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12. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

23. - 25. Oktober 2013, Berlin

Nutzenbewertung von Medizinprodukten: Datenlage bei der Einführung in die Versorgung

Meeting Abstract

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  • presenting/speaker Annegret Herrmann-Frank - MDS, Essen, Germany
  • Monika Lelgemann - MDS, Essen, Germany

12. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 23.-25.10.2013. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2013. DocT4-14-81

doi: 10.3205/13dkvf098, urn:nbn:de:0183-13dkvf0982

Published: October 25, 2013

© 2013 Herrmann-Frank et al.
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Hintergrund: Das Gesetz für Medizinprodukte (MPG) sieht aktuell keine klinische Prüfung vor, die der bei der Zulassung von Arzneimitteln vergleichbar ist. Gemäß MPG ist für die Markeinführung lediglich eine CE-Kennzeichnung erforderlich, die auf die Eignung und Sicherheit der Produkte ausgerichtet ist. Auch wenn seit der letzten Novelle des MPG vorgesehen ist, dass für Medizinprodukte der Hochrisikoklasse klinische Prüfungen durchzuführen sind, fehlen konkrete Vorgaben an die methodischen Anforderungen. Randomisierte Studien (RCTs) werden beispielweise nicht gefordert.

In Deutschland haben Krankenhäuser jährlich die Möglichkeit, ein krankhausindividuelles Entgelt für neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zu beantragen (siehe http://www.g-drg.de/cms/Neue_Untersuchungs-_und_Behandlungsmethoden_NUB). Im Bereich der nicht-medikamentösen Therapien nehmen die Behandlungsverfahren, die maßgeblich auf dem Einsatz eines Medizinproduktes beruhen, einen zunehmend größeren Raum ein. Im Folgenden wird die Datenlage beschrieben bei den Medizinprodukte-Verfahren, für die 2012 und 2013 erstmals ein krankhausindividuelles Entgelt beantragt wurden. Der Analyse liegt eine Nutzenbewertung der Verfahren auf Basis einer systematischen Literaturrecherche zugrunde.

Methodik: Die zu bewertenden Verfahren wurden einer Nutzenbewertung unter Einbeziehung folgender Arbeitsschritte unterzogen:

1.
Systematische Literaturrecherche: Die Recherche erfolgte in den folgenden Datenbanken: Cochrane Library, NLM PubMed, NHS CRD. Präklinische Studien wurden ausgeschlossen. Um laufende, geplante oder noch unveröffentlichte Studien zu identifizieren, erfolgte eine Suche in ClinicalTrials.gov und WHO ICTRP (http://apps.who.int/trialsearch/). Soweit verfügbar wurden als weitere Informationsquellen außerdem die Gebrauchsanweisung der Hersteller der Medizinprodukte sowie die von den Herstellern zur Verfügung gestellte Literatur herangezogen.
2.
Studienselektion und Informationsbewertung: Die durch die systematische Literaturrecherche erhaltenen Referenzen wurden in einem ersten Schritt anhand ihres Titels und - soweit vorhanden - ihres Abstracts hinsichtlich ihrer Relevanz bewertet. Publikationen, die die vorab festgelegten Auswahlkriterien sicher nicht erfüllten, wurden ausgeschlossen. In einem zweiten Schritt wurden die restlichen Publikationen anhand ihres Volltexts auf Relevanz überprüft. Alle für die Nutzenbewertung relevanten Ergebnisse wurden hinsichtlich ihrer Ergebnissicherheit (Verzerrungspotenzial) überprüft. Sofern keine RCTs identifiziert wurden, wurden auch Studientypen niedrigerer Evidenzstufen bis hin zu einarmigen, nicht-vergleichenden Studien eingeschlossen.

Ergebnisse: In den Jahren 2012 bzw. 2013 wurden 128 bzw. 107 Anträge auf Vereinbarung eines krankenhausindividuellen Entgelts gestellt, die die formalen Voraussetzungen zur Verhandlung eines Entgelts erfüllten. In 36 (2012) bzw. 28 (2013) Fällen handelte es sich um Verfahren. bei denen ein Medizinprodukt maßgeblicher Bestand des Behandlungsverfahrens war und gleichzeitig eine Anfrage von mindestens 10 Krankenhäusern vorlag (ein Hinweis auf die breite Einführung in der Versorgung). 25 Verfahren wurden in den beiden Jahren erstmals beantragt. Nur für 2 Verfahren lagen aussagekräftige Daten vor, die eine belastbare Bewertung des Nutzens- und Schadens erlaubten. In beiden Fällen wurden randomisierte Studien identifiziert, die das neue Verfahren gegen die verfügbare Standardbehandlung verglichen. Für ein weiteres Verfahren wurde eine kleinere nicht-randomisierte Studie gefunden. In allen anderen Fällen wurden lediglich einarmige prospektive oder retrospektive Studien (Fallserien) mit kleiner Patientenzahl identifiziert.

Diskussion/Schlussfolgerung: Bei den in diesem Rahmen zu bewerteten Verfahren wurden ausschließlich Medizinprodukte eingesetzt, die der Hochrisikoklasse zuzuordnen sind. Zudem handelte es sich in der Mehrzahl nicht um geringfügige Modifikationen bereits auf dem Markt befindlicher, sondern um neu eingeführte Produkte. Nichtsdestotrotz zeigen diese Beispiele, dass Verfahren mit neu eingeführten Medizinprodukten Eingang in die Versorgung finden, ohne dass belastbare Studien vorliegen, die eine verlässliche Nutzen-/Schadenabwägung erlauben. Diese sind jedoch unter dem Aspekt der Patientensicherheit zwingend notwendig.