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10. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung, 18. GAA-Jahrestagung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.
Gesellschaft für Arzneimittelanwendungsforschung und Arzneimittelepidemiologie e. V.

20.-22.10.2011, Köln

Geschlechtsspezifische Unterschiede in der medikamentösen Behandlung der KHK

Meeting Abstract

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  • corresponding author presenting/speaker Susann Conrad - Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin, Berlin, Deutschland
  • author Dana Rütters - Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin, Berlin, Deutschland
  • author Susanne Weinbrenner - Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin, Berlin, Deutschland

10. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. 18. GAA-Jahrestagung. Köln, 20.-22.10.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11dkvf100

doi: 10.3205/11dkvf100, urn:nbn:de:0183-11dkvf1003

Published: October 12, 2011

© 2011 Conrad et al.
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Hintergrund: Das biologische Geschlecht sowie die soziokulturelle Definition der Geschlechterrolle beeinflussen die Gesundheit und bewirken Unterschiede in Bezug auf die Häufigkeit und den Verlauf von Erkrankungen sowie den Zugang zum Gesundheitssystem und die Interaktion mit Leistungserbringern [1], [2], [3]. Soweit wissenschaftliche Erkenntnisse bezüglich relevanter Differenzen im Hinblick auf diese Aspekte bestehen, sollen sie bei der Entwicklung Nationaler VersorgungsLeitlinien (NVL) berücksichtigt werden. Im Aktualisierungsprozess der NVL Chronische Koronare Herzkrankheit (KHK) wird diese Aufgabenstellung zum ersten Mal konsequent beachtet.

Material und Methoden: Seit Oktober 2009 befindet sich die erste Auflage der NVL Chronische KHK in Überarbeitung. Die Schwerpunkte der Aktualisierung wurden durch ein Wartungsverfahren der Literatur, das Vorliegen aktualisierter Auflagen der Quell-Leitlinien und eine Befragung des Expertenkreises festgestellt und liegen zunächst auf den Kapiteln Pharmako- und Revaskularisationstherapie. Die entsprechenden Kapitel werden als Einzelmodule veröffentlicht. Unter der Fragestellung „Welchen Einfluss hat das Geschlecht auf die verschiedenen Versorgungsbereiche bei Menschen mit KHK?“ wurde eine sensitive Recherche in Medline, der Cochrane Library, Google (Scholar) und weiteren relevanten Suchquellen durchgeführt. Die Treffer wurden thematisch den entsprechenden Kapiteln der ersten Auflage zugeordnet. In erster Linie werden Quellen aufbereiteter Evidenz (z.B. Metaanalysen) und danach Primärstudien (RCTs) berücksichtigt. Bei der modularen Bearbeitung werden zusätzliche Handsuchen in den Literaturlisten der jeweiligen Treffer durchgeführt. Für die Literaturbewertungen wurde die Evidenzklassifizierung des Scottish Intercollegiate Guidelines Network angewendet.

Ergebnisse: Als erstes wurde das Modul „Medikamentöse Therapie“ bearbeitet und veröffentlicht. Die Effektivität von ASS, Clopidogrel und Statinen in der Sekundärprävention kardiovaskulärer Ereignisse ist zwischen den Geschlechtern vergleichbar. Befürchtungen einer erhöhten nichtkardialen Mortalität bei Frauen unter Lipidsenkern, inbesondere durch Karzinome, haben sich nicht bestätigt. Geschlechterunterschiede in der Pharmakokinetik von CYP2D6-metabolisierten Betarezeptorenblockern führen bei Frauen häufig zu deutlich stärkeren Wirkungen in Bezug auf die Herzfrequenz- und Blutdrucksenkung aber auch schwerwiegenden unerwünschten Arzneimittelwirkungen. In Bezug auf die Sterblichkeit wurden keine Unterschiede gefunden. Die bisherigen ACE-Hemmer- und Kalziumkanalblocker-Studien sind nicht geeignet, die klinische Relevanz der beobachteten pharmakokinetischen Unterschiede definitiv zu beantworten. Der häufigste Nebeneffekt der ACE-Hemmer – Husten – war jedoch in allen Studien bei Frauen häufiger als bei Männern.

Schlussfolgerung: Obwohl wiederholt auf die weniger konsequente Diagnose und Therapie der koronaren Herzkrankheit bei Frauen hingewiesen wird [4] ist die Ableitung von Empfehlungen zur KHK speziell bei Frauen nach wie vor durch einen Mangel an Studien und deren häufig unzureichende methodische Qualität erschwert. In RCTs zur Untersuchung der Effektivität verschiedener Therapieoptionen sind Frauen immer noch unterrepräsentiert [5]. Die Anwendung sensitiver Recherchestrategien und die Konsultation von Fachleuten aus der genderspezifischen Forschung ist notwendig, da die Studien zum Einen selten zu diesen speziellen Fragestellungen angelegt sind und die Definitionen für „Gender“ je nach Kulturraum unterschiedlich sind.


Literatur

1.
Krieger N. Genders, sexes, and health: what are the connections--and why does it matter? Int J Epidemiol. 2003;32(4):652-7.
2.
Baumhäkel M, Müller U, Böhm M. Influence of gender of physicians and patients on guidelinerecommended treatment of chronic heart failure in a cross-sectional study. Eur J Heart Fail. 2009;11(3):299-303.
3.
Jahn I, Foraita R. Geschlechtergerechte epidemiologische Datenanalyse: Methodische Aspekte und empirische Befunde. Bundesgesundheitsblatt Gesundheitsforschung Gesundheitsschutz. 2008;51(1):13-27.
4.
Frauen bei der KHK weiterhin benachteiligt. Nachrichten Medizin 08.03.2011. Deutsches Ärzteblatt.
5.
Bartlett C, Doyal L, Ebrahim S, Davey P, Bachmann M, Egger M, Dieppe P. The causes and effects of socio-demographic exclusions from clinical trials. Health Technol Assess. 2005;9(38):iii-x, 1.