllfragenbogen und medizinische Untersuchen erfasst wurden. Die Patienten wurden aus zwei MONICA/KORA-Gesundheitssurveys (Kooperative Gesundheitsforschung in der Region Augsburg) (n=172, Responserate=61.7%) und dem KORA Herzinfarkt-Register Augsburg (n=195, Responserate=71.4%) rekrutiert und der Überlebensstatus wurde bis 2009 verfolgt. Die Versorgungsqualität wurde anhand Selbstangaben zu erhaltenen medizinischen Leistungen in den vergangenen 6 bzw. 12 Monaten (Blutdruck- und Blutfettmessung, Augen- und Fußuntersuchung, Beratung zu Ernährung und körperlicher Aktivität) und dem Krankheitswissen über Diabetes (ausreichendes Wissen über Ernährung, Gewichtskontrolle, Blutzuckerkontrolle, körperliche Aktivität, Fußpflege und Diabetes allgemein) definiert. Für beide Konzepte wurde jeweils ein summativer Index zwischen 0 und 6 gebildet. Das Selbstmanagement wurde anhand eines bereits an dieser Stichprobe getesteten Compliance Index gemessen. Gutes Selbstmanagement zeichnet sich demnach durch Compliance in mindestens 4 von 6 Selbstmanagement-Dimensionen aus (Gewichts- und Blutzucker-Monitoring, Fußpflege, körperliche Aktivität, Führen eines Diätplans und eines Diabetes-Tagebuchs). Der Zusammenhang zwischen Versorgungsqualität und Selbstmanagement und zwischen Selbstmanagement und intermediären Zielparametern wurde anhand logistischer bzw. linearer Modelle geschätzt. Cox-Regressionen wurden für die Berechnung des adjustierten Sterberisikos verwendet.

Ergebnisse: Die Versorgungsqualität ist nicht signifikant mit den intermediären Outcomes HbA1c, Blutdruck, LDL-Cholesterin und Urin-Albumin-Kreatinin-Ratio assoziiert. Mit steigender Anzahl von erhaltenen Untersuchungen bzw. zunehmendem Krankheitswissen verbessert sich allerdings das Selbstmanagement (Odds Ratio=1,41; KI: 1,14-1,72 bzw. OR=1,52; KI: 1,10-2,09). Gutes Selbstmanagement ist wiederum mit einer besseren glykämischen Kontrolle assoziiert (Hba1c: 6,70% vs. 7,17%; p=0.02). Im Zeitraum bis 2009 verstarben 211 der 367 Patienten. Die multivariaten Cox-Modelle wurden für die Variablen Alter, Geschlecht, Schulbildung, Diabetesdauer, Insulintherapie, Raucher-Status, Body Mass Index, mikrovaskuläre Komorbiditäten und kardiovaskuläre Vorerkrankungen adjustiert. Das Sterberisiko wird nicht von der Versorgungsqualität beeinflusst, ist aber für Diabetespatienten mit gutem Selbstmanagement gegenüber dem von Patienten mit schlechtem Selbstmanagement um 37% verringert (Hazard-Ratio=0,63; KI: 0,42-0,95). Dieser protektive Effekt ist bei Patienten mit kardiovaskulärer Vorerkrankung (HR= 0,61; KI: 0,38-0,98) stärker ausgeprägt als bei Patienten ohne kardiovaskuläre Vorerkrankung (HR=0,75; KI: 0,30-1,80). Bei zusätzlicher Adjustierung für HbA1c, LDL-Cholesterin, Blutdruck und Albumin-Kreatinin-Ratio verändern sich die Schätzer und die Breite der Konfidenzintervalle nur marginal. Weitere Prädiktoren für eine erhöhte Mortalität sind das Alter, männliches Geschlecht, Insulintherapie, kardiovaskuläre Vorerkrankungen und ein hohes Albumin-Kreatinin-Verhältnis.

Diskussion/Schlussfolgerung: Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass gutes Selbstmanagement bei Typ 2 Diabetikern mit einer besseren glykämischen Kontrolle und einer höheren Lebenserwartung assoziiert ist. Zusätzlich besteht ein positiver Zusammenhang zwischen der Qualität der erhaltenen Versorgung, dem Wissen über Diabetes und der Compliance der Patienten. Trotz des beobachtenden Designs, und der dadurch eingeschränkten Möglichkeit für kausale Interpretationen, ist dies eine der ersten Studien, welche anhand empirischer Daten einen Rückschluss auf die Wichtigkeit des Selbstmanagements bei Patienten mit Diabetes zulässt. Diese Studie zeigt zudem, dass populationsbasierte Studien, und insbesondere solche mit langem Follow-Up, einen wichtigen Beitrag in der Versorgungsforschung leisten können.