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12. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

23. - 25. Oktober 2013, Berlin

Wie beurteilen Bürgerinnen und Bürger die Verständlichkeit von Online-Informationen zur Darmkrebsfrüherkennung durch Koloskopie?

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Inga Kreusel - Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Germany
  • Gabriele Seidel - Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Germany
  • Maren Dreier - Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Germany
  • Birgit Borutta - Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Germany
  • Ulla Walter - Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Germany
  • Marie-Luise Dierks - Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Germany

12. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 23.-25.10.2013. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2013. DocFV12-333

doi: 10.3205/13dkvf117, urn:nbn:de:0183-13dkvf1178

Published: October 25, 2013

© 2013 Kreusel et al.
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Text

Hintergrund: Die Verständlichkeit von Gesundheitsinformationen ist eine Voraussetzung für eine informierte Entscheidung der Nutzerinnen und Nutzer zur Teilnahme an Krebsfrüherkennungsmaßnahmen. Da das Internet zunehmend als Informationsmedium genutzt wird, war es das Ziel der Studie, die Verständlichkeit, die Struktur, das Design sowie die Wirkung und Glaubwürdigkeit von deutschsprachigen Internetseiten unterschiedlicher Anbieter zum Thema Darmkrebsfrüherkennung mit einem von den Autoren entwickelten Bewertungsprozess aus der Sicht von Bürgerinnen und Bürgern zu erfassen.

Methodik: Die zu testenden Internetseiten werden nach Anwendung drei verschiedener Suchstrategien (1. systematische Internetrecherche, 2. Suchstrategie von Bürgerinnen und Bürgern und 3. Ermittlung von Websites, die von bekannten Anbietern von Printmedien erstellt wurden) und nach Ausschluss von Duplikaten ermittelt (n=36). Um die Websites in den Nutzertestungen zu integrieren, müssen folgende inhaltliche Kriterien erfüllt sein: Sowohl Nutzen und Risiken der Koloskopie werden dargestellt, FOBT wird als Alternativverfahren genannt, der überwiegende Teil der Website thematisiert die Früherkennung. Diese Definition erfolgte durch fünf Experten unabhängig voneinander im Konsensverfahren. Für die Bewertung in den Nutzertestungen bleiben 10 Internetseiten.

Die 10 Materialien sollen von Nutzerinnen und Nutzern, die sich in einem anspruchsberechtigten Alter einer Koloskopie befinden (zwischen 55 und 70 Jahren) im Rahmen von 6 strukturierten Gruppendiskussionen á 5 Teilnehmer analysiert werden. Die Rekrutierung der Testpersonen erfolgt über einen bestehenden Adressenpool der Forschungseinrichtung (ca. 300 Personen die über einen Internetzugang verfügen).

Jede Internetseite wird in zwei Gruppen getestet. Die Zuordnung der Internetadressen erfolgt nach dem Zufallsprinzip. Es gibt zwei Männer-, zwei Frauengruppen und zwei gemischtgeschlechtliche Gruppen. Die Testungen werden aufgezeichnet und transkribiert. Die Auswertung erfolgt auf der Basis einer zusammenfassenden qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring mit dem Softwareanalyseprogramm MAXQDA.

Ergebnisse: In die Nutzertestungen waren 27 Testleserinnen und Testleser integriert. Das durchschnittliche Alter betrug 64,6 Jahre. 51,9% waren weiblich. Zwei Drittel hatten einen hohen Bildungsgrad (Fachhochschul- und Hochschulreife); 29,6% waren in Selbsthilfegruppen aktiv.

Die Aussagen der Testerinnen und Tester wurden in sogenannte Codes überführt. Insgesamt wurden 1.455 Codes vergeben (pro Internetinformation je Testgruppe durchschnittlich 61 Codes), die in 80 Subkategorien zusammengefasst wurden und im Zuge der zusammenfassenden Analyse in 19 Kategorien gebündelt wurden. Die häufigsten Aussagen der Testerinnen und Tester konnten den Inhalten der Websites(17,5%) zugeordnet werden, gefolgt vom Design(12,2%), der Struktur(8,8%), den Wirkungen(8,5%) und dem äußeren Rahmen(6,5%) der Informationen. Alle anderen Kategorien blieben unter 5%. Auffälligkeiten wurden bei der Beurteilung der Inhalte und der Glaubwürdigkeit deutlich. Die Seriosität der Internetseiten wurde kritisch überprüft, indem das Erstellungsdatum der Website, mögliche Interessenskonflikte der Autoren oder veraltete Inhalte angesehen wurden. Die Testleserinnen und Testleser merkten an, dass sie die Websites bevorzugt als Grundlage für ein Arztgespräch und selten als Grundlage für eine informierte Entscheidung nutzen würden. Die Bewertung der Nutzerinnen und Nutzer war positiv, wenn die Websites Zusammenfassungen in Form von Tabellen oder Grafiken beinhalteten und mit wenigen medizinischen Fachbegriffen auskamen. Positiv fanden sie die interne Verlinkung der Fremdworte auf ein Glossar. Auch eine logische Strukturierung der Verlinkungen sowie visuelle Hervorhebungen steigerten die Zufriedenheit der Testerinnen und Tester und halfen ihnen die Informationen aufzunehmen. Sie lobten einige webspezifische Aspekte und Kriterien im Design: Vorlesemodi, Filme, Foren, einen Vorsorgeplaner, die Anpassung der Schriftgröße und farbliche Aspekte. Einige Testleserinnen und Testleser empfanden die Internetinformationen jedoch als angstmachend. Insbesondere Informationen über Schmerzen und Komplikationen wurden negativ aufgenommen. Andere fanden es dagegen besonders positiv, ausführlich und umfassend aufgeklärt zu werden.

Diskussion/Schlussfolgerung: Wie in den Nutzertestungen identifiziert, sind die Bürgerinnen und Bürger darauf angewiesen, dass die Texte verständlich geschrieben sind. Zusätzlich ist eine einfache und schnell zu erfassende Strukturierung der Websites notwendig, damit die Inhalte in vollem Maße erfasst werden können. Es bleibt jedoch zu überprüfen, ob die Erfüllung aller Merkmale der guten Lesbarkeit und Verständlichkeit der Internettexte tatsächlich dazu führen, dass sie von Bürgerinnen und Bürgern als Grundlage für eine informierte Entscheidung genutzt werden oder ob das Internet aus ihrer Sicht weiterhin an Glaubwürdigkeit einbüßt und in der Folge zu häufig als unseriöse Quelle eingestuft wird.