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12. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

23. - 25. Oktober 2013, Berlin

Lymphödeme – der lange Weg zu Diagnose und Behandlung

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Christine Blome - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, CVderm, Hamburg, Germany
  • presenting/speaker Angelika Sandner - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, CVderm, Hamburg, Germany
  • Katharina Herberger - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, CVderm, Hamburg, Germany
  • Matthias Augustin - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, CVderm, Hamburg, Germany

12. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 23.-25.10.2013. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2013. DocT1-14-102

doi: 10.3205/13dkvf057, urn:nbn:de:0183-13dkvf0573

Published: October 25, 2013

© 2013 Blome et al.
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Text

Hintergrund: Lymphödeme beruhen auf einer chronischen Störung des Lymphabflusses, manifestieren sich in Schwellungen des betroffenen Körperteils, meist der Extremitäten, und sind mit Schmerzen, Einschränkungen der Funktionsfähigkeit, erhöhter Infektionsneigung und ästhetischen Problemen verbunden. Die Prävalenz von Lymphödemen in Deutschland wird auf 4,5 Millionen geschätzt. Dennoch spielen Lymphödeme in der medizinischen Ausbildung nur eine marginale Rolle. Nach klinischer Erfahrung werden Lymphödeme oft nicht erkannt. Die Diagnose der Erkrankung ist jedoch Voraussetzung für eine adäquate Behandlung, die die Krankheitslast mindert sowie die Komplikationsrate senkt und dadurch patientenseitige Krankheitslast und Folgekosten verringern kann. Ziel dieser Studie war es, zu untersuchen, wie viel Zeit zwischen zentralen Ereignissen des Patientenweges vergeht und durch welche Faktoren eine späte Arztkonsultation und Diagnosestellung vorhergesagt werden können.

Methodik: N=65 Patientinnen mit sekundärem Arm-Lymphödem nach operativer Mammakarzinom-Therapie, n=90 Patienten mit primärem Lymphödem am Bein (84% weiblich) und n=71 Patienten mit sekundärem Lymphödem am Bein (79% weiblich) wurden über Therapeuten und Zeitungsannoncen rekrutiert. Alle Patienten wurden in Einzelinterviews zur ihrer Versorgungssituation befragt, einschließlich des Zeitpunktes wichtiger Ereignisse in ihrer Versorgungsgeschichte. Eine klinische Befundung und Fotodokumentation wurde durchgeführt. Folgende Latenzzeiten wurden berechnet: Zeit zwischen (1) Erstauftreten von Symptomen und erstem Arztbesuch aufgrund des Ödems; (2) erstem Arztbesuch und Diagnosestellung; (3) Diagnosestellung und Beginn einer Lymphdrainagebehandlung; (4) Diagnosestellung und Beginn einer Kompressionsbehandlung. Der Zusammenhang dieser Latenzzeiten mit klinischen und Patientencharakteristika wurde mit t-Tests sowie multivariaten linearen Regressionsanalysen bestimmt.

Ergebnisse: Alle Patientinnen mit Armödem hatten spätestens im Jahr nach den Erstsymptomen einen Arzt aufgesucht; alle bis auf zwei hatten spätestens im darauffolgenden Jahr die Diagnose "Lymphödem" erhalten. Bei den Patienten mit sekundärem Beinödem war die Latenzzeit bis zur Arztkonsultation ebenfalls kurz mit im Mittel 0,5 ± 1,8 Jahren; die Latenzzeit bis zur Diagnosestellung betrug 1,7 ± 3,8 Jahre. Im Gegensatz dazu waren die Latenzzeiten bei Patienten mit primärem Beinödem signifikant länger: Die durchschnittliche Zeit zwischen ersten Symptomen und Arztbesuch betrug 5,2 ± 11,0 Jahre, die Diagnose wurde nach weiteren 6,7 ± 11,4 Jahren gestellt. Bei dieser Patientengruppe lagen durchschnittlich 13,5 ± 16,5 Jahre zwischen Erstsymptomen und dem Beginn einer Lymphdrainagebehandlung sowie 13,7 ± 15,9 Jahre zwischen Erstsymptomen und Beginn einer Kompressionsbehandlung. Prädiktoren sowohl einer späten Arztkonsultation als auch einer späten Diagnosestellung waren bei Patienten mit primärem Beinödem: Alter unter 40 Jahren, positive Familienanamnese hinsichtlich Ödemen, weibliches Geschlecht.

Diskussion/Schlussfolgerung: Primäre Lymphödeme am Bein werden vielfach erst spät erkannt, insbesondere bei jüngeren Frauen. Um diese Situation zu verbessern, sollten sowohl Patienten als auch Ärzte besser über Symptome und Behandlungsmöglichkeiten von Lymphödemen informiert werden.