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10. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung, 18. GAA-Jahrestagung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.
Gesellschaft für Arzneimittelanwendungsforschung und Arzneimittelepidemiologie e. V.

20.-22.10.2011, Köln

Avastin, Glivec & Co: Zytostatika in der ambulant-ärztlichen Versorgung

Meeting Abstract

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10. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. 18. GAA-Jahrestagung. Köln, 20.-22.10.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11dkvf026

doi: 10.3205/11dkvf026, urn:nbn:de:0183-11dkvf0267

Published: October 12, 2011

© 2011 Hoffmann et al.
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Hintergrund: Zytostatika werden vor allem zur Behandlung von Krebs im Rahmen einer Chemotherapie eingesetzt und haben insbesondere aufgrund hoher Kosten in den letzten Jahren zunehmende Versorgungsrelevanz erlangt. Im Zuge der 15. Novelle des Arzneimittelgesetzes (AMG) sind seit Januar 2010 bei der Abrechnung parenteraler Zytostatika-Rezepturen im ambulanten Bereich auch die eingearbeiteten Fertigarzneimittel elektronisch zu übermitteln (vor 2010 lagen diese Informationen in der Regel nicht vor). Ziel dieses Beitrages ist es, die Versorgung mit Zytostatika auf Basis von Daten der größten deutschen Krankenkasse zu untersuchen [1].

Material und Methoden: Wir nutzten Daten der BARMER GEK von 9,1 Mio. Personen, die im Jahr 2010 mindestens einen Tag versichert waren. Wir selektierten alle Verordnungen mit dem ATC-Code L01 (Antineoplastische Mittel) und untersuchten sowohl orale (Dragees, Filmtabletten, Kapseln, Tabletten) wie auch parenterale Darreichungsformen (Ampullen, Fertigspritzen, Infusionsflaschen, Injektionsflaschen, Trockenampullen).

Ergebnisse: Lediglich 0,1% aller insgesamt im Jahr 2010 verordneten Packungen waren orale Zytostatika. Allerdings entfallen auf diese Präparate bereits Kosten von fast 113 Mio. Euro, was 2,9% der Arzneimittelausgaben ausmachen. Eine Tagesdosis kostet durchschnittlich 63,33 Euro. Etwa die Hälfte der verordneten Packungen entfällt auf die drei Wirkstoffe Hydroxycarbamid (Litalir u.a.), Capecitabin (Xeloda) und Temozolomid (Temodal u.a.). Die Proteinkinase-Inhibitoren (Tyrosinkinaseinhibitoren, TKIs) machen etwa ein Viertel der Verordnungen aus, auf sie entfallen aber bereits etwa drei Viertel der Ausgaben (74,4%). Die 36,6 Mio. Euro Umsatz von Glivec (Wirkstoff: Imatinib; Tagestherapiekosten: 141,89 Euro) verteilen sich insgesamt nur auf 1.126 Patienten. Auch für parenterale Zytostatika zeigt sich eine erhebliche Konzentration: Allein 3 Wirkstoffe (Fluorouracil, Mistelkraut, Trastuzumab) machen über ein Drittel und 7 bereits über 50% der Verordnungen aus. Der anteilig höchste Umsatz entfällt auf die monoklonalen Antikörper Trastuzumab (Herceptin) und Bevacizumab (Avastin). Verordnungen mit Trastuzumab bzw. Bevacizumab kosten durchschnittlich 1.865 Euro bzw. 1.962 Euro. Insgesamt verursachen die monoklonalen Antikörper 48,1% des Umsatzes für parenterale Zytostatika, aber lediglich 18% der Verordnungen.

Schlussfolgerung: Zytostatika, und dabei vor allem die neueren Mittel, sind insgesamt mit sehr hohen Kosten verbunden und zeigen über die letzten Jahre steigende Verordnungszahlen. Besonders die Tyrosinkinase-Inhibitoren weisen bei vergleichsweise wenigen versorgten Patienten extrem hohe Jahrestherapiekosten auf. Bei den parenteralen Zubereitungen schaffen die seit 2010 bestehenden neuen Abrechnungsmodalitäten weitere Möglichkeiten für die Versorgungsforschung mit Kassendaten.


Literatur

1.
Hoffmann F. Versorgung mit Krebstherapeutika im Jahr 2010. In: Glaeske G, Schicktanz C, Hrsg. BARMER GEK Arzneimittelreport 2011. St. Augustin: Asgard; 2011. p. 128-142.