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12. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

23. - 25. Oktober 2013, Berlin

Stufendiagnostik nach der Richtlinie des G-BA und Versorgungswirklichkeit bei vermuteter Schlafapnoe – eine GKV-Routinedatenanalyse

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Udo Schneider - WINEG, Hamburg, Germany
  • Roland Linder - WINEG, Hamburg, Germany
  • Ernst-Günther Hagenmeyer - GKV-Spitzenverband Abteilung Medizin, Berlin, Germany
  • presenting/speaker Philipp Storz-Pfennig - GKV-Spitzenverband Abteilung Medizin, Berlin, Germany
  • Frank Verheyen - WINEG, Hamburg, Germany

12. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 23.-25.10.2013. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2013. DocT4-18-184

doi: 10.3205/13dkvf103, urn:nbn:de:0183-13dkvf1036

Published: October 25, 2013

© 2013 Schneider et al.
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Hintergrund: Zur Diagnostik von Schlafstörungen veröffentlichte der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) im Jahr 2004 eine Änderung der Richtlinien hinsichtlich anerkannter Untersuchungsmethoden bei schlafbezogenen Atemstörungen in der vertragsärztlichen Versorgung. Hierin wird das Verfahren in vier Stufen eingeteilt: Anamnese, klinische Untersuchung, kardiorespiratorische Polygraphie (PG) und kardiorespiratorische Polysomnographie (PSG). Bis zu diesem Zeitpunkt war die PSG nur im Krankenhaus Leistung der Gesetzlichen Krankenversicherung. Durch die Neufassung der Richtlinie wurde die 1991 eingeführte Stufendiagnostik bestätigt und es erfolgte die Zulassung als ambulante ärztliche Leistung zu Lasten der GKV. Insbesondere wurde gestützt auf die Auswertung der relevanten Literatur festgelegt, dass eine PSG im Rahmen einer Stufendiagnostik nur dann durchgeführt werden soll, wenn vorher eine Polygraphie erfolgte und diese die Frage nach der adäquaten Therapie nicht mit ausreichender Klarheit beantworten konnte. Bei der Verordnung von spezifischen Hilfsmitteln, wie CPAP-(Continuous Positive Airways Pressure)-Geräten, sieht die Richtlinie im Rahmen der Ersteinstellung die PSG vor. Für weitere Kontrollen wird nur in Problemfällen eine PSG anstelle der PG für erforderlich gehalten. Die vorliegende Studie prüft, ob die Vorgaben der Richtlinie in der Versorgung eingehalten werden.

Methodik: Der Analyse liegen Routinedaten der Techniker Krankenkasse zu Grunde (2009-2012). Es wurden für die ambulante Diagnostik die EBM-Ziffern 30900 (PG) und 30901 (PSG) erfasst, im stationären Bereich die OPS-Codes 1-791 (PG) und 1-790 (PSG). Zudem wurden Schlafstörungen anhand folgender ICD-10-Codierungen operationalisiert: F51, G47, G47.3, G47.30, G47.31, G47.32, G47.38, G47.39. Diese Informationen wurden um Verordnungen von CPAP-Geräten ergänzt. Um die Einhaltung der Stufendiagnostik zu überprüfen, wurde auf die erste PSG im Beobachtungszeitraum abgestellt. Hierzu gingen nur PSG ab dem 3. Quartal 2009 bis einschließlich 1. Quartal 2012 in die Analyse ein, so dass in beiden Vorquartalen keine PSG stattfand. Ausgehend vom Termin der PSG wurde analysiert, ob a) eine PG vorausging, b) die PSG mit einem Gewinn an Diagnoseinformationen einherging und c) Untersuchungen zur Erst-Einstellung und weiteren Kontrollen nach einer Hilfsmittelverordnung mittels PSG erbracht wurden.

Ergebnisse: Die Studie basiert auf Daten von 6,6 Mio. Versicherten, die im Zeitraum 01.01.2009 bis 30.06.2012 durchgehend bei der TK versichert waren. In Zeitraum 2009Q3 bis 2012Q1 finden sich knapp 107.000 Polysomnographien, die auf 50.688 Patienten entfallen. 54,4 % der PSG-Untersuchungen fanden im stationären Bereich statt, mehr als 77 % der Patienten waren männlichen Geschlechts und die Mehrheit der Fälle bezog sich auf das Alter zwischen 41 und 80 Jahren.

Zu a): Weniger als 56 % der betrachteten Versicherten wiesen eine PG im Zeitraum 90 Tage vor einer ambulanten PSG (33,2 % vor stationärer PSG) auf, bei einem Zeitraum von 180 Tagen stieg dieser Wert auf 73 % (49,7 % vor stationärer PSG) an. Bei mehr als 60 % der Versicherten fand in den 180 Tagen nach der 1. PSG eine Folge-PSG statt.

Zu b): Durch die PSG wurde die Diagnose in ca. 60 % der Fälle, in denen im Quartal vor der PSG eine nicht näher bezeichnete Schlafapnoe (G47.39) diagnostiziert wurde, spezifiziert. Für 14 % der Fälle ohne Diagnose im Vorquartal konnte nach Durchführung der PSG eine Diagnose erstellt werden.

Zu c): Eine spezifische Hilfsmittelverordnung im Zeitraum bis zu 90 Tagen nach der PSG konnte bei knapp 45 % der Versicherten ermittelt werden. Bei 4.177 Versicherten (ca. 25 % der Versicherten mit Hilfsmittelversorgung) wurde bis zu 90 Tage nach der Verordnung eine Ersteinstellungs-PSG durchgeführt. Im gleichen Zeitraum wurde darüber hinaus bei 70 % der Versicherten mindestens eine weitere Untersuchung mittels PSG festgestellt.

Diskussion/Schlussfolgerung: Die Resultate der Untersuchung deuten darauf hin, dass die Stufendiagnostik im Rahmen der Schlafapnoe in der vertragsärztlichen Versorgung nur in einem Teil der untersuchten Fälle eingehalten wurde. Setzt man einen maximalen zeitlichen Abstand zwischen der PSG und der PG von 90 Tagen an, so wurde nur in gut der Hälfte aller Fälle vor der ambulanten PSG eine PG durchgeführt. Auch bei den stationär durchgeführten PSG findet sich in einer erheblichen Zahl der Fälle keine vorgelagerte PG. Zwar gehört die stationäre Versorgung nicht zum Regelungsbereich der G-BA-Richtlinie, die Grundsätze für ein evidenzbasiertes, effektives und zugleich wirtschaftliches diagnostischen Vorgehen gelten jedoch sowohl für den ambulanten als auch den stationären Sektor.