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10. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung, 18. GAA-Jahrestagung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.
Gesellschaft für Arzneimittelanwendungsforschung und Arzneimittelepidemiologie e. V.

20.-22.10.2011, Köln

Kann eine betriebsärztliche Beratung bei Beschäftigten mit arterieller Hypertonie zum Besuch des Hausarztes motivieren? – Ergebnisse einer Pilotstudie

Meeting Abstract

  • corresponding author presenting/speaker Martina Michaelis - Institut für Arbeits- und Sozialmedizin, Universitätsklinikum & FFAS – Freiburger Forschungsstelle Arbeits- und Sozialmedizin, Freiburger Forschungsstelle Arbeits- und Sozialmedizin (FFAS), Tübingen; Freiburg, Deutschland
  • Sarah Hudak - Institut für Arbeits- und Sozialmedizin, Universitätsklinikum & FFAS – Freiburger Forschungsstelle Arbeits- und Sozialmedizin, Tübingen, Deutschland
  • Carmen Farian - Institut für Arbeits- und Sozialmedizin, Universitätsklinikum & FFAS – Freiburger Forschungsstelle Arbeits- und Sozialmedizin, Tübingen, Deutschland
  • Barbara Schüle - Daimler AG, Werksärztlicher Dienst, Stuttgart- Untertürkheim, Deutschland
  • Martin K. Riedel - Daimler AG, Werksärztlicher Dienst, Stuttgart- Untertürkheim, Deutschland
  • Monika A. Rieger - Institut für Arbeits- und Sozialmedizin, Universitätsklinikum & FFAS – Freiburger Forschungsstelle Arbeits- und Sozialmedizin, Tübingen, Deutschland

10. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. 18. GAA-Jahrestagung. Köln, 20.-22.10.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11dkvf136

doi: 10.3205/11dkvf136, urn:nbn:de:0183-11dkvf1368

Published: October 12, 2011

© 2011 Michaelis et al.
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Outline

Text

Hintergrund: Bis zu einem Drittel erwerbstätiger Kollektive weist in arbeitsmedizinischen Screenings erhöhte Blutdruckwerte auf [1], [2], [3], [4]. Nicht nur die über lange Zeit unentdeckte, auch die häufig medikamentös unzureichend eingestellte arterielle Hypertonie ist ein versorgungsrelevantes Problem. Eine individuelle betriebsärztliche Beratung von Beschäftigten mit erhöhten Werten bietet die Möglichkeit, die Schnittstelle zwischen Betriebsmedizin und weiterer haus-/ fachärztlicher Versorgung zu besetzen und ansonsten gesunde Personen zu erreichen und zu sensibilisieren. Im Vorfeld einer geplanten entsprechenden Interventionsstudie wurde eine Pilotstudie durchgeführt. Im Fokus standen zum Einen Beschäftigten mit erstmals dokumentierter leichter Hypertonie (Blutdruck (BD) 140/90-160/100 mmHg) (Studienarm 1), zum Anderen die hier im Fokus stehenden Beschäftigten mit stärker erhöhten BD-Werten (≥ 160/100 mmHg) bzw. mit leicht erhöhten BD-Werten trotz medikamentöser Therapie (Studienarm 2).

Material und Methoden: Bei allen Beschäftigten, die den Werksärztlichen Dienst Untertürkheim der Daimler AG zwischen 1. Oktober 2010 und 30. April 2011 aufsuchten, wurde routinemäßig eine BD-Messung durchgeführt. Das Ergebnis wurde durch Wiederholungsmessungen überprüft. Beschäftigte mit bestätigten BD-Werten wurden zu einer betriebsärztlichen Beratung eingeladen. In dieser wurden Risikofaktoren für erhöhten BD, mögliche Folgeerkrankungen und ggf. Therapieoptionen besprochen. Personen im Studienarm 2 wurden insbesondere auf die Notwendigkeit einer Abklärung und ggf. Therapie-Einleitung bzw. -modifikation beim Haus- oder Facharzt hingewiesen. Die von ihnen ergriffenen Maßnahmen wurden im Rahmen eines teilstandardisierten Telefoninterviews 4-6 Wochen nach der betriebsärztlichen Beratung erfasst (Erhebung noch nicht abgeschlossen, Stand Juni 2011). Primäres Outcome war die erfolgte Arztkonsultation, weitere Outcomes waren u.a. ärztliche Beratungsinhalte und Effekte auf Lebensstilfaktoren (nachfolgend deskriptiv berichtet).

Ergebnisse: 20 von 24 zwischenzeitlich interviewten Personen des Studienarms 2 ohne regelmäßige ärztliche Betreuung erhielten in der betriebsärztlichen Beratung die ausdrückliche Empfehlung zu einer Haus-/ Facharztkonsultation. 16/20 Befragten hatten anschließend den Impuls zu einer Terminvereinbarung, 9 bemühten sich unmittelbar anschließend darum. Zum Interviewzeitpunkt hatten 13 den Arzt bereits aufgesucht, davon 12 ihren Hausarzt (i.d.R. Allgemeinmediziner). Bei nahezu allen Arztbesuchen wurde der Blutdruck gemessen (12/13), und es erfolgte einer Beratung zu Blutdruckmedikamenten (10/13) und – seltener – zu Lebensstiländerungen (7/13). Die Zufriedenheit mit dem Arzt war recht hoch (Schulnote 2,1±1,0). 13 von 24 Interviewten hatten ihre Lebensweise zwischenzeitlich verändert (v.a. Ernährungsumstellung, Sport). 5 Befragte verbalisierten dabei als Auslöser die betriebsärztliche Beratung. 6 Personen hatten die (neue) medikamentöse Therapie bereits begonnen. Ihren aktuellen BD-Wert kannten 8 Personen nicht, bei 12 Befragten lag er nach eigenen Angaben unter 140/90 mmHg.

Schlussfolgerung: Die Ergebnisse der Pilotstudie weisen darauf hin, dass eine ausdrücklich zu erhöhten BD-Werten geführte betriebsärztliche Beratung Beschäftigte dazu motivieren kann, zur (weiteren) Diagnostik und Therapie den Haus- oder Facharzt aufzusuchen. Dieses mögliche Potential der betriebsärztlichen Betreuung für die Gesundheitsversorgung sollte weiter erforscht werden.


Literatur

1.
Schneider M, Ernsting A, Antoni CH. Programm zur Gesundheitsprävention FIT IM LEBEN – FIT IM JOB. Eine effektive Maßnahme zum Aufbau eines gesundheitsförderlichen Verhaltensstils. ASU. 2009;10:540-547.
2.
Bünger J, Lanzerath I, Ruhnau P, Görlitz A, Fischer C, Kott J, Ellrott T, Fiege A, Tschentscher H, Reutemann S-K, Meier W,. Schwaldat M, Niklas A, Pudel V, Hilgers R, Hallier E. Betriebliche Gesundheitsförderung: Evaluation von Interventionen zur Senkung kardiovaskulärer Risiken. Arbeitsmed. Sozialmed. Umweltmed. 2003;38:421–425.
3.
Hartmann B, Seidel D, Hahn T, Bräuer Pieth J. Ergebnisse betriebsärztlicher Beratung bei der arbeitsmedizinischen Vorsorge. Arbeitsmed. Sozialmed. Umweltmed. 2007;42(4): 236-242.
4.
Michaelis M, Farian C, Schüle B, Riedel MK, Rieger MA. Hypertonie-Screening im betriebsärztlichen Setting – Ergebnisse einer Machbarkeitsstudie. (Abstract P57). Arbeitsmed Sozialmed Umweltmed. 2001;46(03):57.