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12. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

23. - 25. Oktober 2013, Berlin

Der Einfluss der Vertragsarztdichte auf die Inanspruchnahme sekundärer präventiver Leistungen in Deutschland – Eine räumliche Analyse

Meeting Abstract

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  • presenting/speaker Verena Bohn - Technische Universität Berlin, Berlin, Germany
  • Martin Siegel - Technische Universität Berlin, Berlin, Germany
  • Leonie Sundmacher - Technische Universität Berlin, Berlin, Germany

12. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 23.-25.10.2013. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2013. DocT1-13-153

doi: 10.3205/13dkvf053, urn:nbn:de:0183-13dkvf0536

Published: October 25, 2013

© 2013 Bohn et al.
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Hintergrund: Früh diagnostizierte Krebserkrankungen weisen bessere Heilungschancen auf als Erkrankungen, die erst im späten Stadium erkannt werden. Krebsfrüherkennungsuntersuchungen können daher die bevölkerungsbezogenen Mortalitätsraten der entsprechenden Krebserkrankung senken. Bisher nimmt jedoch nur ein geringer Teil der Inanspruchnahmeberechtigten an diesen Untersuchungen teil. Darüber hinaus existieren deutliche regionale Unterschiede in der Inanspruchnahme präventiver Leistungen in Deutschland. Diese Studie untersucht anhand von räumlichen Regressionsmodellen, inwieweit die regionalen Unterschiede in der Inanspruchnahme präventiver Leistungen in Deutschland, durch Unterschiede im Zugang zu diesen Leistungen erklärt werden können.

Methodik: Die Anzahl der in Anspruch genommen Früherkennungsuntersuchungen (Mammografie, Koloskopie, Hautkrebs-Screening, Prostata-Screening und Pap-Test) wurde auf Basis von Abrechnungsdaten der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) für die Jahre 2008-2011 berechnet. Zur Berechnung der Inanspruchnahmeraten auf Kreisebene werden die in Anspruch genommenen Leistungen auf die Anzahl der GKV-Versicherten in dem jeweiligen Kreis bezogen. Die Raten wurden alters- und geschlechtsstandardisiert. Der Einfluss der Vertragsarztdichte auf die Inanspruchnahme wurde anhand räumlicher Regressionsmodelle (Spatial-Lag-Modelle) geschätzt. Diese Modelle berücksichtigen räumliche Korrelationsstrukturen zwischen den Kreisen. Räumliche Interdependenzen entstehen zum Beispiel durch Spillover-Effekte, wenn die Inanspruchnahmerate in einem Kreis, die Rate in den benachbarten Kreisen beeinflusst. Außerdem wurde für eine Reihe an Kovariaten kontrolliert, die die Inanspruchnahme präventiver Leistungen beeinflussen. Diese wurden in Anlehnung an das Verhaltensmodell nach R.M. Andersen definiert und umfassen sowohl sozioökonomische Variablen als auch Faktoren, die im Zusammenhang mit Gesundheitseinstellungen stehen.

Ergebnisse: Die Inanspruchnahme der untersuchten Präventionsleistungen variiert deutlich zwischen den 402 deutschen Kreisen und kreisfreien Städten. Für Koloskopien zeigen sich bspw. höhere Inanspruchnahmeraten im Norden Deutschlands im Vergleich zu süddeutschen Kreisen. Die zytologische Untersuchung (Pap-Test) wird häufiger in Ostdeutschland durchgeführt. Die Raten variieren zwischen 5% und 29% (Mammografie), 24% und 56% (Pap-Test), 11% und 32% (Prostata-Screening), 5% und 18% (Hautkrebs-Screening) und 0,5% und 3,2% (Kolonoskopie). Nach Kontrolle der Kovariate, ist die Inanspruchnahme von Brustkrebs-, Hautkrebs- und Darmkrebs-Screening positiv mit der Ärztedichte assoziiert. Die Inanspruchnahmerate von Pap-Test und Prostata-Screening ist nicht signifikant mit der Ärztedichte assoziiert. Der Koeffizient für den Spatial-Lag in den abhängigen Variablen ist positiv und signifikant in allen Modellen. Demnach ist eine Erhöhung der Teilnahmerate in den umliegenden Kreisen mit einer Erhöhung der Teilnahmerate in dem betrachteten Kreis assoziiert.

Diskussion/Schlussfolgerung: Die Ergebnisse demonstrieren die Bedeutung des Zugangs zu ärztlicher Versorgung für die Inanspruchnahme von Krebsfrüherkennungsuntersuchungen. Mögliche Mechanismen für den gefundenen Zusammenhang könnten höhere Wartezeiten und Anreisekosten in Regionen mit niedriger Arztdichte sein. Darüber hinaus weist der positive Spatial-Lag auf Wissens-Spillover zwischen benachbarten Regionen hin. Diese sind auf informelle Kommunikation, bspw. über Vor- und Nachteile des Screenings, zwischen den Bewohnern benachbarter Kreise zurückzuführen. Politische Maßnahmen zur Erhöhung der Teilnahmeraten sollten zum Einen die Aufklärung über die Vor- und Nachteile präventiver Maßnahmen anhand von Informationskampagnen ausbauen und zum Anderen den Zugang zu den Anbietern präventiver Leistungen sicherstellen.