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10. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung, 18. GAA-Jahrestagung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.
Gesellschaft für Arzneimittelanwendungsforschung und Arzneimittelepidemiologie e. V.

20.-22.10.2011, Köln

Typisierung der ambulanten physio- und ergotherapeutischen Versorgung im ersten Jahr nach akutem Schlaganfall – auf Grundlage von Routinedaten einer bundesweiten Krankenkasse

Meeting Abstract

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  • corresponding author presenting/speaker Dirk Peschke - Graduiertenkolleg "Multimorbidität im Alter" am CharitéCentrum 1 für Human- und Gesundheitswissenschaften, Berlin, Deutschland
  • author Martin Kohler - Institut für Medizinische Soziologie am CharitéCentrum 1 für Human- und Gesundheitswissenschaften, Berlin, Deutschland

10. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. 18. GAA-Jahrestagung. Köln, 20.-22.10.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11dkvf218

doi: 10.3205/11dkvf218, urn:nbn:de:0183-11dkvf2180

Published: October 12, 2011

© 2011 Peschke et al.
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Hintergrund: Schlaganfälle sind in Europa der Hauptgrund für erworbene lebenslange Behinderungen [1]. Ambulante Physio- oder Ergotherapie verhindert eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes bei 7 von 100 Betroffenen [2]. Die Nachhaltigkeit hängt besonders von einem frühen, konsequenten und umfassenden Therapiebeginn ab [3], [4]. Der Kenntnisstand über verwendete Versorgungstypen (Typen) ist derzeit lückenhaft.

Ziel dieser Arbeit ist die Identifikation verwendeter Typen der ambulanten physio- und ergotherapeutischen Versorgung. Weiterführend wird die Frage untersucht, ob das Vorkommen der V-Typen nach Pflegeart und vorangegangenem stationären Behandlungsverlauf (Akut/Akut mit anschließender Rehabilitation) unterschiedlich ist.

Material und Methoden: Die Stichprobe umfasst alle Mitglieder der deutschen BKK, die 2007 wegen eines Schlaganfalls (ICD: I60-I64, G45) akutstationär behandelt wurden und den initialen Krankenhausaufenthalt überlebten (n=4363). Die Abrechnungseinheiten der stationären Akut- und Rehabilitationsaufenthalte wurden zu kontinuierlichen, personenbezogenen Behandlungen zusammengefasst und so das reale Entlassungsdatum ermittelt.

Zur Bildung der Versorgungstypen wurden die monatlichen Aufwendungen (€) für Physiotherapie (PT), Physiotherapie auf neurophysiologischer Grundlage (PT-N) und Ergotherapie (ET) herangezogen und später anhand der Vergütungshöhe in Therapieeinheiten pro Woche (TE/W) umgerechnet. Die Typen werden zusätzlich mit der Zeitnähe der ersten Behandlung zur stationären Entlassung und der Therapiekombinatorik beschrieben.

Ergebnisse: Die ambulant-therapeutische Versorgung unterscheidet sich nach vier Haupttypen. „Gering“ ist durch sehr geringe Aufwendungen gekennzeichnet (1. Quartal poststationär: PT=0,4TE/W; PT-N=0,2TE/W; ET=0,2TE/W) und einen sehr späten Therapiebeginn (Ø 80 Tage). „Ergo+“ zeichnet sich durch einen hohen Umfang an ET, PT-N und PT aus (1.Q: ET=2,5TE/W; PT-N=1TE/W; PT=0,8 TE/W). Der Anteil an Personen die neben der ET noch eine der anderen Therapien erhalten liegt bei 83%. Die erste Behandlung erfolgt durchschnittlich 15 Tage nach stationärer Entlassung. „Physio-Neuro“ ist durch einen hohen Umfang an PT-N charakterisiert (1.Q: PT-N=1,9TE/W). Der Anteil an Personen die neben PT-N noch eine andere Therapie erhalten liegt bei 30%. Die erste Behandlung erfolgt durchschnittlich nach 24 Tagen. „Physio“ ist durch einen hohen Umfang an PT gekennzeichnet (1.Q: PT=2,1TE/W) und einen Anteil von 84% der nur diese Therapie nutzt. 69% der Therapienutzer werden nach dem Typ "Gering" versorgt, 9% nach "Physio-Neuro", 10% nach "Ergo+" und 12% nach "Physio". Nach den Typen "Physio-Neuro", "Ergo+" oder "Physio" werden 44% der Therapienutzer die aus einer stationären Rehabilitation entlassen werden versorgt (Abbildung 1 [Abb. 1]) und 60% von den Therapienutzern die mit pflegerischer Kombileistungen versorgt werden (Abbildung 2 [Abb. 2]).

Schlussfolgerung: Der Anteil Schlaganfallüberlebender die zeitnah nach der stationären Entlassung und in adäquatem Umfang therapiert werden (Physio-Neuro, Ergo+ oder Physio) kann insgesamt auf 12,46% geschätzt werden. Pflegerische Unterstützung scheint sich positiv auf eine zeitnahe und umfangreiche therapeutische Versorgung auszuwirken. Das Übergangsmanagement nach der stationären Rehabilitation scheint suffizienter als nach der Akutversorgung zu sein.


Literatur

1.
Truelsen T, Piechowski-Jozwiak B, Bonita R, et al. Stroke incidence and prevalence in Europe: a review of available data. Eur J Neurol. 2006;13:581-598.
2.
Legg L, Langhorne P. Rehabilitation therapy services for stroke patients living at home: systematic review of randomised trials. Lancet. 2004;363:352-356.
3.
Thorsen AM, Holmqvist LW, de Pedro-Cuesta J, von Koch L. A randomized controlled trial of early supported discharge and continued rehabilitation at home after stroke: five-year follow-up of patient outcome. Stroke. 2005;36:297-303.
4.
DEGAM. DEGAM Leitlinie Nr. 8: Schlaganfall. 2006.