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12. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

23. - 25. Oktober 2013, Berlin

Psychometrische Überprüfung und deskriptive Befunde einer kurzen Skala zur Messung von Gesundheitskompetenz

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Erika Schmidt - Abteilung Qualitätsmanagement und Sozialmedizin (AQMS), Freiburg, Germany
  • Andrea Schöpf - Abteilung Qualitätsmanagement und Sozialmedizin (AQMS), Freiburg, Germany
  • Erik Farin-Glattacker - Abteilung Qualitätsmanagement und Sozialmedizin (AQMS), Freiburg, Germany

12. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 23.-25.10.2013. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2013. DocT1-18-33

doi: 10.3205/13dkvf065, urn:nbn:de:0183-13dkvf0654

Published: October 25, 2013

© 2013 Schmidt et al.
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Text

Hintergrund: Die WHO versteht unter Gesundheitskompetenz (GEKO) "kognitive und soziale Fertigkeiten, von denen die Motivation und Fähigkeit abhängt, Informationen zur Aufrechterhaltung und Verbesserung der Gesundheit zu erhalten, zu verstehen und anzuwenden" (WHO, 1998). Inadäquate GEKO kann z.B. mit schlechteren Gesundheitsergebnissen (Berkman et al., 2011) oder höherer Mortalität (Bostock & Steptoe, 2012) assoziiert sein.

Chew et al. (2004) entwickelten 3 Screening-Items (HL-Skala, steht für health literacy) zur Messung von inadäquater GEKO, die bisher nur auf Englisch vorliegen. Ziel der vorliegenden Studie ist die psychometrische Prüfung der deutschen Version der HL-Skala bei chronisch kranken Patienten. Darüber hinaus wird untersucht, ob sich alters-, geschlechts-, bildungs- oder indikationsspezifische Unterschiede in der GEKO der Patienten finden.

Methodik: Die Studie wurde im Projekt "Kommunikationskompetenzen chronisch kranker Patienten im Hinblick auf die Interaktion mit Behandlern" (KoKoPa) im Rahmen des Förderschwerpunktes zur Versorgungsnahen Forschung (BMBF) gefördert.

Bei einer prospektiven Fragebogenerhebung wurden N=1.264 (Responder-Rate: 62,8%) Patienten mit chronischen Rückenschmerzen (CRS), chronischer ischämischer Herzkrankheit (CIH) oder Brustkrebs (BK) befragt. Die Daten wurden an 34 Rehabilitations-Einrichtungen am Ende der Reha-Maßnahme erhoben. Insgesamt nahmen N=611 Patienten mit CRS, N=311 Patienten mit CIH und N=342 BK-Patientinnen teil. Das Durchschnittsalter lag bei 54,3 Jahren (SD=11,7) und die Mehrzahl waren Frauen (58%).

Ein Beispielitem der HL-Skala lautet: "Wie oft lassen Sie sich von jemand anderem (wie z.B. Familienmitglied, Freund, Klinikmitarbeiter oder Pflegekraft) beim Lesen von medizinischen Informationen helfen?" Hohe Ausprägungen lassen auf inadäquate GEKO schließen.

Für die psychometrischen Analysen wurden folgende Testgütekriterien betrachtet: 1. Verteilungseigenschaften, 2. Reliabilität (Cronbach´s Alpha), 3. Eindimensionalität (konfirmatorische Faktorenanalyse) und 4. Konstruktvalidität (Korrelationen mit den 3 Skalen des psychometrisch gesicherten HELP-Fragebogens zur Messung von GEKO; Farin et al., under revision). Hier erwarteten wir hohe Korrelationen (r>=.50) mit den beiden Skalen "Verstehen von medizinischen Informationen" (VMI) und "Anwenden medizinischer Informationen" (AMI). Bei der dritten Skala des HELP-Instruments ("Kommunikative Kompetenzen", KOKO) gingen wir von einem etwas niedrigeren Zusammenhang aus (.40<=r<=.50). Zusätzlich haben wir Gruppenunterschiede berechnet.

Ergebnisse: Der Anteil fehlender Werte liegt für alle Items unter 2,4%. Es zeigen sich weder Boden- noch Deckeneffekte. Die interne Konsistenz für die HL-Skala beträgt Alpha=0,77. Durch die konfirmatorische Faktorenanalyse konnte für die deutsche Version der HL-Skala die Eindimensionalität nachgewiesen werden (Chi2=0,668; df=1; p=.41; CFI=1,00; RMSEA=0,00). Die HL-Skala korreliert hoch mit der VMI- (r=.69) und der AMI-Skala (.56) des HELP-Fragebogens. Der Zusammenhang mit der KOKO-Skala lag bei .43.

Die durchschnittliche GEKO aller Patienten lag bei M=2,31 (SD=0,90), d.h. die Patienten haben "manchmal" bis "selten" Schwierigkeiten mit dem Verstehen medizinischer Informationen und sie sind sich "wenig" bis "etwas sicher", dass sie medizinische Formulare selbst ausfüllen können. Der Großteil (62,1%) weist gute Gesundheitskompetenzen auf (Ausprägung 1 oder 2). Dabei unterscheiden sich die Indikationsgruppen nicht (F(2,1233)=.161; p=.85; Eta2<.001), während zwischen den Geschlechtern leichte Kompetenzdifferenzen zu finden sind (t(1232)=1,97; p=.05; d=0,11). Frauen (M=2,27; SD=0,82) weisen hier im Vergleich zu Männern (M=2,36; SD=0,77) etwas höhere GEKO auf. Höhere Kompetenzen haben auch Jüngere (M=2,23; SD=0,77; t(1234)=-3,43; p=.001; d=0,2) und höher Gebildete (M=1,97; SD=0,68; F(2,1163)=66,99; p<.001; Eta2=0,10) im Vergleich zu Älteren (M=2,38; SD=0,81) und Patienten mit einem niedrigeren Schulabschluss (Haupt-/Volksschule: M=2,63; SD=0,80 ; Real-/Oberschule: M=2,27 ; SD=0,75).

Diskussion/Schlussfolgerung: Die deutsche Version der HL-Skala nach Chew et al. (2004) ist ein sehr kurzes, intern konsistentes und praktikables Screening-Instrument zur Feststellung inadäquater GEKO bei chronisch kranken Patienten. Die zufriedenstellenden Reliabilitätswerte wurden für die HL-Skale auch in einer anderen Studie erreicht (Alpha=.77; Farin et al., under review). Die Eindimensionalität und die (konvergente) Konstruktvalidität konnte bestätigt werden. Die gefundenen Gruppendifferenzen variierten in ihren Effektgrößen und sollten durch zukünftige Studien abgesichert werden.