gms | German Medical Science

12. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

23. - 25. Oktober 2013, Berlin

Funktionsfähigkeit im Beruf nach einer speziellen medizinisch-beruflich orientierten, orthopädischen Rehabilitation bei körperlich tätigen Arbeiterberufen – Zwischenergebnisse einer randomisierten kontrollierten Interventionsstudie

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Philipp Preßmann - Institut für Rehabilitationsforschung Norderney, Bad Salzuflen, Germany
  • Jürgen Philipp - Salzetalklinik und Klinik am Lietholz, Bad Salzuflen, Germany
  • Birgit Leibbrand - Salzetalklinik, Bad Salzuflen, Germany
  • Bernhard Krohn-Grimberghe - Rheumaklinik Bad Wildungen, Bad Wildungen, Germany
  • Andrea Hauck - BG BAU, Bereich Arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren, Hamburg, Germany
  • Stephan Bachmann - BG BAU, Arbeitsmedizinisch-Sicherheitstechnischer Dienst, Dortmund, Germany

12. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 23.-25.10.2013. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2013. DocT2-16-186

doi: 10.3205/13dkvf080, urn:nbn:de:0183-13dkvf0804

Published: October 25, 2013

© 2013 Preßmann et al.
This is an Open Access article distributed under the terms of the Creative Commons Attribution License (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/deed.en). You are free: to Share – to copy, distribute and transmit the work, provided the original author and source are credited.


Outline

Text

Hintergrund: Das Funktionieren im Berufsalltag hat für viele Menschen in körperlich tätigen Arbeiterberufen eine existenzielle Bedeutung. Bei niedrigem Qualifikationsniveau und ergo geringen Teilhabechancen stellen der Erhalt der Erwerbsfähigkeit sowie des Arbeitsplatzes vorrangige Ziele für den Rehabilitanden dar. Aber auch vor dem Hintergrund des Erhalts von erfahrenen Facharbeitern in den Betrieben sowie zeit- und kostenintensiven Um- bzw. Neuqualifizierungsmaßnahmen ist der Verbleib am Arbeitsplatz in einer älter werdenden Gesellschaft betriebs- und volkswirtschaftlich sinnvoll.

Bei körperlich Tätigen begründen die langjährige Berufstätigkeit unter hohen Belastungsspektren und bei häufig prekären Arbeitsplatzbedingungen zumeist chronisch verlaufende Erkrankungen des muskuloskelettalen Systems [1]. Folglich werden ein hoher Krankenstand und ein überdurchschnittliches Frühberentungsrisiko in der Berufsgruppe generiert [2]. Zum Erhalt der Erwerbsfähigkeit wurde ein spezielles Reha-Programm (RehaBau) entwickelt, welches sich an den Arbeitsplatzanforderungen und Arbeitsplatzbedingungen orientiert [3]. Das Programm wird derzeit in einer Forschungsstudie evaluiert. Überprüft werden soll die Funktionsfähigkeit im Beruf im Vergleich zu einer Kontrollgruppe, die die Usual Care erhält.

Methodik: In einer aktuell laufenden, randomisierten kontrollierten Interventionsstudie mit einem prospektiven Längsschnittdesign werden Teilnehmer in zwei Reha-Kliniken zu vier Messzeitpunkten befragt: Beginn der Reha (t0), Ende der Reha (t1) sowie einem Follow-up nach 6 (t2) und 12 Monaten (t3). Bei der Befragung werden Bauhandwerker und tätigkeits- bzw. belastungsähnliche Arbeiterberufe mit einer besonderen beruflichen Problemlage inkludiert. Die zugrunde liegende Zwischenauswertung umfasst die ersten drei Befragungszeitpunkte und bezieht eine Teilstichprobe von n=143 Fällen ein - 71 in der Interventionsgruppe (IG), 72 in der Kontrollgruppe (KG). Die IG bekommt das berufsorientierte und intensivierte RehaBau-Programm in einer geschlossenen Gruppe. In der Kontrollgruppe wird nach den konventionellen orthopädischen Reha-Konzepten behandelt.

