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12. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

23. - 25. Oktober 2013, Berlin

Patientenorientierte systematische Motivation zur langfristigen Bewegungsförderung während und nach orthopädisch-rheumatologischer Rehabilitation

Meeting Abstract

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  • presenting/speaker André Golla - Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Institut für Rehabilitationsmedizin, Halle, Deutschland

12. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 23.-25.10.2013. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2013. DocT2-16-435

doi: 10.3205/13dkvf026, urn:nbn:de:0183-13dkvf0265

Published: October 25, 2013

© 2013 Golla.
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Hintergrund: Die medizinische Rehabilitation zielt auf die Verbesserung und Stabilisierung des Gesundheitszustandes der Rehabilitanden, wobei insbesondere bewegungstherapeutischen Maßnahmen funktionsverbessernde Wirkung zugeschrieben werden. Im Anschluss an eine Rehabilitationsmaßnahme gelingt es vielen Patienten jedoch nicht, die ärztlichen Empfehlungen und ihre eigenen positiven Absichten bzgl. regelmäßiger körperlicher Aktivität langfristig zu realisieren. Ganzheitliche Konzepte zur Motivationssteigerung und nachhaltigen Förderung körperlicher Bewegungsaktivitäten sind daher ein bedeutsamer Bestandteil von Rehabilitations- und Nachsorgemaßnahmen.

Die Implementierung bewegungsbezogener Motivationsarbeit ins bewegungstherapeutische Gruppensetting sowie die Entwicklung und Evaluation eines Nachsorgekonzeptes unter Nutzung neuer Kommunikationsmedien zur langfristigen Aufrechterhaltung körperlicher Aktivitäten gehören zu den Schwerpunkten einer Studie zur gestuften bewegungsorientierten Rehabilitation und Nachsorge bei Patienten mit entzündlichen und nicht-entzündlichen Erkrankungen des Bewegungssystems (boRN).

Methodik: Innerhalb des prospektiven, kontrollierten, sequentiellen Studiendesigns wurden Rehabilitanden aus zwei Kliniken zu vier Messzeitpunkten befragt (t1=Reha-Beginn, t2=Reha-Ende, t3=6-Monats-Follow-Up, t4=12-Monats-Follow-Up). Die Kontrollgruppe (KG; n=356) absolvierte das indikationsspezifische Standardprogramm der medizinischen Rehabilitation. Die Interventionsgruppe (IG; n=262) durchlief zusätzlich acht Trainingseinheiten mit leistungsgestuftem Zirkeltraining und bewegungsorientierter Motivationsarbeit in geschlossenen Trainingsgruppen. Dabei wurden verschiedene Themen rund um körperliche Aktivität aus den sechs Modulen des therapeutischen Begleithefts „Sport und Bewegung im Alltag“ besprochen. Ein Nachsorgebeauftragter pro Klinik übernahm als kontinuierlicher Ansprechpartner während und nach der Rehabilitation die individuelle bewegungsbezogene Beratung und Unterstützung der Rehabilitanden. So wurde zu t2 eine individuelle Trainingsvereinbarung (TV) zu konkret geplanten Bewegungsaktivitäten geschlossen und in Kopie an den weiterbehandelnden Arzt geschickt. Nach Entlassung erhielt die IG zusätzlich über fünf Monate sechs Nachsorgeimpulse (NSI) in Form kurzer Fragen zu Gesundheitszustand und körperlicher Aktivität mittels selbstgewählter Kommunikationsmedien (SMS/E-Mail/Anruf/Brief) als Erinnerung an ihre Bewegungspläne. Den Abschluss der Nachbetreuungsphase bildete ein telefonisches Interview mit dem Nachsorgebeauftragtem.

Aktuell liegen Daten von 495 Teilnehmern bis zu t3 vor: 59% KG, 41% IG, 49% Frauen, Durchschnittsalter 49 (±8) Jahre, 60% chronischer Rückenschmerz, 28% chronische Polyarthritiden, 12% Spondyloarthritiden.

Ergebnisse: Die Probanden der IG fühlten sich besser auf die Zeit nach der Rehabilitation vorbereitet als Teilnehmer der KG und berichtet einen stärkeren Anstieg ihrer Selbstwirksamkeit von t1 zu t2 gegenüber der KG. Unmittelbar zum Ende der Reha wurde von den Probanden der Bewegungsplaner (75%), die TV (73%) und das therapeutische Begleitheft (69%) als hilfreich für die bevorstehende Planung ihrer sportlichen Aktivitäten bewertet. Sporttherapeuten (72%) wurden als hilfreiche Reha-Akteure bezüglich der Planung von sportlicher Aktivität erlebt, Klinikärzte (32%), andere Patienten (23%) und weitere Personen (14%; v.a. Partner, Freunde) als wenig unterstützend.

Bezüglich der NSI entschied sich die Hälfte der IG-Teilnehmer für die neueren Medien (18% SMS, 32% E-Mail); klassische Medien wurden von 40% (Brief) bzw. 10% (Anruf) der Probanden gewählt. Der Inhalt der NSI wurde insgesamt mit „gut“ bewertet, 18% der Befragten gaben positive Auswirkungen auf das eigene Bewegungsverhalten an. Die meisten Patienten fanden die NSI hilfreich (70%), deren Anzahl „genau richtig“ (88%) und das Antworten unproblematisch (93%).

Insgesamt konnte mit 183 Probanden der IG nach maximal drei Kontaktversuchen ein telefonisches Interview geführt werden. Die meisten Patienten (88%) erinnerten sich mindestens teilweise an den Inhalt der TV, 63% fanden sie (noch) hilfreich. Den Bewegungsplaner bzw. das therapeutische Begleitheft nutzten 30% v.a. in der ersten Zeit nach der Reha als Motivationshilfe weiter. Zu t3 zeigen sich in Bewegungsmotivation und -aktivität keine Gruppenunterschiede.

Diskussion: Erste Studienergebnisse belegen die gute Akzeptanz der Motivationsinstrumente zur Förderung regelmäßiger körperlicher Aktivität nach Reha-Ende. Die IG-Teilnehmer berichten einen leichten Vorsprung ihrer Bewegungsmotivation gegenüber der KG zu t2. Nach Entlassung wurden die schriftlichen Interventionsmaterialien von den Probanden teilweise weiterverwendet und dienten insbesondere kurz nach der Entlassung als wichtige Umsetzungshilfe im Alltag. Das Nachsorgekonzept inkl. der regelmäßigen Nachsorgeimpulse wurde von den Patienten gut angenommen und als hilfreich bei der Umsetzung der geplanten Bewegungsaktivitäten bewertet.