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12. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

23. - 25. Oktober 2013, Berlin

Evaluation der Patientenorientierung in Rehabilitationskliniken aus Sicht der Patienten – ein mixed-method Ansatz

Meeting Abstract

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  • presenting/speaker Linda Zimmermann - Abteilung Med. Psych. u. Med. Soz., Freiburg, Germany
  • presenting/speaker Christian Müller - Abteilung Med. Psych. u. Med. Soz., Freiburg, Germany
  • Mirjam Körner - Abteilung Med. Psych. u. Med. Soz., Freiburg, Germany

12. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 23.-25.10.2013. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2013. DocT1-24-324

doi: 10.3205/13dkvf073, urn:nbn:de:0183-13dkvf0736

Published: October 25, 2013

© 2013 Zimmermann et al.
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Hintergrund: Patientenorientierung gilt als wichtigstes Qualitäts- und Outcomekriterium in der Gesundheitsversorgung chronisch erkrankter Menschen. In Anlehnung an das Modell der integrierten Kundenorientierung von Bruhn (2002) werden zwei Formen der Patientenorientierung unterschieden: 1. die externe Patientenorientierung und 2. die interne Patientenorientierung. Die externe Patientenorientierung bezieht sich auf den direkten Austausch zwischen Behandler und Patienten wie beispielsweise die Einbeziehung des Patienten in die Behandlungsplanung, die Berücksichtigung seiner Bedürfnisse, die Kommunikation und die Information. Die interne Patientenorientierung betrifft alle Aktivitäten, die sich auf die innerbetrieblichen Strukturen und Kommunikations- und Koordinationsprozesse innerhalb der Klinik bzw. auf die Mitarbeiter beziehen. In dem integrierten Konstrukt der Patientenorientierung von Scholl et al. (2012) werden ähnliche Dimensionen beschrieben: Information, Kommunikation, Interaktion in der Behandler-Patient-Beziehung, professionelle Haltung und Einstellung in der Behandler-Patient-Beziehung, Patientenautonomie und -selbstbestimmung, partizipative Einbindung des Patienten in den Behandlungsprozess und interprofessionelle Zusammenarbeit.

Um die Patientenorientierung in Rehabilitationskliniken zu stärken, sollte ein patientenorientiertes Teamentwicklungskonzept konzipiert werden. Hierfür war es im Vorfeld notwendig, überhaupt zu wissen, 1. wie patientenorientiert eine Klinik aus Sicht der Patienten arbeitet (die Erfassung des Status quo) und 2. die Ansatzpunkte der Verbesserungen der Patientenorientierung aus Patientensicht aufzuzeigen.

Methodik: Hierzu wurden ein Screeningfragebogen und ein Interviewleitfaden entwickelt, welcher die integrierte Patientenorientierung erfasst. Im Fragebogen sollten insgesamt 9 Items zur externen Patientenorientierung (z.B. Patientenpartizipation, Wertschätzung, Information) und internen Patientenorientierung (z.B. interprofessionelle Teamarbeit und Koordination der Behandlung) aus Patientensicht auf einer sechsstufigen Likertskala von 1 (sehr gut) bis 6 (ungenügend) bewertet werden. Die Fragebögen wurden deskriptiv-explorativ mithilfe des Statistikprogramms IBM SPSS Statistics 19 ausgewertet. Die Fokusgruppen mit den Patienten erfassten die gleichen Dimensionen wie die Bewertung der Information, Kommunikation, Einbeziehung, die Beziehungsgestaltung zwischen Behandler und Patient etc.. Die Bewertung dieser Dimensionen wurde mit der qualitativen Inhaltsanalyse von Mayring (2012) mithilfe der Software MAXqda 10 analysiert. Die Fragebogenerhebung wurde in sechs Kliniken und die Fokusgruppen in 5 Kliniken zusätzlich im Zeitraum März bis einschließlich Mai 2012 durchgeführt.

Ergebnisse: Die Stichprobe bei der Befragung per Fragebogen (Interview) umfasste insgesamt 42 (35) Patienten. Das Durchschnittsalter der Stichprobe betrug M=55.1 Jahre bei einer Standardabweichung von SD=11.5 Jahren.

Insgesamt liegen die Bewertungen der Patienten (N=42) über die verschiedenen Items des Fragebogens in einem sehr guten bis guten Bereich. Das Klima wird mit einem Notendurchschnitt von M=1.7 (SD=0.6) am besten bewertet, die Koordination (Abstimmung der Therapieanwendung aufeinander) wird mit insgesamt M=2.5 (SD=1.7) am schlechtesten beurteilt. Signifikante Mittelwertsunterschiede (p<.05) im Klinikvergleich liegen bei der Bewertung der Patientenpartizipation, der Koordination der Therapieanwendungen und der interprofessionellen Zusammenarbeit vor. Mithilfe der qualitativen Datenanalyse konnten klinikübergreifend insgesamt 507 positive und negative Aussagen aus den Interviews zu folgenden Aspekten der Patientenorientierung extrahiert werden: 1. Interaktion und Beziehung (137 Aussagen), 2. partizipative Einbindung in den Behandlungsprozess (97 Aussagen), 3. Klima und Atmosphäre (74 Äußerungen), 4. Information (62 Aussagen), 5. Struktur (52 Äußerungen), 6. Kommunikation (45 Anmerkungen) und 7. Interprofessionelle Zusammenarbeit (40 Bemerkungen).

Diskussion/Schlussfolgerung: Die Bewertungen der Patientenorientierung Sicht der Patienten fallen klinikspezifisch sowohl per Fragebogen als auch per Interview sehr unterschiedlich aus. Die Ergebnisse der Befragung per Fragebogen spiegeln sich in der Auswertung der Interviews wieder. Der mixed-method-Ansatz hat sich sehr bewährt, denn die in den Fokusgruppen gewonnenen Aussagen der Patienten gehen hier tiefer, da die Patienten hier die Möglichkeit haben, detailliert die Bewertung der verschiedenen Dimensionen der Patientenorientierung vorzunehmen. Durch die Bewertung der Patientenorientierung aus Patientensicht per Fokusgruppe können die genauen Ansatzpunkte der Verbesserung der Patientenorientierung in den Rehabilitationskliniken aufgezeigt werden.