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12. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

23. - 25. Oktober 2013, Berlin

Bestandsaufnahme zu Versorgungsdefiziten und Versorgungsmanagementprogrammen bei Multiple Sklerose in Deutschland

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Lennart Weegen - Lehrstuhl für Medizinmanagement, Essen, Germany
  • Lasse Korff - Lehrstuhl für Medizinmanagement, Essen, Germany
  • Sarah Mostardt - Lehrstuhl für Medizinmanagement, Essen, Germany
  • Sonja Ivancevic - Lehrstuhl für Medizinmanagement, Essen, Germany
  • Jürgen Wasem - Lehrstuhl für Medizinmanagement, Essen, Germany
  • Anke Walendzik - Lehrstuhl für Medizinmanagement, Essen, Germany

12. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 23.-25.10.2013. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2013. DocKV12-302

doi: 10.3205/13dkvf139, urn:nbn:de:0183-13dkvf1398

Published: October 25, 2013

© 2013 Weegen et al.
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Text

Hintergrund: Die Versorgung chronisch Kranker im deutschen Gesundheitswesen gilt als defizitär. Um die Qualität der Versorgung chronisch Kranker zu bessern und die Kosten der Versorgung zu senken, hat der deutsche Gesetzgeber seit Anfang der 1990er Jahre sukzessive neue Versorgungsformen in die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) eingeführt. An der chronischen Erkrankung Multiple Sklerose (MS) sind nach aktuellen Schätzungen zwischen 120.000 und 180.000 Menschen in Deutschland erkrankt [1]. MS hat eine hohe volkswirtschaftliche Bedeutung, welche sich unter anderem aus Frühberentungen, von denen etwa ein Drittel aller MS-Patienten betroffen sind [2], ergibt. MS weist zudem durch das breite Spektrum an neurologischen Symptomen die Notwendigkeit interdisziplinärer wie auch sektorübergreifender Versorgungsansätze auf. Vor diesem Hintergrund ist es Ziel dieser Studie, existierende Defizite in der MS-Versorgung zu identifizieren. Die Identifikation von Versorgungsdefiziten ist Grundlage für eine effiziente Gestaltung der Versorgung. In einem zweiten Schritt gilt es zu prüfen, inwieweit bereits Versorgungsmanagementprogramme für MS existieren, die solche Versorgungsdefizite adressieren.

Methodik: Zunächst wurde eine systematische Literaturrecherche zu Versorgungsdefiziten und Versorgungsmanagementprogrammen für MS in den medizinischen Datenbanken Embase und Scopus durchgeführt. Diese wurde anschließend um eine teilsystematische Internetrecherche ergänzt. Derzeit werden Experteninterviews zu Versorgungsdefiziten mit Vertretern von Krankenkassen, Interessenvertretungen von Leistungserbringern, medizinischen Fachgesellschaften, Patientenvertretern und weiteren Entscheidungsträgern des Gesundheitswesens durchgeführt. Zudem wird die Existenz und die inhaltliche Ausgestaltung von Versorgungsmanagementprogrammen bei den 40 größten gesetzlichen Krankenkassen mittels eines standardisierten Fragebogens abgefragt, womit eine Versichertenabdeckung von über 90% zugrunde liegt. Die Auswertung der empirischen Analysen wird in anonymisierter Form erfolgen.

Ergebnisse: Bisher liegen die Ergebnisse der systematischen und teilsystematischen Literaturrecherchen vor. Eine mangelnde Abstimmung an interdisziplinären und sektorübergreifenden Schnittstellen im Bereich der MS-Versorgung weist auf Defizite struktureller Art hin. Im Bereich der Diagnostik wird bemängelt, dass im Durchschnitt 3,5 Jahre vergehen, bis die Diagnose MS gestellt wird, obwohl neue Diagnoseverfahren und -kritierien eine Diagnosestellung innerhalb weniger Monate nach Einsetzen der Erkrankung erlauben. Im Bereich der Therapie werden bei MS ein zu geringer Einsatz immunmodulatorischer Basistherapie, eine zu hohe Abbruchquote bei dieser Therapieform sowie ein unzureichender Einsatz symptomatischer Therapien als Defizite genannt. Derzeit erfolgt die Auswertung der Fragebögen, deren Rücklaufquote bei 67,5% liegt. Die Durchführung der Experteninterviews soll Mitte Juni 2013 abgeschlossen sein.

Diskussion/Schlussfolgerung: Für MS werden in der Literatur zahlreiche Versorgungsdefizite genannt, sowohl struktureller Art als auch hinsichtlich Diagnose und Therapie. Mittels der Experteninterviews soll nun zum einen überprüft werden, ob diese Defizite von den an der Versorgung Beteiligten in dieser Form bestätigt werden, zum anderen soll erhoben werden, ob weitere Versorgungsdefizite existieren. Die Befragung der Krankenkassen zum Vorhandensein und der Ausgestaltung von MS-spezifischen Versorgungsprogrammen soll einen aktuellen Überblick darüber geben, inwieweit sich die gesetzlichen Kostenträger diesen Problemen bislang annehmen.


Literatur

1.
Reese JP, Dodel R, Kolominsky-Rabas P. Neurologie. In: Pfaff H, Neugebauer EAM, Glaeske G, Schrappe M, Hrsg. Lehrbuch Versorgungsforschung. Stuttgart: Schattauer; 2011. S. 382-387.
2.
Kobelt G, Berg J, Lindgren P, Fredrikson S, Jönsson B. Costs and quality of life with multiple sclerosis in Europe. J Neurol Neurosurg Psychiatry. 2006:77: 918-926.