Die Funktionsfähigkeit im Beruf wurde mit der gleichlautenden Dimension des Fragebogens Indikatoren des Reha-Status (IRES-3) gemessen. Diese Dimension setzt sich aus drei Einzelskalen (Beanspruchung am Arbeitsplatz, Arbeitszufriedenheit und berufliche Sorgen) mit 9, 8 und 4 Items zusammen. Zusammenhänge wurden mittels t-Test, Effektstärken (d) nach Cohen berechnet.

Ergebnisse: Zur 6-Monats-Katamnese verbesserte sich in der IG die Funktionsfähigkeit im Beruf bei allen erwerbs- und arbeitsfähigen Rehabilitanden. In der Kontrollgruppe war zu t2 kein Unterschied zur Ausgangssituation (t0) erkennbar. Der Gruppenunterschied zu t2 ist statistisch signifikant (p<0,05; d=0,41). In den Einzelskalen des Gesamtscores lassen sich signifikante Gruppenunterschiede zu t2 in der Skala zur Beanspruchung am Arbeitsplatz beobachten (p<0,05; d=0,34). Dabei wird die Beanspruchung im Vergleich zur Ausgangssituation in der IG positiv, in der KG leicht negativ bewertet. Des Weiteren kann zu t2 ein signifikanter Gruppenunterschied bei der Skala zur Arbeitszufriedenheit zu Gunsten der IG nachgewiesen werden (p<0,01; d=0,53). Die Arbeitszufriedenheit nimmt im Vergleich zu t0 in beiden Gruppen ab. Berufliche Sorgen reduzieren sich zu t2 in beiden Untersuchungsgruppen in gleichem Umfang, jedoch nur moderat, sodass hier kein Gruppenunterschied in den Skalenwerten besteht.

Diskussion/Schlussfolgerung: Die Funktionsfähigkeit im Beruf verbessert sich 6 Monate nach der Reha bei Teilnehmern der IG. KG-Teilnehmer geben zu diesem Zeitpunkt keine Veränderung zum Ausgangszustand an. Dies weist auf eine gute Wirksamkeit und Nachhaltigkeit des RehaBau-Programmes bezüglich der Funktionsfähigkeit im Beruf im Vergleich zum konventionellen orthopädischen Rehabilitationsverfahren hin. Medizinisch-beruflich orientierte Rehabilitationsmaßnahmen in berufshomogenen Gruppen können daher einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der Erwerbsfähigkeit bei Patienten mit besonderen beruflichen Problemlagen leisten. Informationen darüber, inwieweit die erzielten Ergebnisse auch über die 6 Monate hinaus anhalten, wird die 12-Monats-Katamnese zeigen.


Literatur

1.
Hartmann B, Seidel D. Muskel-Skelett-Erkrankungen im Baugewerbe. Betriebsärztliche Erkenntnisse. Risikocharakteristik und Präventionsempfehlungen. Berlin: BG BAU; 2007.
2.
Meyer M, Weirauch H, Weber F. Krankheitsbedingte Fehlzeiten in der deutschen Wirtschaft im Jahr 2011. In: Badura B, Ducki A, Schröder H, Klose J, Meyer M, Hrsg. Fehlzeiten-Report 2012. Zahlen, Daten, Analysen aus allen Branchen der Wirtschaft. Gesundheit in der flexiblen Arbeitswelt: Chancen nutzen - Risiken minimieren. Berlin: Springer; 2012. p. 291-458.
3.
Hauck A, Hanse J, Hartmann B, Trierweiler R, Middel S. RehaBau - Rehabilitationsprogramm für ältere Beschäftigte in Berufen der Bauwirtschaft. Schriftenreihe Arbeitssicherheit und Arbeitsmedizin in der Bauwirtschaft. Berlin: BG BAU; 2009.