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10. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung, 18. GAA-Jahrestagung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.
Gesellschaft für Arzneimittelanwendungsforschung und Arzneimittelepidemiologie e. V.

20.-22.10.2011, Köln

Telefondolmetscher in der Kinderklinik – wie hoch ist der Bedarf und wie zufrieden sind Eltern und Kinderärzte mit ihrer Nutzung?

Meeting Abstract

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  • corresponding author Thorsten Langer - Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Helios Klinikum Wuppertal, Wuppertal, Deutschland; Institut für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Universität Witten/Herdecke, Witten, Deutschland

10. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. 18. GAA-Jahrestagung. Köln, 20.-22.10.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11dkvf211

doi: 10.3205/11dkvf211, urn:nbn:de:0183-11dkvf2111

Published: October 12, 2011

© 2011 Langer.
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Hintergrund: Ungefähr 21% der Menschen in Deutschland haben einen Migrationshintergrund. Verständigungsprobleme aufgrund von Sprachbarrieren treten in der pädiatrischen Praxis häufig auf. Bisher wurde allerdings kaum untersucht, wie hoch der Anteil an Familien in der stationären Versorgung ist, der Bedarf an einer Unterstützung durch familieninterne oder -externe Dolmetscherdienste hat. Weiterhin liegen bisher nur unzureichende Kenntnisse über die Zufriedenheit von Eltern und Ärzten mit der Nutzung von Telefondolmetschern vor.

Material und Methoden: Im Rahmen eines Pilotprojektes am Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin des Helios Klinikums Wuppertal wurden von Dezember 2010 bis März 2011 alle Eltern (mit und ohne Migrationshintergrund), deren Kinder stationär im aufgenommen wurden, befragt, ob sie kostenfreie Unterstützung durch einen Dolmetscherdienst wünschen. Bei Zustimmung fand während des Aufenthalts mindestens ein Arztgespräch statt, das von einem zugeschalteten Telefondolmetscher übersetzt wurde. Im Anschluss wurde mittels Fragebogen jeweils die Zufriedenheit der Eltern und Ärzte mit dem Angebot erhoben (Likert-Skala: 1=unzufrieden, 6= sehr zufrieden). In Freitextfeldern wurde die Möglichkeit zu weiteren Rückmeldungen gegeben.

Der Dolmetscherdienst wurde in den Sprachen Türkisch, Kurdisch, Arabisch, Russisch und Französisch angeboten. Die Kosten hierfür übernahm das Klinikum.

Ergebnisse: An der Befragung nahmen 479 Eltern teil (Rücklauf 32,5%, je Kind wurde ein Fragebogen ausgehändigt, der von Mutter, Vater oder beiden Elternteilen ausgefüllt werden konnte). 8,7% der teilnehmenden Eltern signalisierten Interesse an einem Dolmetscher. 4,7% der Befragten gaben an, kein Interesse an einem Dolmetscher zu haben, da Verwandte oder Freunde bei der Übersetzung helfen würden.79% verneinten einen Dolmetscherbedarf, da sie gut deutsch sprächen. 7,9% verneinten Interesse an einem Dolmetscher ohne Angabe von Gründen.

Insgesamt wurden 23 Gespräche mit Telefondolmetscher geführt. Von Eltern und Ärzten wurden insgesamt 38 Fragebögen zur Zufriedenheit mit dem Einsatz von Telefondolmetschern vollständig ausgefüllt. Alle Befragten waren mit der Qualität des Gesprächs sehr zufrieden (MW 5,6; SD 0,4). Der organisatorische Ablauf wurde ebenfalls positiv bewertet (MW 5,2; SD 1,3). In den Freitextantworten wurde von ärztlicher Seite die sofortige Verfügbarkeit der Telefondolmetscher positiv hervorgehoben. Aus Sicht der Eltern wurde ein besseres Verständnis für die Krankheit und Therapie des Kindes betont.

Schlussfolgerungen: Aus der Perspektive von Eltern mit geringen Deutschkenntnissen, deren Kind in einer Kinderklinik stationär behandelt wird, besteht ein beträchtlicher Bedarf an Dolmetscherdiensten. Telefondolmetscher, wie sie in anderen Ländern häufig genutzt werden, stellen eine flexible Möglichkeit dar, Sprachbarrieren im Patientengespräch zu überwinden, und finden eine hohe Nutzerzufriedenheit.

Inwieweit der vermehrte Einsatz von Dolmetschern die Patientensicherheit und die Therapieadhärenz bei Menschen mit unzureichenden Deutschkenntnissen erhöht, sollte in weiteren Studien untersucht werden.