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12. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

23. - 25. Oktober 2013, Berlin

Integrierter Versorgung für schizophren erkrankte Patienten – Erste Ergebnisse zur Inanspruchnahme stationär-psychiatrischer Behandlung

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Dorothea Büchtemann - Leuphana Universität Lüneburg, Lüneburg, Germany
  • Denise Kästner - Leuphana Universität Lüneburg, Lüneburg, Germany
  • Jörn Moock - Leuphana Universität Lüneburg, Lüneburg, Germany
  • Wulf Rössler - Leuphana Universität Lüneburg, Lüneburg, Germany

12. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 23.-25.10.2013. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2013. DocKV12-294

doi: 10.3205/13dkvf138, urn:nbn:de:0183-13dkvf1381

Published: October 25, 2013

© 2013 Büchtemann et al.
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Hintergrund: Integrierte Versorgungsmodelle sollen die Versorgung chronisch psychisch erkrankter Men-schen kooperativer, flexibler und effizienter gestalten. Für Menschen mit Schizophrenie wurde in Niedersachsen ein an Assertive Outreach orientiertes IV-Modell umgesetzt. Grundprin-zipien des Modells sind das Case Management durch ambulant-psychiatrische Pflegekräfte, die enge Kooperation zwischen niedergelassenen Psychiatern und ambulant-psychiatrischen Pflegekräften und Home Treatment (Bramesfeld et al. 2013). Eines der Ziele des Modells ist die Reduktion der stationären Inanspruchnahme. Im Folgenden soll anhand der ersten vorlie-genden Daten die Hypothese überprüft werden, ob Patienten, die an der Integrierten Versor-gung teilnehmen (Intervention = I) nach 1 Jahr weniger Krankenhausaufenthalte und weniger Krankenhaustage aufweisen als Patienten, die die Regelversorgung erhalten (Kontrollen = K).

Methodik: Patienten mit einer Diagnose nach ICD-10 F2 (Schizophrenie, schizotype oder wahnhafte Störung) wurden in einer prospektiven kontrollierten Studie über ein Jahr beobachtet. Einschlusskriterien waren mittlere bis schwere Funktionsbeeinträchtigungen (GAF >=60), Alter 18+, keine mittleren oder schweren kognitiven Beeinträchtigungen oder organisch-psychische Störungen, gute deutsche Sprachkenntnisse und Einwilligungsfähigkeit. Im Folgenden werden Ergebnisse aus Analysen einer Teilpopulation berichtet (N=272 bzw. 185 Personenjahre (pj)). Krankenhausaufenthalte wurden mit dem Client Service Receipt Inventory erfasst (CSSRI) (Roick et al. 2001).

Es wurden Inzidenzraten für psychiatrische Krankenhausaufenthalte jeweils für Intervention und Kontrollen berechnet einschließlich Raten für wiederholte Aufenthalte. Des Weiteren wurden jeweils die durchschnittliche Dauer eines Aufenthalts sowie die Krankenhaustage je Monat berechnet. Gruppenunterschiede wurden mittels der Inzidenzratendifferenz, U-Tests oder Chi2-Tests auf Signifikanz geprüft.

Ergebnisse: Die Stichprobe war 44,9 Jahre alt (SD=12,1) und überwiegend männlich (53,9%). Hinsichtlich dieser soziodemografischen Merkmale unterschieden sich Kontroll- (N=122) und Interventionspatienten (N=150) nicht (t=1,10, p=0,27; Chi2=0,01, p=0,92).

Baselineunterschiede hinsichtlich der Anzahl psychiatrischer Krankenhausaufenthalte (Chi2=0,11, p=0,74), der Aufenthaltsdauer (z=0,14, p=0,89) oder der Krankenhaustage pro Monat (z=0,34, p=0,73) wurden nicht festgestellt.

Innerhalb des Beobachtungszeitraumes wurden 20 Patienten stationär-psychiatrisch behandelt (I: 12, K: 8). Die Inzidenzraten beliefen sich auf 0,12/pj (I) bzw. 0,09/pj (K). Bei insgesamt 31 Krankenhausaufenthalten (I: 17, K: 14) betrug die totale Inzidenzrate somit 0,17 bzw. 0,16/pj. Die Differenzen der Inzidenzraten (ID) waren weder hinsichtlich der inzidenten Patienten noch der inzidenten Krankenhausaufenthalte statistisch signifikant (ID Patienten=0,04, CI=(-0,07; 0,12); ID Krankenhausaufenthalte=0,01, CI= (-0,11; 0,13). Die Aufenthalte dauerten im Mittel jeweils 28,0 (I) bzw. 33,9 Tage (K), wobei keine statistische Signifikanz vorlag (z=0,31, p=0,76). Die Anzahl der Krankenhaustage pro Monat betrug 0,43 (I) bzw. 0,48 (K) (z=-0,42, p=0,67).

Diskussion/Schlussfolgerung: Die vorliegenden ersten Ergebnisse deuten nicht darauf hin, dass die Intervention zu einer signifikanten Reduktion der Krankenhaustage führt. Dies könnte mit der insgesamt relativ niedrigen Krankenhausinanspruchnahme in beiden Gruppen zusammenhängen. In anderen Studien wiesen Patienten, die vergleichbare Interventionen erhielten, 0,05-5,11 und Patienten mit Regelversorgung 0,78-11,67 Krankenhaustage/Monat auf. Effekte der Intervention hinsichtlich der Reduktion von Krankenhaustagen zeigten sich umso eher und umso stärker, je höher die Krankenhausinanspruchnahme zur Baseline und im Studiensetting insgesamt war (Dieterich et al. 1996; Burns et al. 2007). Die beobachtete niedrige Krankenhausinanspruchnahme könnte ein Hinweis auf qualitativ gute ambulante Versorgungsstrukturen sein, von denen auch die Kontrollgruppe profitiert.

Auswertungen an der vollständigen Stichprobe müssen jedoch abgewartet werden, insbesondere im Hinblick auf die Signifikanz der Gruppenunterschiede und multivariate Analysen. Sollten die weiteren Ergebnisse der Evaluation für die Wirksamkeit der IV sprechen, wäre dies ein starkes Argument für die breitere Implementierung solcher Modelle.