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12. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

23. - 25. Oktober 2013, Berlin

Lebensqualität 12 Monate nach Polytrauma – Unterschiede durch traumaunabhängige Bedingungen

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Antonio Ernstberger - Universitätsklinikum Regensburg, Unfallchirurgie, Regensburg, Germany
  • presenting/speaker Sabrina Harpaintner - Universitätsklinikum Regensburg, Regensburg, Germany
  • Michael Nerlich - Universitätsklinikum Regensburg, Unfallchirurgie, Regensburg, Germany
  • Stephan Rath - Universitätsklinikum Regensburg, Unfallchirurgie, Regensburg, Germany

12. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 23.-25.10.2013. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2013. DocKV11-180

doi: 10.3205/13dkvf124, urn:nbn:de:0183-13dkvf1243

Published: October 25, 2013

© 2013 Ernstberger et al.
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Text

Hintergrund: Eine schwere Mehrfachverletzung zu durchleben ist für jeden polytraumatisierten Patienten ein einschneidendes Ereignis - physisch sowie psychisch.

Fokussierte man sich bei der Frage nach dem Outcome ehedem eher ausschliesslich auf die Heilung der Verletzungen und die körperliche Funktionstüchtigkeit, rückt seit einigen Jahren immer mehr die subjektive Wahrnehmung der Patienten und die psychische Verarbeitung in den Mittelpunkt.

Messinstrumente wie z.B. das Polytrauma Outcome(POLO)Chart, welches den SF36 und den EQ-5D beinhaltet und speziell für Traumapatienten entwickelt wurden, stehen zur Verfügung.

Es ist bekannt, dass polytraumatisierte Patienten 12 Monate nach Trauma unterhalb der Ergebnisse von Normstichproben (z.B. SF36) liegen.

Überdies zeigt die Literatur einen hohen Prozentsatz (bis zu 20%) von Trauma-Patienten auf, die an einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) leiden.

Ziel der Studie war es einerseits zu erfahren, wie sich die schwerstverletzten Patienten, die alle in einer bestimmten Klinik der Maximalversorgung behandelt wurden, bewerten, wie sie sich fühlen, wie das Outcome nach obigen Gesichtspunkten zu bewerten ist.

Andererseits stellte sich die Frage, ob es Kriterien für ein besseres oder schlechteres subjektives Outcome gibt.

Methodik: In der betrachteten Klinik der Maximalversorgung werden Trauma-Patienten zu den Zeitpunkten 6 Wochen, 3 Monate, 6 Monate und 12 Monate nachuntersucht.

Für die schwerstverletzten Patienten ist eine eigene Sprechstunde (Polytrauma-Sprechstunde) eingerichtet. Im Rahmen dieser Polytrauma-Sprechstunde wurde allen Patienten über einen Zeitraum von 2 Jahren ein Fragebogen in der Wartezeit ausgehändigt, welcher neben dem POLO-Chart weitere Fragebögen und einen Anamnesebogen enthielt.

Patienten, welche in der betrachteten Klinik behandelt wurden, aber nicht in die Polytrauma-Sprechstunde kamen, wurden nicht berücksichtigt.

20% der Sprechstunden-Patienten verweigerten das Ausfüllen des Fragebogens oder waren kognitiv nicht in der Lage, die Fragen zu beantworten.

Insgesamt konnten über den Zeitraum von 2 Jahren 61 Patienten zum Zeitpunkt 12 Monate post Trauma befragt werden.

Zur Auswertung herangezogen wurde der SF36. Zudem wurde der EQ-5D zur Gruppenbildung benutzt, wie auch die Angaben im Anamnesebogen. Zur statistischen Auswertung wurden der Mann-Whitney-U-Test und der Kruskal-Wallis-Test verwendet.

Ergebnisse: Die Studiengrundgesamtheit (n=61) bestand zu 69% aus Männern, das mittlere Alter betrug 31,5 +/-15,5 Jahre (min. 16, max. 81 Jahre), der mittlere ISS 27,6 +/-12,8.

Die Gesamtpopulation zeigt für alle physischen Dimensionen des SF 36 (Körperliche Funktionsfähigkeit (KÖFU), Körperliche Rollenfunktion (KÖRO), Körperliche Schmerzen (SCHM) und die Allgemeine Gesundheitswahrnehmung (AGES)) signifikant geringere Werte im Vergleich zur Normstichprobe. Im Bereich der psychischen Dimensionen (Vialität (VITA), Soziale Rollenfunktion (SOFU), Emotionale Rollenfunktion (EMRO) und Psychischem Wohlbefinden (PSYCH)) zeigten die Dimensionen SOFU und PSYCH keine signifikanten Unterschiede zur Normstichprobe.

In den Subgruppenanalysen konnte bezüglich des Geschlechts kein Unterschied gefunden werden.

Die > 50 jährigen berwerteten sich außer in AGES und VITA in allen Dimensionen signifikant schlechter, als die jüngeren Patienten.

Adipöse Patienten (BMI >=25) zeigten in den Dimensionen KÖFU, SCHM und SOFU signifikant niedrigere Werte als Patienten mit einem BMI < 25.

Patienten ohne Partnerschaft schnitten in KÖFU, KÖRO, SCHM, VITA, SOFU, EMRO und PSYCH signifikant besser ab als Patienten in Partnerschaften.

Keine Signifikanz zeigte sich im Bildungsabschluss, allerdings zeigt sich ein Trend, dass Patienten mit Haupt- und Realschulabschluss in allen Dimensionen den Abiturienten überlegen sind.

Kein Unterschied zeigte sich für die Gruppen Berufsunfall/kein Berufsunfall.

Patienten, die mit einem Arbeitsplatzwechsel rechnen, haben in den körperlichen Dimensionen signifikant geringere Werte und zeigen trendhaft schlechtere Werte in den psychischen Dimensionen. Erwartet ein Patient Arbeitslosigkeit, sind sowohl die körperlichen als auch die psychischen Dimensionen signifikant vermindert.

Zeigt der Patient in einem Fragebogen bzgl. Depression auffällige Werte, korreliert dies mit signifikant schlechteren Einschätzungen im SF36. Ebenso korreliert die Selbsteinschätzung der eigenen Heilungschancen und der Selbsteinschätzung des POLO-Chart mit dem SF36.

Diskussion/Schlussfolgerung: In der betrachteten Studienpopulation schnitten die Patienten in den psychischen Dimensionen besser ab als von der Literatur her zu erwarten war.

Äußere, traumaunabhänige Umstände nehmen Einfluss auf die Lebensqualität der Patienten, wobei hier kein Gender-Effekt nachgewiesen werden konnte.

Unterschiedliche Fragebögen korrelieren.

Ein Wissen um die Lebensumstände des Traumatisierten und eine individuelle Führung des Patienten sind unserer Ansicht nach absolut notwendig in der Nachbehandlung der Schwerstverletzten um das bestmögliche Outcome bei den Patienten zu erreichen.