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12. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

23. - 25. Oktober 2013, Berlin

Ergebnisse der Behandlung proximaler Humerusfrakturen aus klinischer und ökonomischer Sicht und ein Vergleich zum status quo

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Ulrich Wiebking - Medizinische Hochschule Hannover, Klinik für Unfallchirurgie, Hannover, Germany
  • Nael Hawi - Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Germany
  • Rupert Meller - Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Germany
  • Christian Krettek - Medizinische Hochschule Hannover, Unfallchirurgische Klinik, Hannover, Germany

12. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 23.-25.10.2013. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2013. DocT3-11-15

doi: 10.3205/13dkvf083, urn:nbn:de:0183-13dkvf0836

Published: October 25, 2013

© 2013 Wiebking et al.
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Hintergrund: Bei der proximalen Humerusfraktur handelt es sich neben der Schenkelhalsfraktur und der Fraktur des Handgelenks um eine der häufigsten Frakturen bei Patienten älter als 65 Jahren (Einsiedel 2006). Die Grenze für oder gegen Entscheidung zur Operation gab in den letzten Jahren immer wieder Anlass zur Diskussion. Studien haben gezeigt, dass gerade im höheren Alter die konservative Therapie bei undislozierten Frakturen gute Ergebnisse erzielt. Neuere Ergebnisse zeigten, dass dieses ebenfalls für komplexere Frakturen wie 3- und 4-Teile Frakturen zu gelten scheint. Teilweise sind die konservativen Ergebnisse den operativen gar überlegen (Krettek 2011). Trotzdem wird ein Großteil der Frakturen (ca. 70%) operativ behandelt und es wirft sich die Frage auf, ob die Operation für die proximale Humerusfraktur als eine typische Frakturform des älteren Menschen jederzeit gerechtfertigt ist (Court-Brown 2001, 2004).

Unsere Arbeitsgruppe entwickelte daher einen klinikinternen Algorithmus zur Therapiewahl, orientiert am Maß der Dislokation im Röntgenbild, dem Alter, dem Vorliegen von Komorbiditäten und dem Aktivitätsgrad vor dem Unfall.

Anhand von vorliegenden Behandlungsdaten einer der größten Krankenkassen Deutschlands (AOK) versuchten wir zudem den ökonomischen Kostenfaktor zu beschreiben.

Methodik: Prospektive Verlaufsbeobachtung konservativ und operativ versorgter Frakturen des proximalen Humerus behandelt nach dem o.g. Algorithmus und Analyse der Ergebnisse anhand des Constant-Scores mit einem Follow-up nach 6 Wochen, 3 und 6 Monaten. Mit einem Follow-up von 100% konnten Daten von 125 Patienten analysiert werden.

Für die ökonomische Analyse lagen Fallzahlen der AOK mit ca. 21500 Fällen aus dem Jahr 2010 vor. Wir teilten die Frakturen entsprechend vorliegenden epidemiologischen Zahlen nach Frakturtyp und Alter ein. Anschließend berechneten wir die entstandenen Behandlungskosten nach einheitlicher Diagnosenbezogener Fallgruppe (DRG) nach hypothetischer Therapiewahl nach MHH-Algorithmus und verglichen das Ergebnis mit den in Realität der Krankenkasse entstandenen Kosten bei ebenfalls identischer DRG.

Ergebnisse: Altersdurchschnitt 70 Jahre (15-95). Geschlechtsverteilung w/m 70%/30%. 77 % konservative zu 23 % operative Therapie.

2-Teile-Frakturen 55 %, 3-Teile-Frakturen 37 %, 4-Teile-Frakturen 8%.

3 Wechsel von konservativ auf operativ, 4 erneute Operationen aufgrund von Plattenimpingement. 1 Infekt. 1 Repositionsverlust mit Schraubenperforation. Constantscore CS gesamt konservativ vs. operativ nach 6 M: 69 vs. 62. Constant-Score in der Gruppe der >65 jährigen konservativ vs. operativ 68 vs. 66.

In den Subskalen ADL, ROM und Kraft ergaben sich nach Operation schlechtere Werte für 3 und 4 Teile Fx bei >65 Jahre im Vergleich zu konservativ. Bei den <65 jährigen ergaben sich hingegen schlechtere Wert in den Subskalen Pain, ADL und ROM für 3 Teile Fx nach Operation im Vergleich zu konservativ. Für die 4-Part Fx profitieren die < 65 jährigen von Operation gegenüber den >65 jährigen.

Eine Matched-pair-Analyse ergab einen geringen Unterschied von im Mittel 5,5 Punkten Therapieeffekt operativ vs. konservativ.

Die Kostenanalyse zeigte einen errechneten Kostenaufwand der Krankenkasse von ca. 80 Millionen Euro. Bei Therapiewahl nach MHH Algorithmus läge der Kostenaufwand bei 43 Millionen Euro. Dieses entspricht einer Differenz von ca. 37 Millionen Euro (46%).

Diskussion/Schlussfolgerung: Auch bei mehrfragmentären Frakturen des älteren Menschen sind die Ergebnisse der winkelstabilen Plattenosteosynthese der konservativen Therapie nicht überlegen, unter zahlreichen Aspekten sogar schlechter. Die Behandlung der subkapitalen Humerusfraktur erfordert eine alters- und patientenadaptierte Therapieentscheidung. Kurze, initiale Immobilisierungsphasen sollten von einer raschen Mobilisierungsphase abgelöst werden.

Die proximale Humerusfraktur stellt eine Fraktur dar, bei der die Therapiewahl sorgfältig getroffen werden muss. Ein falsches Festlegen der Therapiewahl hat neben dem klinischen Outcome auch ökonomische Auswirkung.