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12. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

23. - 25. Oktober 2013, Berlin

Mortalität bei hüftgelenknahen Frakturen mit einer präoperativen Liegezeit von mehr als 48 Stunden

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Markus Muhm - Westpfalz-Klinikum Kaiserslautern, Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie, Kaiserslautern, Germany
  • David Klein - Westpfalz-Klinikum Kaiserslautern, Kaiserslautern, Germany
  • Georg Arend - Westpfalz-Klinikum Kaiserslautern, Kaiserslautern, Germany
  • Thomas Ruffing - Westpfalz-Klinikum Kaiserslautern, Kaiserslautern, Germany
  • Hartmut Winkler - Westpfalz-Klinikum Kaiserslautern, Kaiserslautern, Germany

12. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 23.-25.10.2013. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2013. DocT2-11-225

doi: 10.3205/13dkvf074, urn:nbn:de:0183-13dkvf0745

Published: October 25, 2013

© 2013 Muhm et al.
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Hintergrund: Die Häufigkeit hüftgelenknaher Frakturen von Menschen über 65 Jahren liegt bei ca. 600-900 pro 100000 jedes Jahr. Leitlinien fordern die operative Versorgung schnellstmöglich innerhalb von 24 Stunden (h), am Aufnahmetag oder innerhalb des Folgetages, spätestens jedoch innerhalb von 48h. Verzögerte operative Versorgung führt zu einer Zunahme von postoperativen nicht-chirurgischen, frühe Versorgung zu chirurgischen Komplikationen. Komplikationen beeinflussen die Mortalitätsrate nicht. Alter, Geschlecht und Nebenerkrankungen haben Einfluss auf die Sterblichkeitsrate. Ziel dieser Studie war die Sterblichkeitsrate in Abhängigkeit der präoperativen Liegezeit über 48h hinaus zu untersuchen. Des weiteren sollten andere Einflussfaktoren und Gründe für Verzögerungen untersucht werden.

Methodik: Daten von 136 Patienten mit proximaler Femurfraktur aus dem Modul 17/1 der externen Qualitätssicherung mit einer präoperativen Liegezeit von mehr als 48h wurden von 2007-2010 retrospektiv, 2011 prospektiv erhoben. Neben patientenbezogenen Daten, wurden Frakturform, Komorbiditäten, Medikation, ASA-Klassifikation, Zeitpunkt der Aufnahme und Operation, postoperative Komplikationen, Aufenthalt auf Intensivstation und Mortalität bis zu 12 Monaten nach stationärer Aufnahme erfasst. Gründe für die Verzögerung wurden in organisatorisch- oder patientenbedingt unterteilt. Um den Einfluss der präoperativen Liegezeit auf die Mortalität zu untersuchen wurden folgende Zeitintervalle definiert: 48.01-72h (2-3 Tage (d)), 72,01-120h (3-5d), 120,01-168h (5-7d), 168h (> 7d).

Ergebnisse: 102 Patienten (75%) waren weiblich mit einem Durchschnittsalter von 82±7,2 Jahren (a). Die mittlere Anzahl der Komorbiditäten betrug 6,2±2,7 die mittlere ASA-Klassifikation 3,1±0,6, die mittlere Zahl der Medikamente 6,1±3,1. 76 Patienten (55,9%) erlitten eine Schenkelhals-, 60 (44,1%) eine trochantäre Fraktur. 12 Patienten (8,8%) entwickelten chirurgische, 58 Patienten (42,7%) nicht-chirurgische Komplikationen. Die durchschnittliche präoperative Liegezeit betrug 114±93,6h (4,75±3,9d). 12,5% der Patienten wurden nach 7d operiert. Bei mehr als einem Drittel (35,3%) der Patienten fand sich eine Verzögerung aufgrund von Antikoagulation (Phenprocoumon), in einem Viertel (25,7%) der Fälle war der Grund eine schwere Nebenerkrankung oder schlechter Allgemeinzustand (ASA 4 und 5). Bei Betrachtung aller Zeitintervalle hatte die Liegezeit keinen signifikanten Einfluss (p=0,15) auf die Überlebenszeit. Die mittleren Überlebenszeiten der Patienten der ersten drei Zeitintervalle von 2 bis 7d waren nahezu gleich (9,5 bis 9,9 Monate) (p=0,75). Die Gruppe, die mehr als 7d nach Aufnahme operiert wurde, zeigte eine deutlich kürzere mittlere Überlebenszeit von 7,8 Monaten. Nach Zusammenfassung der ersten 3 Gruppen ergab sich ein signifikanter Unterschied (p=0,03) mit einer kürzeren Überlebenszeit bei Patienten mit Verzögerung von mehr als 7d. Die 12-Monats-Sterblichkeit lag signifikant höher (p=0,04) in der Gruppe mit einer Verzögerung von mehr als 7d und betrug 52,9%. Die Gruppen wiesen keinen Unterschied im Alter (p=0,91), Frakturtyp (p=0,79) und der Anzahl der Komorbiditäten (p=0,29) auf. Ein hoch signifikanter Unterschied (p=0,001) wurde in der ASA-Klassifikation mit höheren Werten in der Gruppe mit einer Verzögerung von mehr als 7d beobachtet. In dieser Gruppe benötigten signifikant (p=0,03) mehr Patienten intensivtherapeutische Behandlung. Der Frakturtyp und das Geschlecht hatte keinen Einfluss auf die Mortalitätsrate. Patienten, die in der Follow-up-Periode von 12 Monaten gestorben waren, waren hoch signifikant (p=0,0008) älter als die Überlebenden (85,0 vs. 80,6a). Zusätzlich hatten diese signifikant (p=0,01) mehr Komorbiditäten und hoch signifikant (p<0,0001) höhere Werte in der ASA-Klassifikation. Patienten, bei denen Intensivtherapie erforderlich war, starben häufiger (p=0,002). Die multivariate Analyse ergab, dass die Wahrscheinlichkeit in der Follow-up-Periode zu sterben primär von der ASA-Klassifikation (p<0,0001) und sekundär vom Alter des Patienten zum Zeitpunkt der Verletzung (p=0,005) abhängt.

Diskussion/Schlussfolgerung: Im Vergleich zur Literatur wiesen Patienten mit einer präoperativen Liegezeit von mehr als 48h keine höhere Mortalitätsrate auf wie Patienten, die vor 48h operiert wurden. Erst ab einer Liegezeit von mehr als 7d zeigte sich eine deutlich verkürzte Überlebenszeit. Diese Patienten waren im Vergleich jedoch deutlich schwerer erkrankt, was sich in der ASA-Klassifikation und in häufigerer intensivtherapeutischer Behandlung widerspiegelte. Patienten, die in der Follow-up-Periode starben, waren älter und deutlich schwerer erkrankt als die, die überlebten. Somit lässt sich schlussfolgern, dass die Mortalitätsrate und die mittlere Überlebenszeit nach hüftgelenknaher Fraktur nicht von der präoperativen Liegezeit (zumindest bis zu 7d) abhängt, sondern von der Schwere der Nebenerkrankungen und dem Alter zum Zeitpunkt der Verletzung.